
Dort hat Premierminister Sunak überraschend Ex-Regierungschef Cameron zum Außenminister ernannt. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erklärt: "Die Konservative Partei stellt seit 2010 in London den Premierminister. Lange Regierungszeiten einer Partei führen oft zu personeller Auszehrung. Die Auswahl an herausragenden politischen Talenten wird von Jahr zu Jahr geringer, weil alle schon irgend etwas waren, und das mehr oder weniger erfolgreich. Wenn ein Premierminister, wie jetzt Rishi Sunak, allerdings bei der Auswahl seiner Minister auf einen Vorgänger im Amt des Regierungschefs zurückgreifen muss, ist die Lage der führenden Partei mit dem Wort 'verzweifelt' wahrscheinlich am treffendsten beschrieben", urteilt die F.A.Z.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG erinnert: "Noch Anfang Oktober hatte Sunak beim Parteitag der Tories versucht, sich als Mann des Aufbruchs zu porträtieren, ständig sprach er von 'change'. Keine zwei Monate und einen Kabinettsumbau später sitzen in Sunaks Regierung nun drei Minister, die auch schon Teil von Camerons erstem Kabinett vor 13 Jahren waren, Michael Gove, Jeremy Hunt und eben Cameron. Dass Finanzminister Hunt und Außenminister Cameron auch noch zwei der wichtigsten Posten innehaben, das macht es nicht besser. Andererseits, Cameron und Hunt standen damals für 'Remain', für den Verbleib in der EU. Und das, so ist offenbar das Kalkül Sunaks, soll nun jene Wähler besänftigen, die sich in den vergangenen May-Johnson-Truss-Jahren von der Regierung nicht repräsentiert fühlten, ja: nicht ernst genommen", analysiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
"Nun darf Cameron die Suppe auslöffeln, die er Europa eingebrockt hat", stellt die FRANKFURTER RUNDSCHAU fest. "Häme in Brüssel ist absolut gerechtfertigt. Aber Cameron wird kaum einen schlechteren Job machen als der Grüßaugust James Cleverly, der ins Innenministerium wechselt. Cleverly statt der entfesselten Hetzerin Suella Braverman wird im Home Office vielleicht pragmatischere Ruhe einkehren lassen. Schlecht wäre das nicht. Aber Ruhe für Sunak bedeutet das nicht: Dem als Fliegengewicht verschrienen Premier gehen im Feuerschweif der nur für den Augenblick gebannten Braverman noch andere Minister flöten. Die nächste Runde im Tory-Bürgerkrieg steht an", heißt es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Sunak verkaufe seine Umbildung als Befreiungsschlag und wolle damit Führungsstärke suggerieren, schreibt das HANDELSBLATT. "In Wahrheit ist es ein Akt der Verzweiflung. Noch vor wenigen Wochen versuchte der konservative Premier, sich als Kandidat des Wandels zu präsentieren, und distanzierte sich damit zugleich von den zwölf Jahren, in denen seine vier Vorgänger die Politik im Königreich bestimmt haben - darunter waren sechs Jahre unter Cameron. Dass er den Ex-Premier dennoch zurückholt, ist das Eingeständnis, dass Sunaks Neuerfindung bereits gescheitert ist. Die Umfragewerte belegen das: Viele Briten haben mit den Tories abgeschlossen und wollen den Wechsel", vermerkt das HANDELSBLATT.
"Die Besetzung wirft viele Fragen auf", kommentiert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG. "Musste Premierminister Sunak David Cameron etwa aus dem politischen Ruhestand holen, weil er keinem seiner konservativen Abgeordneten das Amt des Außenministers zugetraut hat? Wäre es so, sendete es ein fatales Signal in seine eigene Partei, aber auch an die britische Bevölkerung. Die Menschen im Vereinigten Königreich leiden noch heute unter dem Chaos, das durch den Austritt aus der Europäischen Union entstand, ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Folgen. Dass Sunak dem 57-Jährigen ein so bedeutendes Amt zuspricht, lässt sich als Akt der Verzweiflung eines Premiers deuten, der angesichts der schlechten Umfragen kaum noch etwas zu verlieren hat", meint die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die TAGESZEITUNG überlegt: "Für Rishi Sunak zählt innenpolitisches Kalkül. David Cameron steht für das begüterte Bürgertum, das den Tories unter Boris Johnson den Rücken kehrte. Diese verlorenen Stammwähler muss Sunak für die nächsten Wahlen zurückholen, nachdem Johnsons Sturz dessen Brexit-Öffnung der Tories für breitere Wählerschichten ein Ende setzte. Aber für die populistische konservative Rechte, die mit ihrer Partei seit Johnsons Sturz auf Kriegsfuß steht, ist Cameron eine Reizfigur und sein Comeback eine Kampfansage", gibt die TAZ zu bedenken.
