"Die Polen haben lange warten müssen auf ihre neue Regierung. Jetzt ist das lächerliche Schauspiel endlich vorbei: Das Parlament hat den liberalkonservativen Donald Tusk als neuen Premier bestätigt. Polen kann aufatmen – und Europa auch. Der Machtwechsel ist ein Sieg für die Demokratie: Der Abbau des Rechtsstaats in Polen, die Einschränkung der Medienfreiheit, die Diskriminierung von Minderheiten sind gestoppt. Der europafeindliche Blockadekurs in der EU ist vorbei. Das Land ist gespalten, die PiS hat ihre Getreuen an vielen Stellen des Staatsapparates installiert. Aber wenn der Premier die Rechtsstreitigkeiten mit der EU zügig abräumt und das Verhältnis zur Ukraine kittet, könnte er Polen endlich zu jenem größeren Einfluss in Europa verhelfen, der seiner Größe und Wirtschaftskraft entspricht", meint die BERLINER MORGENPOST.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ergänzt: "Für die demokratischen Kräfte in der Europäischen Union ist der Machtwechsel in Polen einzig eine gute Nachricht. Darüber hinaus lässt die Machtübernahme in Polen hoffen, dass dies erst der Anfang vom Ende einer Entwicklung ist, bei der sich Europa nach rechts entwickelt hat. Polen könnte dazu beitragen diesen Aufschwung zu stoppen. Weil die Wählerinnen und Wähler sich besonnen haben, weil sie auf die harte Tour gelernt haben, wer unter einer rechten Regierung am meisten leidet", schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg vermutet: "Tusks durchaus heterogenes Regierungsbündnis wird es nicht leicht haben. Der Rückbau etlicher von der PiS verankerten autoritären Strukturen wird kompliziert. An Widerstand der nun in die Opposition verbannten, weiterhin stärksten Partei dürfte es nicht fehlen. Umso wichtiger wird sein, dass Tusk rasch Erfolge wird vorweisen können. Die EU etwa sollte bald die bisher zurückgehaltenen Corona-Hilfsgelder an Polen auszahlen. Das wäre eine gute Investition in die Reputation des früheren EU-Ratspräsidenten Tusk", findet die BADISCHE ZEITUNG.
In der TAGESZEITUNG – TAZ ist die Rede von "riesigen Aufgaben", die auf Tusk und dessen Regierung zukämen: "Das gilt sowohl in Bezug auf die Erwartungen ihrer Wähler*innen als auch für die Herausforderung, eine tief gespaltene Gesellschaft zu versöhnen. Leisten soll das eine Koalition aus drei Parteien, in der programmatische und weltanschauliche Differenzen überbrückt und in eine konsistente Politik übersetzt werden müssen. Nur eine der Sollbruchstellen ist das rigide Abtreibungsrecht, dessen Liberalisierung eine zunehmend radikalisierte und protestaffine Frauenbewegung vehement einfordert. Noch stellt sich das liberal-konservative Bündnis Dritter Weg dagegen. Tusks dickstes Brett ist jedoch die Wiederherstellung des Rechtsstaats", betont die TAZ.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder erwartet, dass die bisherige Regierungspartei PiS weiterhin ihren Einfluss geltend machen wird: "Ihr Präsident kann die nötige Reparatur des Justizsystems verhindern, ihre Leute sitzen in führenden Positionen im Verfassungsgericht, bei der Nationalbank oder beim Rundfunk. Die neue Regierung kann die PiS-Leute nicht per Handstreich absetzen - jedenfalls nicht, wenn man wie Tusk eine 'faire Abrechnung' und gesellschaftlichen Frieden verspricht", hält die MÄRKISCHE ODERZEITUNG fest.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf kommentiert das "Bündnis Sahra Wagenknecht". Unter diesem Namen haben im Bundestag die zehn aus der Linksfraktion ausgetretenen Abgeordneten einen Antrag gestellt, um im Parlament als Gruppe mehr Rechte zu erhalten. Die RHEINISCHE POST ist sich sicher: "Auf Sahra Wagenknecht ruhen schon Erwartungen. Die einen hoffen auf eine Wiederbelebung der gescheiterten Linken, die anderen auf das Schreddern der AfD gerade im Osten, weil Wagenknecht den Sound der Rechten geschickt mit linken Positionen verbindet. Ob ihr politisches Geschäftsmodell solche und andere Annahmen erfüllen wird, oder ob sich das Bündnis Sahra Wagenknecht am Ende nur als populistischer Rohrkrepierer erweisen wird, ist offen", heißt es in der RHEINISCHEN POST.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG prognostiziert, dass Wagenknechts' Bündnis der AfD Konkurrenz machen wird. "Dass sich die rechte Partei und die linke Populistin im nächsten Jahr gegenseitig die Stimmen streitig machen, ist aber nur vordergründig eine gute Nachricht für jene, die noch in der Mitte stehen. Denn das Wählerpotenzial an den Rändern wächst. Dort gibt es zwar ein großes Problembewusstsein dafür, was in Deutschland alles – wirklich und vermeintlich – schiefläuft. Konstruktive Lösungen aber sucht man dort vergebens."
