12. Januar 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, Homöopathie als Kassenleistung zu streichen sowie Israels für heute erwartete Aussage vor dem Internationalen Gerichtshof zum Völkermord-Vorwurf. Zunächst geht es aber um das geheime Treffen von AfD-Funktionären mit Rechtsextremisten, bei dem über "Remigrations"-Konzepte gesprochen worden sein soll.

Das AfD-Parteilogo ist beim Bundesparteitag in der Magdeburger Messe zu sehen.
AfD-Funktionäre haben sich mit Rechtsextremen über Remigrations-Konzepte ausgetauscht. (dpa / Carsten Koall)
Dazu schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Der wieder laut werdende Ruf nach einem Verbotsverfahren mag verlockend klingen. Es lassen sich auch Anhaltspunkte dafür finden, dieses Mittel des wehrhaften Rechtsstaates in Betracht zu ziehen – zumal die AfD ohne Zweifel die Bedeutung hat, die der NPD fehlte. Aber genau hier liegt das Problem. Es wirkte so, als könnte die nun in drei Ländern in Umfragen deutlich stärkste Partei politisch nicht bekämpft werden. Ist das wirklich so? Man darf Verfassungsfeinden nicht beim Marsch durch die Institutionen zusehen. Aber man muss schon überzeugende Antworten auf die drängenden Probleme finden. Im übrigen dürfte das Land, das manch völkisch fühlendem Vordenker vorschwebt, auch für viele Anhänger eine recht kalte Heimat sein. Wenn sie denn bleiben dürften", merkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG an.
Die STUTTGARTER ZEITUNG notiert: "Spätestens wenn die AfD in Ostdeutschland eine Regierungsbeteiligung erlangt, bekommt sie Mittel in die Hand, um die deutsche Politik zu chaotisieren. Der Föderalismus mit seinen vielen Gremien gewährt dafür reichlich Gelegenheit. Wahlerfolg und politisches Rambazamba treiben die Mitläufer aus ihren Höhlen. Es ist an der Zeit, die AfD wenigstens dort, wo sie mit Björn Höcke einen Mann mit NS-Gesinnung an der Spitze hat, zu verbieten. Der Verfassungsstaat muss zeigen, dass er wehrhaft ist."
Die BERLINER MORGENPOST ist folgender Meinung: "Es sind drastische Worte des Verfassungsschutzpräsidenten: Die Mitte der Gesellschaft nehme nicht wahr, 'wie ernsthaft die Bedrohungen für unsere Demokratie inzwischen geworden sind', sagt Thomas Haldenwang. Die Warnung bezieht sich auch auf die AfD und den Zuspruch, den die Partei bei einer konsequenten Radikalisierung nach rechts erfährt. Alarmierend ist, dass ein Rezept dagegen fehlt. Zwar wird ein AfD-Verbot nach den neuesten Enthüllungen zu den Kontakten der Partei ins rechtsextremistische Milieu wieder diskutiert. Doch die rechtlichen Anforderungen sind hoch, es ist zweifelhaft, ob eine solche Initiative Erfolg hätte. Hinzu kommt: Ein Parteiverbot dürfte nichts daran ändern, dass sich viele Menschen von den Kräften der Mitte abwenden. Vermutlich wäre sogar das Gegenteil der Fall", befürchtet die BERLINER MORGENPOST.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG hält fest: "Was rechte Kreise gern als 'Remigration' verharmlosen, bedeutet nichts anderes als die Vertreibung von unliebsamen Menschen nach rassistischen Kriterien. Mehr Menschenverachtung geht kaum. Dass mit Roland Hartwig ausgerechnet die rechte Hand von AfD-Chefin Alice Weidel bei dem Geheimtreffen dabei war, wirft ein weiteres Schlaglicht auf die Partei. Nach außen gibt sie sich bieder und bürgerlich. Im Innern aber, wenn sich die Funktionäre unter Ihresgleichen wähnen, geben fremdenfeindliche Stereotype, ein antiquiertes Frauen- und Familienbild und die Verharmlosung des Holocaust den Ton an", beobachtet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) erklärt: "Im Osten stehen AfD-Fans und Rechtsextremisten keineswegs an irgendwelchen Rändern, sondern gehören zur Mitte. Mancherorts dominieren sie im gesellschaftlichen Leben. Doch auch der Westen sollte sich seiner bürgerlichen Beständigkeit nicht so sicher sein. In Hessen ist die AfD zweitstärkste Partei, in anderen Ländern sind die Rechts-Alternativen mindestens fest etabliert. Sollte es einen Aufschrei der Mitte gegeben haben, dann schreit das westdeutsche Bürgertum wohl recht leise."