Nun zum Krieg zwischen der Hamas und Israel. Aus dem nördlichen Gazastreifen gibt es Berichte über Gefechte rund um das Al-Schifa-Krankenhaus. Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, schreiben dazu: "Aus dem Gazastreifen dringen Nachrichten der Weltgesundheitsorganisation WHO, wonach die Lage im Schifa-Krankenhaus 'entsetzlich' sei. Es gebe keinen Strom, Menschen würden wegen der Versorgungslage sterben. Nun beruft sich die WHO bedauerlicherweise auf Quellen des Gesundheitsministeriums, und das wird von der Hamas gesteuert. Darf man dieser Quelle glauben? Man darf, aber man sollte es nicht einfach so tun. Dieser Krieg ist ein Propaganda-Krieg, und in dem hat die Hamas einen Vorteil", stellen die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN fest.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG führt an: "Auch wenn niemand im Westen hundertprozentig sagen kann, was dort gerade passiert und ob die Terrororganisation Hamas unter dem Gebäude wirklich eine Kommandozentrale hat, so lösen diese Bilder in der arabischen Welt neuen Hass aus und im Westen zumindest Unbehagen. Israel verfolgt im Gazastreifen seit 16 Jahren eine Strategie, die nicht funktionieren kann. Selbst wenn Israel im aktuellen Krieg militärisch siegen sollte und die Hamas zurückschlägt, wird Israel nicht die Herzen der Menschen im Gazastreifen erreichen. Die Idee des Terrors der Hamas würde lebendig bleiben. Deshalb muss Israel sich schon jetzt überlegen, wie es Gaza neu ordnen kann und wie es künftig den Zivilisten dort ein menschenwürdiges Leben sichert. Nur diese Strategie kann den Frieden sichern", bekräftigt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
"Israel kämpft zwei Schlachten", notiert die SÜDWEST PRESSE aus Ulm: "Eine um die Bilder und eine um seine eigene Sicherheit. Nur eine dieser beiden kann es gewinnen. Und die zweite ist für Israel die wichtigere. Das Leben seiner Bürger hängt davon ab, dass es die Terroristen der Hamas ein für alle Mal ausschaltet. Das Problem für Israel besteht darin, dass das Zeitfenster eng ist. Denn mit jedem Tag des Kampfes gegen die eine tödliche Gefahr wächst eine andere", warnt die SÜDWEST PRESSE.
Zum Schluss noch zwei Stimmen zur SPD. Die beiden Vorsitzenden Klingbeil und Esken wollen im Dezember auf dem Parteitag noch einmal für eine Doppelspitze kandidieren. Die RHEINISCHE POST nennt das eine gute Nachricht. "Trotz unterschiedlicher Charaktere und der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen SPD-Strömungen führt das Duo die Partei sehr geräuschlos. Auch Generalsekretär Kevin Kühnert, einst feuriger Juso-Chef, hat sich der gemeinsamen Sache verschrieben. Doch so richtig gut ist der Partei die Politik der ruhigen Hand, zumindest in Umfragen, nicht bekommen. Zu oft Schiedsrichter, zu wenig Profil", hält die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf fest.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg vermerkt: "Am auf den ersten Blick höchst ungleichen Paar gab es beim Start vor zwei Jahren viele Zweifel - sie hatte wenig Erfahrung in der SPD-Zentrale, er schien zu brav und zu unerfahren zu sein. Aber siehe da - es funktioniert durch Arbeitsteilung. Esken, gerade wieder mit der Forderung nach höheren Steuern für Superreiche und Milliarden-Hilfen für Schüler unterwegs, fungiert als soziales Gewissen. Klingbeil beackert seine Politikfelder von der Netzpolitik bis zu Sicherheitsfragen. Auch durch die ausgewogene Spitze hat die Partei in der Ampel-Zeit dem SPD-Kanzler Olaf Scholz den Rücken freigehalten. Garantiert ist das beim Stakkato der diversen Krisen nicht. Das Wahlergebnis wird ein Indiz für die SPD-Grundstimmung sein", kommentiert die VOLKSSTIMME.