Mittwoch, 15. Mai 2024

16. Dezember 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Ein Thema sind die geplanten Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt 2024. Doch zunächst geht es um den EU-Gipfel. Die Staats- und Regierungschefs haben den Weg für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und der Republik Moldau freigemacht, Georgien wird der Kandidatenstatus zuerkannt.

16.12.2023
Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, und Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, gehen zu einer Pressekonferenz zum Abschluss eines EU-Gipfels.
EU-Gipfel in Brüssel (AP / dpa / Virginia Mayo)
Die NORDWEST-ZEITUNG ist mit der Entscheidung nicht einverstanden. "Alle drei Länder, die Ukraine, Georgien und Moldau, befinden sich in territorialen Konflikten mit Russland. In jeden dieser Konflikte kann die EU militärisch verwickelt werden, träten diese Länder der Gemeinschaft bei. Alle drei Staaten dürften den entsprechenden Status gar nicht bekommen, sie erfüllen dafür nicht die Kriterien. Der Europäischen Union tritt man nicht bei, um Korruption loszuwerden. Man tritt ihr bei, nachdem man sich ehrlich gemacht hat. In allen drei Ländern ist die Wirtschaft desolat. Wir treffen auf ein verrücktes, ideologiegetriebenes Projekt, das weder 'Europa' noch den EU-Bürgern nützt", warnt die NORDWEST-ZEITUNG aus Oldenburg.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG argumentiert anders: "Der Gipfel hat gezeigt, dass Europa ein ernsthafter strategischer Partner ist und Wort hält. Die EU hat der Ukraine versprochen, sie bei ihrer Verteidigung gegen die russischen Angreifer 'so lange wie nötig' zu unterstützen. So symbolisch die Entscheidung für Beitrittsgespräche im Moment auch sein mag – sie ist ein Signal der Stärke der Union und ein Zeichen der Hoffnung für die Ukraine, das den Menschen dort, die täglich um ihr Überleben kämpfen, das Durchhalten hoffentlich etwas erleichtert. Nicht mehr, aber auch nicht weniger", unterstreicht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
"Die Zusagen für Beitrittsverhandlungen sind in Wahrheit nicht viel wert", schreibt die Zeitung DIE WELT. "Es ist nicht zu erwarten, dass die Ukraine in den kommenden 25 Jahren der EU beitreten wird. Das Gleiche gilt für die ehemalige Sowjet-Republik Moldawien. Nun mag man einwenden, die Westbalkan-Länder werden ohne Beitritt in die Einflusssphäre Russlands oder Chinas fallen. Das ist nicht so, auch wenn korrupte Autokraten und Russlandapologeten wie Serbiens Präsident Vucic genau damit drohen. Brüssel muss die Erweiterungspolitik völlig neu überdenken und die EU-Mitgliedschaft nicht zum Allheilmittel für geopolitische Herausforderungen stilisieren", fordert DIE WELT.
Der ungarische Regierungschef Orban hat seine Zustimmung zu weiteren Hilfen für die Ukraine von der Freigabe blockierter EU-Mittel für sein Land abhängig gemacht. "Der eigentliche Sieger heißt Orban", schlussfolgert die AUGSBURGER ALLGEMEINE. "Zehn Milliarden Euro hat er an eingefrorenen Geldern freigepresst für sein Land. Dafür musste der Ungar nichts wirklich Bedeutendes opfern, erhielt gleichzeitig aber weiterhin alle Möglichkeiten, die EU in Zukunft vor sich herzutreiben. Die lässt es mit sich machen. Anstatt ihm rote Linien aufzuzeigen, haben die Staats- und Regierungschefs Orban eine gesichtswahrende Lösung geboten", ärgert sich die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Nun zum Thema Staatsfinanzen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat der Bundestag erneut die Notlage ausgerufen und einen Nachtragshaushalt für dieses Jahr gebilligt. Die BADISCHE ZEITUNG notiert: "Man mag über dieses Manöver die Stirn runzeln, wundern sollte man sich darüber nicht. Es war der einzige Weg für die Ampel, viele Milliarden Euro Schulden nachträglich zu legitimieren. Ärgern sollte man sich darüber, wie die Koalition nun die Milliardenlöcher im Etat 2024 zu stopfen versucht. Da werden Landwirte geschröpft und Gelder aus dem Sondervermögen Bundeswehr für Ersatzbeschaffungen zweckentfremdet. Im Bundestag wurde die Anhebung der CO2-Steuer beschlossen, wodurch sich das Tanken verteuert. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ein solcher Schritt kann sinnvoll sein – zur ökologischen Lenkung, nicht zum Abkassieren. Vom Klimageld als Ausgleich ist aber nicht mehr die Rede", moniert die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg.
