Sonntag, 28. April 2024

24. Februar 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Kommentaren zum zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine und die empfohlene Anhebung der Rundfunkgebühren. Zunächst geht es um die vom Bundestag beschlossene Legalisierung des Cannabis-Besitzes und des begrenzten Anbaus dieser Pflanzen.

24.02.2024
Cannabispflanzen (ca. 4 Wochen alt) in ihrer Wachstumsphase stehen in einem Aufzuchtszelt unter künstlicher Beleuchtung in einem Privatraum.
Der Konsum und Eigenanbau von Cannabis wird legalisiert. (picture alliance / dpa / Christian Charisius)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG notiert: "Die Legalisierung von Cannabis ist eines der wenigen Projekte, das SPD, FDP und Grünen geblieben war, um ihre Form von Liberalismus als Klammer der Koalition zu begreifen. Nicht einmal das aber hat ihre Reihen geschlossen. SPD-Gesundheitsminister Lauterbach brachte nicht einmal seine eigene Fraktion ganz hinter sich. Nur die Trümmer der Linksfraktion retteten die Aussicht auf eine Mehrheit. Der Ampeljoint ist ausgebrannt", so die Ansicht der FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
In der SCHWÄBISCHEN ZEITUNG heißt es dazu: "Die Ampel-Politiker und allen voran Gesundheitsminister Karl Lauterbach sind hart geblieben: Kiffen wird ab April legal. Doch die Cannabis-Legalisierung, wie sie jetzt kommt, wird scheitern – das sagen nahezu alle Experten verschiedenster Gesellschaftsbereiche. Sie warnen vor fehlendem Jugendschutz und mangelnden Kontrollmöglichkeiten. Berauscht von seiner Idee ist Lauterbach aber stur geblieben. Wieder einmal wird nicht auf die Warnungen führender Experten gehört. Und wieder einmal setzt sich die Politik über die Wissenschaft hinweg", urteilt die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg.
Ganz anders sieht es die FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Der Bundestag hat die Legalisierung von Cannabis beschlossen. Nach jahrzehntelangen Debatten ist das ein Sieg der Vernunft. Für die Freigabe sprechen mehr Gründe als dagegen: Cannabis kann zwar psychisch abhängig machen und Psychosen auslösen, doch so lebensgefährlich wie Alkohol im Übermaß und Tabak ist die Droge nicht. Und obwohl sie verboten ist, gibt es sie überall. Die Verbotspolitik hat den Konsum nicht gebremst. Auch wenn die Legalisierungspläne der Ampel nur halbherzig sind, weil der Verkauf aus Sorge vor der EU weiter verboten bleibt, gilt: Jedes Gramm Cannabis, das künftig auf dem heimischen Fensterbrett oder in einer Anlage eines Cannabis Social Clubs geerntet wird, wird nicht mehr auf dem Schwarzmarkt beschafft", erwartet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
"Was für eine schwere Geburt", findet die "TAZ" und fährt fort: "Nach Jahrzehnten gescheiterter Prohibitionspolitik verabschiedet sich die Bundesrepublik von überkommenen Dogmen – das ist, bei aller Kritik an den vielen Punkten, in denen das Gesetz zu kurz springt – schon historisch. Das Gesetz, so wie es jetzt ist, kann nur der Anfang sein. Eigenanbau und Cannabis-Clubs werden die derzeitige Nachfrage nicht befriedigen können. Die inzwischen als solche bezeichnete 'zweite Säule', also Anbau und Verkauf unter staatlicher Lizenz, muss so schnell wie möglich dazukommen, und nicht nur in wenigen punktuellen Modellprojekten", fordert die "TAZ".
