Montag, 13. Mai 2024

29. Februar 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Themen sind das Schutzgesuch pro-russischer Separatisten in der moldauischen Region Transnistrien sowie die Entscheidung des EU-Parlaments zu verpflichtenden Gesundheitstests für Autofahrer. Mehrere Zeitungen kommentieren zudem die Vorwahlen zur Präsidentschaftskandidatur im US-Bundesstaat Michigan.

29.02.2024
US-Präsident Joe Biden schaut in die Kamera.
US-Präsident Biden hat bei den Vorwahlen seiner demokratischen Partei im Bundesstaat Michigan zwar deutlich gewonnen, aber zugleich einen Dämpfer erhalten. (AFP / JIM WATSON)
"Zwei siegreiche Kandidaten, zwei Probleme", bilanziert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Donald Trump und Joe Biden fahren beide Siege ein, aber das verdeckt nicht ihre Schwächen: Für den amtierenden Präsidenten wird seine Nahostpolitik vor allem bei arabischstämmigen Wählern zur Belastung. Biden wird am 5. November in diesem Staat ein ernsthaftes Mobilisierungsproblem haben. Trump wiederum musste viele Gegenstimmen für Nikki Haley hinnehmen, die ihm bei der Präsidentenwahl fehlen könnten. Schon in den anderen Vorwahlen war zu erkennen, dass seine Wählerschaft nach wie vor überwiegend weiß ist, über fünfzig Jahre alt und ohne Hochschulabschluss. Das sichert ihm die Nominierung seiner Partei, nicht aber automatisch Mehrheiten in der viel diverseren Gesamtwählerschaft Amerikas. Der Ausgang der Wahl ist also weiterhin offen", meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Aus Sicht der MITTELDEUTSCHEN ZEITUNG ist die Vorwahl in Michigan vor allem für US-Präsident Biden ein Alarmsignal: "Propalästinensische Gruppen lieferten eine Machtprobe ab. Sie baten die Demokraten, nicht Biden anzukreuzen, sondern 'Unentschieden'. Rund 13 Prozent folgten dem Aufruf. Rechnerisch könnte diese Gruppe bei der Präsidentschaftswahl den Swing State Michigan in Richtung Donald Trump kippen lassen. Viele fassen sich jetzt an den Kopf: Kann es sein, dass bisherige Wähler der Demokraten aus ethischen Gründen den eigenen Mann fallen lassen und einen Präsidenten Trump riskieren?" fragt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle.
Die TAZ meint: "Die Drohung von linken und erst recht propalästinensischen Aktivist*innen, im November Biden ihre Stimme zu versagen und damit womöglich Donald Trump zum Sieg zu verhelfen, ist der blanke politische Irrsinn. Es war Trump, der die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegte, der Israels Premier Netanjahu zu immer mehr Siedlungsbau ermutigte und gar 2020 einen sogenannten Friedensplan vorlegte, der die Annexion großer Teile des Westjordanlandes durch Israel vorsah", kommentiert die TAZ.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG analysiert: "Biden glaubt weiterhin, dass nur er die USA vor Trumps Comeback und dem Ende der Demokratie bewahren kann; der Gedanke ist nicht mal völlig abwegig. Doch immer mehr Landsleute haben den Eindruck, dass er sich diese zweite Schlammschlacht und die Aussicht auf vier weitere Jahre Irrsinn besser ersparen sollte. Für einen echten Widersacher bei den Vorwahlen ist es zu spät, aber nominiert wird der Präsidentschaftskandidat der Demokraten erst bei deren Kongress in Chicago im August. Rein theoretisch wäre Bidens Rückzug dort denkbar, die Delegierten müssten in diesem Fall über Ersatz abstimmen – und danach zweieinhalb Monate lang alle Register ziehen. Extrem unwahrscheinlich,dennoch möglich", findet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
In der Republik Moldau haben pro-russische Kräfte in der abtrünnigen Region Transnistrien Moskau um Schutz gebeten. Die VOLKSSTIMME äußert sich mit Blick auf die möglichen Folgen für den Ukraine-Krieg besorgt: "Die Separatisten dürften ihren Hilferuf mit Putin abgestimmt haben. Tatsächlich bezeichnete Moskau den Schutz der Bewohner Transnistriens prompt als Priorität. Die Gelegenheit für Putin ist günstig. Die ukrainische Armee ist durch ausbleibende Unterstützung geschwächt wie lange nicht. Das Drehbuch wirkt dabei ähnlich dem zu Kriegsbeginn in der Ostukraine. Im Ukraine-Krieg droht so im schlimmsten Fall eine weitere Eskalation: Für die Ukraine eine neue Front im Südwesten nahe Odessa sowie ein Übergreifen des Konflikts auf den kleinen EU-Nachbarn Moldau", ist in der VOLKSSTIMME aus Magdeburg zu lesen.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz notiert: "Putin, der Geheimdienstler, der der Kremldiktator immer geblieben ist, zieht die nächste Karte in seinem perfiden Spiel um die Macht im Land, in der Region und auch in Europa. Er will die Region in Brand setzen, was ihm im Fall von Transnistrien mit einer direkten Grenze zur Ukraine leichtfallen würde. Nichts ist mehr sicher vor Putins Furor und seiner abgrundtiefen Durchtriebenheit. Gerade in der Phase kommt zur Unzeit, dass sich Deutschland und Frankreich um die Vorreiterrolle in Europa streiten", kritisiert die RHEIN-ZEITUNG.
