
Der Berliner TAGESSPIEGEL bemerkt: "Die Einzigartigkeit von Habecks Rede besteht darin, sich den Schwachstellen in Deutschland zu widmen, den Finger in die Wunde des Antisemitismus zu legen. Gewiss, Habeck kann gut reden. Doch seine Rede ist mehr als kluge Rhetorik, Gespür, Timing. Habeck benennt Druckpunkte, die andere tabuisieren, relativieren. Er spricht die Menschen in diesem Land an, dessen innerer Friede durch den Nahost-Krieg brüchig geworden ist, dem Hass und Spaltung drohen. Am mutigsten ist Habeck vielleicht dort, wo er den Antisemitismus bei Teilen der politischen Linken, etwa den jungen Aktivisten, benennt – und sie dazu auffordert, ihre Argumente zu überprüfen. Vielleicht brauchte es eines Grünen-Spitzenpolitikers, um jenen Deutschen, die Israel vom Sofa aus Ratschläge erteilen, ins Gewissen zu reden. Erst recht in einer Phase, in der das 'Ja' leiser und das 'Aber' lauter wird", unterstreicht der TAGESSPIEGEL.
Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz stellt fest: "Der als Politikdarsteller verunglimpfte Grünen-Politiker hat sich bei den großen Konflikten unserer Zeit als Klartexter entpuppt. In neun Minuten und 40 Sekunden rückte er einiges gerade, was durch Deutschlands schändliche Enthaltung in der UNO-Vollversammlung gehörig verrutscht war. Die Forderung, den Kontext des Hamas-Überfalls zu beachten, darf nicht zum Relativismus führen. Genau diesen hat Robert Habeck mit großem rhetorischem Geschick verworfen", meint die ALLGEMEINE ZEITUNG.
Der Vizekanzler habe eine kanzlerreife Kür geliefert, bilanziert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Seine deutlichen Worte, seine differenzierte Einordnung und sein klarer moralischer Kompass der aktuellen deutschen Verantwortung treffen genau den Ton, den das Land jetzt braucht. Er wolle die verworrene Debattenlage in Deutschland zur Lage in Nahost so gut es geht entwirren, beschreibt Habeck die Motivation für sein Video. Und beweist in knapp zehn Minuten einmal mehr, dass gutes Reden das halbe Regieren ist, mindestens", urteilt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm ist sich sicher, Habecks Botschaft lautete: "Hier spricht nicht der grüne Klimaminister. Hier spricht ein Staatsmann, der keine Angst davor hat, unbequeme Tatsachen auszusprechen. Damit knüpft er an die Anfänge der Regierungszeit an, als der Super-Pragmatiker angesichts von Energieknappheit grüne Überzeugungen hinten anstellte, in Umfragen beliebtester Politiker war und Kritiker neidisch auf seinen Kommunikationsstil blickten. Mit dieser einen Videobotschaft hat Habeck seine parteiinterne Kontrahentin, Außenministerin Annalena Baerbock, düpiert und sich im Rennen um die Kanzlerkandidatur nach vorne katapultiert", analysiert die SÜDWEST PRESSE.
Es wäre zu kurz gegriffen, die Videobotschaft als Werbung in eigener Sache zu betrachten, betont die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle: "Habecks Auftritt mag ihm persönlich nutzen, die Lage ist aber zu ernst für Profilierung. Denn er hat auch als Spitzenpolitiker der Grünen gesprochen. Als solcher hat Habeck eine ganz eigene Verantwortung: Seine Partei steht der alternativ-linken, eher palästinenserfreundlichen Szene am ehesten nahe. Wenn Habeck sagt: 'Anti-Kolonialismus darf nicht zu Antisemitismus führen', richtet er sich genau an dieses Milieu. Die Debatte um Israel gefährdet den hierzulande labil gewordenen gesellschaftlichen Frieden. Jeder kluge Beitrag ist da wichtig." So weit die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG und so viel zu diesem Thema.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER äußert sich zu dem von Bundesinnenministerin Faeser verfügten Verbot der militant-islamistischen Hamas in Deutschland: "Das Verbot ist richtig, aber reine Symbolpolitik. Denn die Hamas ist in der Europäischen Union und den USA bereits seit zwanzig Jahren als Terrororganisation eingestuft worden. Nancy Faeser hat also eine Organisation, die im Prinzip bereits illegal war, nochmals verboten. Dass die Hamas israelische Zivilisten ermordet und von einem antisemitischen Weltbild geprägt ist, ist auch nichts Neues. Neu ist nur, dass es den Terroristen gelang, die israelische Armee zu überrumpeln und so viele Zivilisten in einem Angriff umzubringen. Das Hamas-Verbot Faesers ist letztlich nicht viel mehr als eine Geste der Hilflosigkeit. Denn das, was viele Deutsche fordern - Hamas-Unterstützer konsequent abzuschieben - geht aus rechtlichen Gründen nicht", gibt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER zu bedenken.
