
Außerdem geht es um Antisemitismus-Vorwürfe gegen die Klimaschutzorganisation Fridays for Future und um die Ehrung von Alt-Kanzler Gerhard Schröder für 60 Jahre Zugehörigkeit zur SPD. Nach Ansicht der TAZ hat Bundeskanzler Scholz beim EU-Gipfel erfolgreich verhindert, dass in der Abschlusserklärung ein Waffenstillstand im Nahen Osten gefordert wird: "Der Erfolg hinterlässt allerdings einen bitteren Beigeschmack. Israel kann seine militärische Offensive gegen die terroristische Hamas also weiterführen und muss nur gelegentlich Hilfe nach Gaza durchlassen. Die humanitäre Katastrophe geht weiter, warnt die Uno. War es das wert? Nein, mit dem Gipfelergebnis ist nichts gewonnen. Israel hat den Beschluss mit eisigem Schweigen quittiert; er verpufft ohne praktische Wirkung. Deutschland hat die Mehrheit der EU-Staaten gegen sich aufgebracht. Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock mussten auf die harte Tour lernen, dass die Sicherheit Israels zwar deutsche Staatsräson ist, aber keine europäische", betont die TAZ.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz ist enttäuscht von den Ergebnissen des Treffens in Brüssel: "Die Lenker Europas hätten in ihrer Gipfelerklärung ihre Besorgnis über den wachsenden Antisemitismus in Europa durch radikalisierte Palästinenser ausdrücken können. Sie hätten ankündigen können, mit Israel verstärkt in der Terrorbekämpfung zusammenzuarbeiten und sich um die Geldflüsse von Vorfeldorganisationen der palästinensischen Terroristen aus Europa zu kümmern. Sie taten nichts davon. Stattdessen erreichten sie nach stundenlangem Wortgeklingel eine Abkehr von der Forderung nach sofortiger 'Waffenruhe', wie es die Palästinenser-Freunde wollten, hin zum Verlangen nach 'humanitären Pausen', wie es die Israel-Freunde als Kompromiss mittrugen. Sie koppelten das mit dem Eintreten für eine baldige Friedenskonferenz. Aber kann es einen Frieden zwischen Terroristen und den von Ihnen Angegriffenen geben?", fragt die RHEIN-ZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG bemerkt: "Fakt ist: Wenn die Hamas die Möglichkeit hätte, würde sie jeden einzelnen Israeli umbringen. Folge ist: Israel muss die Terrororganisation ein für alle Mal ausschalten. Vor diesem Hintergrund gehen die mühsam ausgehandelten Appelle der EU, es möge humanitäre Feuerpausen oder gar eine baldige Friedenskonferenz geben, ins Leere. Die Europäer spielen diplomatisch im Nahen Osten derzeit keine Rolle."
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus meint: "Niemand hindert die EU daran, ihre vielen klugen Köpfe an die wirkliche Herausforderung zu setzen: Ideen dafür zu entwickeln, wie es langfristig weitergehen soll zwischen Israel und den Palästinensern. Was sich Europa aber sparen sollte, ist der stets vorgetragene aber nie untermauerte Anspruch auf einen Platz ganz vorne auf der Weltbühne."
"Und doch gibt es gute Gründe für ein verstärktes diplomatisches Auftreten der Europäer", findet der Berliner TAGESSPIEGEL. "Denn die USA, die entscheidende Ordnungsmacht in der Region, sind letztlich mit ihrer Nahost-Politik gescheitert. Washington setzte sich zuletzt für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten ein. Jetzt ist der Nahost-Konflikt wieder in seinem Kern entflammt: dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Es wäre wünschenswert, dass die Europäer – gerade wegen ihrer unterschiedlichen Positionen – gemeinsam in der Region zum ernsthaften Vermittler werden. Wenn damit am Ende die Sicherheit Israels gewährleistet würde, wäre allen gedient", unterstreicht DER TAGESSPIEGEL.
Mit der Klimaschutzbewegung Fridays for Future befasst sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "Fridays for Future hat sich diese Woche mit einem Instagram-Post hervorgetan. Es ging darum, wie angeblich 'die westlichen Medien' eine 'Gehirnwäsche' betreiben, um Unterstützung für Israel zu organisieren. Dinge stehen darin, die erschüttern. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat deshalb gefordert, die deutschen Aktivisten von Fridays for Future sollten sich lossagen von der internationalen Struktur der Bewegung. Sie sollten sich umbenennen. Die Empörung ist berechtigt, die Forderung ist nachvollziehbar. Dass solche Postings nicht verhindert werden, beschädigt die Arbeit Zehntausender junger Menschen, die sich kräftezehrend für den Erhalt der ökologischen Lebensgrundlagen einbringen", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
Der MÜNCHNER MERKUR schreibt: "Als liebenswerte Kämpfer für das Klima verkaufen sich die Macher von Fridays for Future gern, allen voran die zur Ikone einer besseren Welt erhobene Greta Thunberg. In Wahrheit ist FFF zu einem Sammelbecken mutiert, in dem linksradikale und hart antisemitische Gruppen dominieren. Es ehrt die deutsche Sektion von Fridays for Future, dass sie damit nichts zu tun haben will. Doch muss Luisa Neubauer jetzt auch durch Taten klarmachen, ob ihr Platz an der Seite der Demokratie sein soll oder von antisemitischen Weltverschwörern und ihrem Hass auf den Westen", verlangt der MÜNCHNER MERKUR.
"Greta Thunberg hat sich große Verdienste für die Klimabewegung erworben", erklärt die NEUE PRESSE aus Coburg. "Die Bewegung zog ihre Kraft auch aus der persönlichen Glaubwürdigkeit Thunbergs. Ein Mädchen, dass aus Sorge um den Planeten handelt und sich mit den Mächtigen der Welt anlegt. Diese Glaubwürdigkeit setzt Thunberg nun aufs Spiel. Das Klima muss gerettet werden. Womöglich ohne sie."
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE kommentiert: "Kaum etwas passiert zufällig in der PR-Maschinerie Greta Thunberg. Gerade deshalb ist das Zeichen, das sie nun in die Welt sendet, so erschütternd. Weil es nicht um einen missglückten Post in einem sozialen Netzwerk oder einen missverständlichen Halbsatz in einem Podcast ging, sondern offenkundig um ein gezieltes Statement."
Die Ehrung von Alt-Kanzler Gerhard Schröder für 60 Jahre SPD-Mitgliedschaft ist Thema in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Vor der Zeitenwende wäre vielleicht auch der gute alte Freund aus Moskau vorbeigekommen. Doch zu der Ehrung für Schröder in Hannover konnte der russische Präsident schon deswegen nicht anreisen, weil er eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs halber auch in Deutschland festgenommen werden müsste. Für Schröder gilt mit Blick auf Putin freilich weiter, das machte er auch am Freitag deutlich: Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Freundschaft nicht. Schröders Nibelungentreue zum Kriegstreiber im Kreml wird ein Schandfleck in der Geschichte der SPD bleiben. Der guten Laune des Jubilars tut das keinen Abbruch. Er folgt fröhlich der Devise: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert." Das war die F.A.Z.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle führt aus: "Natürlich hat Schröder Verdienste, nicht allein um die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, sondern ebenso um das so genannte Gemeinwesen. Er war niedersächsischer Ministerpräsident und Regierungschef. Und er bewies Mut, etwa als er die umstrittenen Hartz-Gesetze durchfocht oder laut Nein sagte zum Angriff der USA auf den Irak. Der Gegenwind war heftig. Andere wären eingeknickt oder hätten sich weggeduckt. Schröder nicht. Wahr ist aber auch, dass derselbe Mann den eiskalten Massenmörder Wladimir Putin seinen Freund nennt und mit Russland weiterhin geschäftlich in Verbindung steht. Das wiegt schwerer", urteilt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.
Im NORDBAYERISCHEN KURIER aus Bayreuth ist zu lesen: "Gerhard Schröder ist ein 79 Jahre alter Mann, der sich komplett verrannt und selbst ins Abseits gestellt hat. In früheren Jahren hat er aber viel für das Land getan. Er hat als Kanzler Deutschland bei der Ablehnung des Irak-Kriegs eine neue selbstbewusste Rolle verschafft. Die umstrittenen Reformen zur Agenda 2010 waren nicht alle richtig, aber haben das Land insgesamt wieder auf einen wirtschaftlichen Erfolgskurs gebracht. Ihn - wie jedes andere SPD-Mitglied auch - für 60 Jahre in der Partei zu ehren, ist da nicht zu viel."