Die Zeitung ND.DER TAG spricht von einem finanzpolitischen Debakel der Ampel. "Für ihre politische Fahrlässigkeit müssen wieder mal arme Menschen zahlen und jene, die noch von der schwindenden Mittelschicht übrig sind. Um die finanzpolitische Doktrin beizubehalten, wurde an allen Ecken und Enden gespart – und getrickst. Die Maßnahmen, die das so entstandene Haushaltsloch von 17 Milliarden Euro jetzt stopfen sollen, lassen sich zwar als klimafreundlich verkaufen. Für die damit einhergehenden Preissteigerungen werden die Bürger*innen blechen müssen", erwartet ND.DER TAG.
Die von der Bundesregierung geplante Streichung der Agrardiesel-Subvention verärgert die Landwirte. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG bemerkt. "Die wirtschaftliche Situation der deutschen Bauern hat sich in den letzten beiden Jahren erheblich verbessert. Der Frust der Bauern ist trotzdem verständlich und er geht über die Subvention für den Agrardiesel hinaus. Sie fühlen sich für die Arbeit, die sie leisten, von der Gesellschaft nicht wertgeschätzt. Das gilt vor allem für die konventionelle Landwirtschaft, also knapp 90 Prozent der Betriebe, die von manchen unter eine Art Generalverdacht gestellt werden. Der entweder von Ignoranz oder Unwissen geprägt ist. Gerade weil die deutschen Bauern in ihrem Job gut sind und viele auch entsprechend verdienen, ist es in Zeiten knapper Staatskassen auch okay, dass sie jetzt auf liebgewonnene Privilegien verzichten müssen", findet die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder).
Für den Bundeshaushalt 2024 gibt es auch Überlegungen, eine Kerosinsteuer für Inlandsflüge zu erheben. Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG führt aus. "Auf den ersten Blick scheint es sinnvoll, die umweltschädlichste Form des Reisens stärker zu belasten. Bei genauerem Hinsehen indes wachsen die Zweifel. Inlandsflüge verlieren seit Jahren an Bedeutung. Mit einer nationalen Kerosinsteuer stiege das Risiko, dass die Airlines auf grenznahe Flughäfen in Österreich, der Schweiz oder den Niederlanden ausweichen, um die Steuer zu vermeiden. Geholfen wäre mit solchen Umwegen niemandem, am wenigsten dem Klima", erläutert die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle.
Nun ein anderes Thema. Die letzten aus dem westafrikanischen Mali abgezogenen Soldaten der Bundeswehr sind nach Deutschland zurückgekehrt. "Das wurde Zeit", meint die VOLKSSTIMME aus Magdeburg. "Der Anti-Terror-Einsatz war ein Schuss in den Ofen. Zehn Jahre lang haben Franzosen, Deutsche und Truppen weiterer Nationen eingetaktet in den Minusma-Einsatz der UNO versucht, muslimische Terroristen niederzuhalten. Das misslang. Als dann noch eine Putschserie in Mali hinzukam, war alles zu spät. Die Lehre aus Mali ist letztlich die gleiche wie die aus Afghanistan: Finger weg von riskanten Militäreinsätzen auf unberechenbarem Terrain. Wird noch Missionierung versucht, ist die Mission schon gescheitert", kommentiert die VOLKSSTIMME.
Zum Schluss ein Schlaglicht auf die Festnahme von vier mutmaßlichen Hamas-Terroristen in Deutschland. Nach Ansicht der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG sind damit - Zitat - Ausläufer des Nahostkrieges längst in Europa angekommen. Die F.A.Z leitet daraus konkrete Forderungen für die Asylpolitik ab. "Deutschland kann und muss verstärkt darauf achten, wer ins Land kommt. Dafür sorgen, dass schon die europäischen Grenzen geschützt werden, am besten durch eine Vorverlagerung der Asylverfahren. Auch die Einbürgerungspläne können nicht so bleiben, wie es der Ampel vorschwebt: Die Verleihung der Staatsangehörigkeit muss grundsätzlich am Ende und nicht am Anfang der Integration stehen. Wer hierzulande für einen Gottesstaat eintritt und hetzt, der darf nicht Deutscher werden. Wenn er es schon ist oder nicht abgeschoben werden kann, dann ist sein gebührender Platz hinter Gittern. Die Hamas darf ihr Haupt nicht wieder erheben. Schon gar nicht in Deutschland." Mit diesem Zitat aus der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG endet die Presseschau.