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz ist gespannt auf die eigentliche politische Arbeit der neuen Gruppierung: "denn bislang war der Verein fast nur mit sich selbst beschäftigt und politisch weitgehend abstinent. Ewig kann das so kaum weitergehen. Schon bei den Europawahlen und dann bei den drei Landtagswahlen im Osten werden die Wähler genauer wissen wollen, wofür die Neuen stehen. Dann könnte sich rasch herausstellen, dass die Wagenknecht-Partei ein grundlegendes Problem hat. Wirtschaftspolitisch dürfte sie auf strammem Linkskurs segeln, gesellschaftspolitisch dagegen beinhart konservativ auftreten. Kann gut sein, dass die Partei den Linken zu rechts und den Rechten zu links sein wird", meint die FREIE PRESSE.
Die MEDIENGRUPPE BAYERN befasst sich mit der verlängerten Klimakonferenz: "Jährlich grüßt das Murmeltier, wenn die Vertreter von 200 Staaten bei der UN-Klimakonferenz um Kompromisse ringen und in die Verlängerung gehen müssen, weil sie sich nicht einigen können – wie auch jetzt in Dubai. Knapp zwei Wochen haben nicht gereicht, um den von mehr als 100 Ländern eingeforderten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ins Abschlussdokument zu verhandeln. Der Widerstand gegen eine Einigung auf ein Ende der fossilen Energieträger kann dabei nicht wundern. Schließlich haben Staaten wie Saudi-Arabien, Katar oder Kuwait ihren Reichtum auf Öl und Gas aufgebaut. Denen gegenüber stehen die, die um ihr wortwörtliches Überleben verhandeln", stellt die MEDIENGRUPPE BAYERN fest, zu der unter anderem der DONAUKURIER gehört.
Nach Ansicht des Berliner TAGESSPIEGELS war der Widerstand gegen einen globalen Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas erwartbar: "Noch nie waren mehr Lobbyisten der fossilen Industrie auf einer Klimakonferenz. Deren Interessen stehen konträr zum Ziel einer fossilfreien, auf erneuerbare Energien ausgerichteten Welt. Während sich die einen um Kompromisse zum Klimaschutz bemühen, treiben sowohl Energiekonzerne als auch Investoren vor allem die Erhaltung des fossilen Status quo voran. Außerdem ziehen immer mehr Investoren ihre Geldanlagen in erneuerbare Energien ab. Konjunktur an den Börsen haben verstärkt wieder fossile Fonds. Mit den Erneuerbaren lässt sich bislang nicht ähnlich viel verdienen", notiert der TAGESSPIEGEL.
"Selten hatte eine Weltklimakonferenz so bravourös begonnen wie die COP28", bemerkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. "Und selten war die Enttäuschung gegen Ende so groß. Jetzt drängen der Westen, kleinere Länder und UN-Generalsekretär Guterres die fossile Allianz zu Kompromissen, um den Klimaschutz nicht länger aufzuhalten. Das muss freilich in beide Richtungen gelten: Gegen die Erderwärmung können die von den Golfstaaten vorgeschlagenen Techniken zur CO2-Speicherung genauso beitragen wie Kernkraft und synthetische Kraftstoffe. Blockadehaltungen und Denkverbote gibt es auf vielen Seiten. Die COP kann nur dann noch ein Erfolg werden, wenn sich alle bewegen", konstatiert die F.A.Z., und damit endet die Presseschau.