
Nach Ansicht der VOLKSSTIMME verstört der CDU-Chef die eigene Partei. "Merz, der die Grünen unlängst noch als 'Hauptgegner in der Bundesregierung' bezeichnete, ändert seine Strategie. Plötzlich bringt er ohne Not eine schwarz-grüne Koalitionsoption ins Spiel. Und erntet damit erwartbaren Protest in den eigenen Reihen. Sicher: Die Union ist gut beraten, vor einer Wahl möglichst viele Bündnisoptionen offen zu halten. Zumal sie Allianzen mit der AfD und der Linken kategorisch ablehnt. Die Koalitionsmöglichkeiten sind also bereits jetzt sehr überschaubar. Insofern kann es nicht wirklich überraschen, dass Merz eine Koalition auch mit den Grünen nicht ausschließt. Aber: Das Signal kommt zur Unzeit. Es trägt unnötig Unruhe in die Union", konstatiert die VOLKSSTIMME aus Magdeburg.
Die NORDWEST-ZEITUNG führt aus: "Da die FDP bei der Bundestagswahl unter die Fünf-Prozent-Hürde zu rutschen droht, werden die Optionen der CDU für eine Regierungsbildung immer weniger. Das hat nun offenbar auch Friedrich Merz erkannt und seine frühere Äußerung, die Grünen seien der Hauptgegner seiner Partei, relativiert. Dieser Schritt ist so richtig wie unausweichlich. Denn ohne die Grünen bliebe der Union wohl nur die SPD als Partner", analysiert die NWZ aus Oldenburg.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER findet: "Friedrich Merz hat mit seinem Flirt mit den Grünen ein Eigentor geschossen. Damit schwächt er die CDU bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland. Denn viele konservative Wähler machen ihr Kreuz nicht mehr bei der CDU, weil sie eine grüne Regierungsbeteiligung verhindern wollen. Doch statt den eigenen politischen Kurs in der Migrations-, Wirtschafts- oder Energiepolitik in den Mittelpunkt zu stellen, präsentiert Merz ohne Not zur Unzeit seine Idee einer schwarz-grünen Bundesregierung. Das ist Munition für die AfD und ihr Bild von den Systemparteien, die die Macht unter sich aufteilen", notiert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zeigt sich überzeugt: "Die Überlegungen des CDU-Vorsitzenden richteten sich nicht an Grüne und SPD, sondern an die FDP. Merz bescheinigt ihr vorerst noch das Potential, der Union allein zur Mehrheit verhelfen zu können – wenn sie jetzt die Koalition verlässt. Andernfalls, so kündigt Merz an, werde die CDU um die restlichen FDP-Wähler kämpfen, mit anderen Worten: dafür sorgen, dass die Partei nicht überlebt. Die Drohung wirkt nicht gerade wie Brautwerbung, und die Grünen dürfen sich freuen, womöglich den Platz der Liberalen einzunehmen. Alles Selbstverständlichkeiten? Für die Mitte der Wahlperiode sicher nicht", kommentiert die F.A.Z.
Die Zeitung DIE WELT meint: "Die FDP hat für ihre Staatsräson und ihre Treue zu den Koalitionsplänen einen hohen Preis gezahlt. Blickt man auf die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre und die aktuellen Umfragen, muss man sagen: einen zu hohen Preis. Es geht um das Überleben der FDP, die sich viel zu oft über die Koalitionsräson definiert hat. Als scharfe Oppositionspartei war sie oft wirkmächtiger als in schlechten Koalitionen wie unter Angela Merkel. Eine neue APO allerdings dürfte wohl ihr Ende sein. Grund genug, über einen Ausstieg aus dieser dysfunktional gewordenen Koalition nachzudenken. Schnell", mahnt DIE WELT.
Der Berliner TAGESSPIEGEL attestiert dem Bundeskanzler mangelnde Kraft, um das Zerwürfnis der Koalition zu reparieren und fordert Scholz auf, die Vertrauensfrage zu stellen. "Er kann die Koalitionspartner öffentlich dazu bewegen, sich zur gemeinsamen Arbeit zu bekennen – oder eben nicht. Schröder hat das zweimal getan. Das ist nicht Scholz’ Stil. Aber es wäre die Führung, die ihm immer weniger Menschen im Land zutrauen. Das könnte auch die Union in die Verantwortung zwingen: Tritt die Regierung zurück, könnte Scholz mit der Union bis zur Wahl in einer Art Deutschlandbündnis weiterregieren. Eine Parlamentsmehrheit dafür gibt es. Die Union hat daran freilich wenig Interesse. Möglich wäre auch eine Neuwahl. Für das Land könnte sie entscheidende Blockaden lösen. In ihrer jetzigen Verfassung ist diese Regierung vor allem eines: ein Wachstumschancengesetz für politischen Extremismus", kritisiert der TAGESSPIEGEL.
Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten haben sich auf eine Richtlinie zum Schutz von Frauen gegen Gewalt geeinigt. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU spricht von einer verpassten Chance: "Vor allem wegen Deutschlands Widerstand führt die Richtlinie keine europaweit gültige Definition von Vergewaltigung ein. Die Bundesregierung und das Justizministerium haben das mit ihrer Auffassung der rechtlichen Kompetenzen der EU begründet. Dass es viele Stimmen gibt, die eine Regelung zu Vergewaltigung durchaus durch die EU-Verträge gedeckt sehen, zeigt aber, dass Berlin zumindest auch eine politische Entscheidung getroffen hat, bei seiner Blockade zu bleiben.Das ist bitter, weil es im Diskurs in den vergangenen Jahren Fortschritte gab, die die Richtlinie juristisch hätten fixieren können", erinnert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
ZEIT-ONLINE vermerkt: "Die verhandelnden Europaabgeordneten hatten bis zuletzt darauf gepocht, Vergewaltigung in die Richtlinie aufzunehmen. Gewaltschutz ohne den Schutz vor einem der schwerwiegendsten Verbrechen, das insbesondere Frauen angetan wird, sei keiner. Es ist trotzdem die richtige Entscheidung gewesen, nun einzulenken, statt die Richtlinie platzen zu lassen und sie nicht mehr in dieser Legislatur zu verabschieden. Das hätte viele andere wichtige Punkte zum Schutz von Frauen vertagt, die auch in der Richtlinie enthalten sind: Weibliche Genitalverstümmelung und Zwangsheirat werden nun EU-weit unter Strafe gestellt, genauso Stalking und Belästigung im Internet und das Verbreiten intimer Aufnahmen gegen den Willen der abgebildeten Person", zählt ZEIT-ONLINE auf.
Bundeskanzler Scholz reist nach Washington, wo er mit Präsident Biden politische Gespräche führt. Vor seiner Abreise warnte Scholz, sich auf einen Wahlsieg des Republikaners Trump bei den Präsidentschaftswahlen einzustellen. Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der die PASSAUER NEUE PRESSE, gehört, zeigen sich alarmiert: "Bereiten Deutschland und Co. sich auch auf eine mögliche Wiederwahl von Trump vor, der die USA in ihre bisher schwerste institutionelle Krise stürzen und als 'Make-America-Great-Again'-Isolationist die Welt durcheinander wirbeln könnte? Nein, muss man feststellen – und dafür ist Fahrlässigkeit eine absolute Verharmlosung. Wenn Trump gegen Biden tatsächlich gewinnen sollte, dann ist es vorbei mit Europas ultimativer Lebensversicherung. Trump würde die regelbasierte Weltordnung vielleicht tödlich schwächen, die militärische Unterstützung der Ukraine einstellen und womöglich gar die NATO verlassen. Die Europäer müssen sich also warm anziehen, so warm, wie sie es vermutlich gar nicht können, sollte Trump sie im Ukraine-Krieg allein lassen. Die Frage ist: Wann begreift die EU endlich, was ihr droht, und rückt enger zusammen?"
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG resümiert: "Wer wissen will, wie es zugehen wird zwischen Amerika und Europa, sollte Donald Trump wieder US-Präsident werden, der weiß es jetzt: Am Dienstag haben die Republikaner im Kongress auf Trumps Geheiß ein Gesetz beerdigt, durch das 60 Milliarden Dollar für die weitere Unterstützung der Ukraine freigegeben werden sollten. Das ist ein beispielloser Vorgang: Ein einzelner Mann, der kein politisches Amt bekleidet, zwingt die Vereinigten Staaten dazu, ihre Verbündeten in Europa im Stich zu lassen. Joe Biden mag Präsident sein. Aber Donald Trump regiert. Es bleibt eine deprimierende Erkenntnis: Ein Dreivierteljahrhundert lang haben die Europäer sicher, warm und ruhig unter der Decke gelegen, die Amerika über sie ausgebreitet hatte. In dieser Woche wurde sie weggezogen. Und die Welt da draußen ist kalt, gefährlich und voller Kriegslärm".