Und die AUGSBURGER ALLGEMEINE findet: "Das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis ist kein drogenpolitischer Riese, sondern rot-grün-gelber Murks. Im Kern setzt es zwar auf den richtigen Gedanken, die Konsumenten nicht länger als Verbrecher zu behandeln. Doch so, wie es formuliert ist, droht es, alte Probleme zu verschärfen und neue zu schaffen. Es beginnt bei der rückwirkenden Straffreiheit. Tausende von Fällen müssen nun neu beleuchtet werden, es drohen langwierige, komplizierte Verfahren. Aber auch generell scheint es so, dass die Behörden, wollen sie die neuen Gesetze auch tatsächlich anwenden, eher mehr statt weniger Arbeit bekommen", meint die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die STUTTGARTER ZEITUNG geht auf den zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine ein: "Deutschland hat in den vergangenen zwei Jahren einen bemerkenswerten Lernprozess durchlaufen. Mit sieben Milliarden Euro pro Jahr ist Deutschland nach den USA inzwischen der stärkste Unterstützer der Ukraine. Doch abgeschlossen ist die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende nicht – weder hierzulande  noch im Verhältnis zur Ukraine. So müssen Deutschland und Europa sich auf einen Ausfall der USA in der Unterstützung vorbereiten, sollte Donald Trump Präsident werden. Und Scholz sollte überdenken, ob das Risiko, Taurus-Lenkwaffen an die Ukraine zu liefern, nicht viel geringer ist, als sie den – man muss es so sagen – heldenhaft kämpfenden Ukrainern vorzuenthalten", gibt die STUTTGARTER ZEITUNG zu bedenken.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN mahnen zur Härte gegenüber Wladimir Putin: "Weil der Mann nur Stärke respektiert, darf der Westen nicht zulassen, dass die Ukraine verliert. Eine der ersten Folgen wären neue Fluchtwellen aus dem dann russischen Satellitenstaat. Danach sind weitere Aggressionen Putins möglich – er hat Ziele wie Estland ja schon anvisiert. So bitter es ist: Deutschland und Europa müssen mit sehr viel Geld – und mehr Waffen, bald auch Taurus-Marschflugkörper - der Ukraine helfen, Stärke zu zeigen. Wenn es nicht gelingt, Putin in seine und Russlands Grenzen zu weisen, wird er weitere Grenzen überschreiten. Wie ein Leben unter seiner Knute aussieht, lässt sich im Kerker Russland studieren", betonen die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER sieht noch Hoffnung für die Ukraine: „Hat Wladimir Putin sein Spiel schon gewonnen? Natürlich wünscht sich der Psychokrieger im Kreml maximalen Defätismus bei seinen Gegnern. In Wirklichkeit aber erscheint Putin im Augenblick stärker, als er ist. Der künftige Kriegsverlauf bleibt völlig offen, trotz des Durchhängers, den alle gerade spüren. Der Westen muss jetzt einfach die Nerven bewahren. Putin scheint zu glauben, die Zeit arbeite unendlich für ihn. Dies könnte sich als Fehler erweisen. Noch ist Kiew nicht verloren“, analysiert der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Der in Konstanz erscheinende SÜDKURIER blickt kritisch auf die Empfehlung der KEF zur Erhöhung der Rundfunkgebühren: "Es ist bei jeder Erhöhung der Rundfunkgebühren die gleiche Leier. Die sei notwendig, heißt es zur Begründung, damit die öffentlich-rechtlichen Sender ihren 'gesetzlichen Auftrag' erfüllen könnten. Zwar gibt es diesen Auftrag durchaus. Tatsache ist aber, dass er seit Jahrzehnten fantasievoll ausgelegt wird, was die Politik fast durchweg schweigend so hinnimmt. Beispiel: Bei den kommenden Olympischen Spielen werden die Zuschauer wieder einmal täglich abwechselnd Moderatoren von ZDF und ARD sehen. Wären die Sender, wie sie es immer betonen, tatsächlich einem Spardruck ausgesetzt, hätten sie diese kostspielige Dopplung – die auch bei Parteitagen oder der Fußball-WM greift – längst abstellen müssen. Das passiert aber nicht, weil der 8,5 Milliarden-Gebührentopf sich automatisch füllt. So kann man sich auch den Luxus eines Saarländischen Rundfunks und eines Stadt-Radios Bremen leisten sowie in Mini-Spartenprogramme investieren. Einige Länder wollen die Erhöhung ablehnen. Richtig so. Denn ein echtes Sparpaket haben die Sender noch nie geschnürt", so die Meinung des SÜDKURIER aus Konstanz.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle hält fest: "Vieles kann man den Intendanten vorwerfen: teure Doppelungen, überdimensionierte Strukturen und ein Programm, das einen relevanten Teil der Bevölkerung kaum noch erreicht. Hauptverantwortlich für die jetzt empfohlene Beitragserhöhung sind aber die Medienpolitiker in den Staatskanzleien und die Landtage. Schon die  Beitragserhöhung 2021 war so umstritten, dass in Sachsen-Anhalt eine Regierungskrise ausbrach und am Ende das Bundesverfassungsgericht entscheiden musste. Dennoch haben es die Länder bis heute nicht geschafft, sich auf ein Reformprogramm zu einigen, das den Beitrag stabil hält. Im Wesentlichen liefert der öffentlich-rechtliche Rundfunk das Programm, das die Politik bestellt. Wenn diese Bestellung nicht rechtzeitig reduziert wird, kommt eben die Rechnung. Zahlen müssen sie die Haushalte", so das Fazit der MITTELDEUTSCHEN ZEITUNG aus Halle.