Der WIESBADENER KURIER hebt hervor, ebenso wichtig sei "das Organisationsverbot für die Gruppe 'Samidoun', die Hamas bei ihren Kundgebungen und auf ihren Social-Media-Präsenzen als 'Widerstandsbewegung' feiert. Die Zerschlagung dieser Vorfeldbewegung ist ein wirksamer Schritt im Kampf gegen Terror-Propaganda und Antisemitismus."
Die TAGESZEITUNG bewertet das Verbot als spätes, aber richtiges Zeichen: "Natürlich darf der Rechtsstaat nicht leichtfertig mit Verboten umgehen. Wenn aber die Hamas hierzulande Spenden für den Terror sammelt, wenn 'Samidoun' das schlimmste Massaker an Juden seit der Shoa mit Jubelparolen und Baklava feiert und danach antiisraelische Proteste anheizt, während die Bundesregierung beteuert, dass Antisemitismus keinen Platz in diesem Land habe, dann gibt es kein Vertun mehr. Dann sind diese Verbote überfällig. Es ist deshalb ein irritierender Befund, dass die Sicherheitsbehörden die Gruppen nicht schon länger intensiv im Blick hatten", schreibt die TAZ.
Die Zeitung DIE WELT fragt sich, warum die Innenministerin nicht "konsequent vorgeht und auch Organisationen wie das extremistische Islamische Zentrum Hamburg (IZH) verbieten lässt. Der Trägerverein mit seiner repräsentativen Blauen Moschee an der Hamburger Außenalster ist eine der Propagandazentralen des iranischen Mullah-Regimes in Europa, Israel-Hass ist hier Teil der Staatsideologie. Die Steuerung des Zentrums durch den Iran, den Schutzpatron und Hauptunterstützer der Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad, ist vielfach nachgewiesen. Die Politik hätte alle Argumente auf ihrer Seite – passiert ist bisher nichts", moniert DIE WELT.
Abschließend noch Stimmen zum ersten internationalen Gipfeltreffen zur Sicherheit von Künstlicher Intelligenz in Großbritannien. Das HANDELSBLATT führt aus: "Wenn sich jetzt die Vertreter der großen Technologiekonzerne darüber beschweren, dass die KI-Skeptiker und ihr 'moralischer Alarmismus' die Hoheit über den Diskurs gewonnen hätten und so den Fortschritt hemmten, dann ist das wohlfeil. Waren es doch die führenden Köpfe der Tech-Branche, die mit ihren Weltuntergangsszenarien Politiker und Öffentlichkeit erst aufgeschreckt haben. So bezeichnete Tech-Ikone Elon Musk noch in Bletchley Park Künstliche Intelligenz als eine der 'größten Gefahren für die Menschheit'. Es ist dringend notwendig, dass wir die aufgeregte KI-Debatte zurück in rationale Bahnen lenken", empfiehlt das HANDELSBLATT.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG betont, die Länder dieser Welt verfolgten mit künstlicher Intelligenz höchst unterschiedliche und teils widersprüchliche Ziele: "China nutzt die Technologie als Werkzeug, um Menschen zu überwachen. Die Europäische Union will ihre Bürgerinnen und Bürger genau davor schützen. Indien hält es mit dem Datenschutz eher locker. In den Vereinigten Staaten ist ein neues Bewusstsein für die Privatsphäre von Nutzern entstanden. Dennoch zählen dort vor allem die Interessen von Konzernen wie Google oder Open AI, die eine Regulierung ihrer Technologie skeptisch sehen. Wie diese Gegensätze auflösen? Wie Regeln finden, auf die sich alle einigen können? Ein fast unmögliches Unterfangen – ähnlich schwierig wie der Klimaschutz oder die atomare Abrüstung. Es überrascht daher wenig, dass die Abschlusserklärung des Gipfels von Bletchley Park vage blieb", argumentiert die SÜDDEUTSCHE zum Ende der Presseschau.