Mehrere Zeitungen kommentieren die Entscheidung des Europäischen Parlaments, keine EU-weiten Gesundheitstests für Autofahrer einzuführen. Der WIESBADENER KURIER begrüßt den Beschluss: "Es wird künftig weiterhin den EU-Mitgliedsstaaten überlassen bleiben, ob sie Millionen Menschen pauschal auf ihre Fahrtüchtigkeit prüfen möchten. Und die damit einhergehende Bürokratie in Kauf nehmen können. Die verpflichtenden Gesundheitschecks drohten nämlich zum nächsten EU-weiten Bürokratiemonster zu werden."
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz sieht es so: "Mobilität ist zwar ein Grundrecht. Selbst hinter dem Lenkrad zu sitzen, ist es jedoch nicht. Es gibt viele Senioren, die sicher fahren. Sie haben nichts zu befürchten. Doch wer sein Auto nicht mehr sicher beherrscht, ist eine Gefahr für sich und andere. Erfahrungsberichte von Fahrsicherheitstrainern zeigen: Freiwillig geben nur wenige alte Menschen ihren Führerschein ab, die Selbsteinschätzung funktioniert bei vielen leider nicht. Außerdem steigt der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung. Das Problem wird also größer, eine Regelung wäre sinnvoll", vermerkt die FREIE PRESSE.
Der SÜDKURIER aus Konstanz bemängelt: "Jeder Fahrschüler muss sich vor der Ausbildung einem Sehtest unterziehen und jeder Hobbyflieger nach festen Intervallen zum Fliegerarzt. Doch in Deutschland steigen Autofahrer, die nach einhelliger Meinung ihrer ganzen Familie nicht mehr fahrtauglich sind, in ihren Wagen. Wenn die EU bis 2025 die Zahl der Verkehrstoten auf Null bringen will, so wird dieses Ziel von den Deutschen in Brüssel torpediert. Ein Armutszeugnis", urteilt der SÜDKURIER.
Die CDU hat auf sogenannten Regionalkonferenzen in Mainz und Hannover über ihr neues Grundsatzprogramm diskutiert. "Der Entwurf trägt mehr als nur die Handschrift von Parteichef Friedrich Merz", findet die ALLGEMEINE ZEITUNG und führt aus: "Migration? Muss strenger reguliert werden, am besten außerhalb der EU. Wohlstand? Geht nicht ohne Anstrengung. Und erst recht nicht mit einer Vier-Tage-Woche für Arbeitnehmer. Atomkraft? Die Option sollte man sich offen halten. Die CDU unter Merz will wieder merklich konservativer werden. Sie will sich ihr bürgerliches Profil zurück erarbeiten, das unter der Ära Angela Merkel, in den 16 Jahren ihrer Regierungszeit, in gewissen Teilen abhandengekommen war. Und ja, der politischen Kultur und der Parteienlandschaft in Deutschland wird es guttun, wenn eine demokratisch-konservative Kraft künftig wieder mehr konservative Inhalte anbietet", findet die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU analysiert die Chancen von CDU-Chef Merz, die Union als Kanzlerkandidat in die kommende Bundestagswahl zu führen: "Merz, der die K-Frage erst nach den Landtagswahlen im Herbst klären will, hat drei Probleme. Sie heißen Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wo die AfD derzeit in Umfragen führt. Merz droht geschwächt aus den Wahlen hervorzugehen, wenn die in weiten Teilen rechtsextreme AfD stark werden sollte. Immerhin galt er einst als Hoffnungsträger im Kampf gegen die Rechtsradikalen. Der CDU-Chef steht vor einer Herkulesaufgabe: Er muss im Herbst versuchen, möglichst viel Schaden von seiner Person abzuwenden. Konkurrenten bei der Kanzlerkandidatur aus Nordrhein-Westfalen und Bayern warten nur auf den Moment der Destabilisierung."