Nun zur Homöopathie. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg führt aus: "Das von Gesundheitsminister Lauterbach angekündigte Aus für Krankenkassen-Zuschüsse für homöopathische Therapien ist überfällig. Entscheidend sind dabei weniger die Einsparungen. Mit zuletzt zweistelligen Millionenbeträgen fallen die Ausgaben für Homöopathie zumindest bei den gesetzlichen Krankenkassen marginal aus. Wichtiger ist das Signal an die Patienten. Homöopathische Behandlungen sind - abgesehen vom Placebo-Effekt - bestenfalls wirkungslos. Für Menschen mit schweren Erkrankungen aber bergen sie erhebliche Risiken. Wer etwa an Krebs oder einer Autoimmunkrankheit leidet, braucht Therapien auf dem neuesten Stand der Wissenschaft", stellt die VOLKSSTIMME klar.
"Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Globuli & Co tatsächlich eine therapeutische Wirkung haben – abgesehen vom Placebo-Effekt", ist im KÖLNER STADT-ANZEIGER zu lesen: "Dieser hat zwar unbestritten einen heilenden Effekt. Doch allein das rechtfertigt nicht, dass die Krankenkassen für solche Mittel Millionenbeträge ausgeben, und zwar zulasten der Mehrheit der Beitragszahlenden, die die Homöopathie für Unfug halten."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG erläutert: "Er macht nicht alles richtig, aber eines kann man Karl Lauterbach nicht unterstellen: Konfliktscheue. Manchmal geht der Gesundheitsminister sogar mit Anlauf dahin,wo es weh tut, wie es auf Mittelstürmerdeutsch heißt. Sein Vorschlag, Homöopathie nicht mehr als Kassenleistung zu erstatten, ist ein Beispiel dafür. Lauterbach geht auf Konfrontationskurs zu einer Klientel, der sich viel verkaufen lässt, wenn sie nur penetrant genug mit Phrasen wie sanft, natürlich und ganzheitlich umschmeichelt wird. Gerade unter urbanen Besserverdienern und vermeintlichen Besserverstehern,dem rot-grünen Wählerpotenzial, finden sich viele Anhänger der Kügelchen", bemerkt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Themenwechsel. Israel wird des Völkermords an den Palästinensern bezichtigt. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU analysiert: "Kurzfristig wird Südafrikas Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof nur wenig dazu beitragen, den Konflikt zu befrieden. Hilfreich ist, dass der internationale Druck auf die Regierung von Benjamin Netanjahu steigt, die Menschen in Gaza besser vor dem Krieg gegen die radikal-islamistische Hamas zu schützen. Erst in ein paar Jahren ergeht das Urteil, ob Israel sich eines Völkermords schuldig gemacht hat. Das setzt aber voraus, dass Absicht nachgewiesen werden kann. Daran darf man zweifeln." So weit die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide wirft ein: "Abgesehen von dem Eilantrag, die militärischen Kämpfe unverzüglich einzustellen, kann das Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag Jahre dauern. Doch neben dem juristischen darf auch der psychologische Aspekt nicht vernachlässigt werden. Israel wird allein durch die Anklage noch mehr in die Pflicht genommen, die Menschenrechte gegenüber der palästinensischen Zivilbevölkerung zu beachten. Das ist fast unmöglich, weil die Hamas genau dies einkalkuliert und die palästinensische Zivilbevölkerung als Schutzschild nutzt. Somit gilt die Frage, was Israel denn übrig bleibt. Es gilt: Im Zweifel für den Angeklagten", stellt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG fest.
Die Zeitung RHEINPFALZ erklärt: "Leider kennt der israelische Premier, dessen Regierungskoalition auf Parteien der Ultraorthodoxen und der militanten Siedler angewiesen ist, offenbar nur eine Strategie zur Konfliktlösung: militärische Gewalt. Und diese Gewalt bewirkt, dass sich Palästinenser in Israel und im Westjordanland mit den Palästinensern im Gazastreifen zunehmend solidarisieren und womöglich weiter radikalisieren. Sie bewirkt somit, dass die Hamas an Boden gewinnt, zumal die israelische Regierung auch nichts gegen radikale Siedler unternimmt, die sich in den Palästinensergebieten weiter Land aneignen und die Eigentümer bedrohen oder sogar töten. Ein gefundenes Fressen also für die Hamas-Propaganda, die in den sozialen Medien auf Hochtouren läuft und weltweit auf fruchtbaren Boden fällt." Das war zum Ende der Presseschau die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen.