Montag, 29. April 2024

16. April 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zur Lage in Israel und und zum Klimaschutzgesetz. Zunächst aber geht es um das Abtreibungsrecht.

16.04.2024
Protest: Auf einem handbemalten Schild wird gefordert, den §218 ersatzlos aus dem Strafrecht zu streichen.
Das Abtreibungsrecht ist Thema in den Zeitungen (picture alliance / CHROMORANGE / Michael Bihlmayer)
Eine von der Ampelkoalition eingesetzte Expertenkommission empfiehlt eine Reform der Regeln zum Schwangerschaftsabbruch, eine Abtreibung sollte ihrer Ansicht nach in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft straffrei gestellt werden. DER TAGESSPIEGEL aus Berlin schreibt zur bisherigen Regelung: "Wer innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft nach vorheriger Beratung abtreibt, bleibt zwar straffrei, handelt aber rechtswidrig. Frauen tun also etwas Verbotenes, etwas Strafwürdiges. Damit geht eine Stigmatisierung der Betroffenen einher, die sich ohnehin in einem schweren Gewissenskonflikt befinden. Kaum eine Frau wird einen solchen Abbruch leichtfertig durchführen lassen", glaubt DER TAGESSPIEGEL.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG meint: "Der Vorschlag, den eine Expertinnenkommission im Auftrag der Ampelkoalition erarbeitet und vorgestellt hat, wäre ein moderater Fortschritt. Wenn die Entscheidung für die Schwangere in den ersten zwölf Wochen frei sein soll, dann wäre es nur angemessen, sie auch von dem juristischen Makel der Rechtswidrigkeit zu befreien."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG entgegnet: "Die geltende Regelung im Strafgesetzbuch ist nicht Ausdruck einer patriarchalischen Unterdrückung, sondern ein parteiübergreifender demokratischer Kompromiss, den vor allem eindrucksvolle Parlamentarierinnen durchgesetzt haben. Ziel war, die Rechte der Schwangeren und den Schutz des ungeborenen Lebens möglichst schonend miteinander in Einklang zu bringen. Klar war auch: Die verpflichtende Beratung soll eine Beratung zum Leben sein. Doch im deutschen Wohlfahrtsstaat sieht die Lage anders aus. Trostlos. Der Trend geht eindeutig in Richtung einer Verneinung des Lebensschutzes Ungeborener. Unsere Verfassung verpflichtet dazu, jedes menschliche Leben zu schützen, auch das ungeborene", erinnert die F.A.Z.
Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen kommentiert: "'Könnten Männer schwanger werden, wäre Abtreibung schon längst ein Grundrecht', argumentierten Anfang der 90er Jahre Befürworterinnen einer Fristenlösung. Da ist vermutlich etwas Wahres dran. Frankreichs Männer können zwar auch nicht schwanger werden, dennoch hat die Nationalversammlung in Paris vor etwa einem Monat den Schwangerschaftsabbruch als 'garantierte Freiheit' in seine Verfassung aufgenommen. Geht doch."
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU fürchtet: "Während Frankreich die weibliche Selbstbestimmung stärkt, ist hierzulande die Wiederauflage des Kulturkampfs zum Strafrechtsparagrafen 218 zu erwarten. Dabei würde - sollte der nach den Empfehlungen der Expertenkommission tatsächlich kippen - endlich umgesetzt, was die Weltgesundheitsorganisation und der UN-Frauenrechtsausschuss seit Jahren fordern: dass in Deutschland Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden. Frauen stehe es zu, eigenständig über ihren Körper und ihre Lebensplanung zu entscheiden. Doch das sehen Union, AfD und selbst die FDP anders. Weder hat die Kriminalisierung der Abtreibung jemals geholfen, Abbrüche zu verhindern, noch sind diese nach einer Liberalisierung gestiegen", beobachtet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG mahnt: "Trotz der konstruktiven Ansätze und präzisen Analysen wird das 600 Seiten starke Gutachten keinen gesellschaftlichen Wandel anstoßen können. Die in der Ampel zuständigen Minister verkündeten, dass mit einer kurzfristigen Neuregelung nicht zu rechnen sei. Lisa Paus von den Grünen, Karl Lauterbach von der SPD und Marco Buschmann von der FDP überlassen das Projekt mutmaßlich ihren Nachfolgern. Wenn sich selbst die selbsternannte Fortschrittskoalition nicht an eine Gesetzesänderung herantraut, werden sich verunsicherte Frauen noch sehr lange verunglimpfen lassen müssen", merkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG an.
Die VOLKSSTIMME aus MAGDEBURG kritisiert: "Die anschließenden Aussagen führender Minister hingegen sind nur ein weiterer Schlag gegen Frauenrechte. Man müsse ruhig abwägen, das Thema sei zu ernst, um schnelle Entscheidungen zu treffen, hieß es. Damit werden Tausende Frauen weiter oft lange Wege auf sich nehmen müssen, um die immer kleiner werdende Anzahl an Ärzten aufzusuchen, die dann im Schatten der Bedrohung von selbsternannten Lebensschützern das Recht der Frau auf Selbstbestimmung wahren."
Der Angriff des Iran auf Israel ist Thema in der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG: "Deutlichere Signale an den Iran als bisher sind nötig. Das wäre selbst ohne die jüngsten Ereignisse angebracht. Denn die dort Herrschenden arbeiten seit Jahrzehnten daran, Israel zu vernichten. Dabei geht es nicht um die Menschenrechte der Palästinenser; Menschenrechte interessieren in Teheran nicht. Die deutsche Politik muss das Existenzrecht Israels sichern - und in der Region deeskalierend wirken. Das ist eine komplexere Problemstellung, als sie sich in der Ukraine bietet. Gelingt dies nicht, dann könnten die Folgen verheerend sein", warnt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Der MÜNCHNER MERKUR betont: "'Mit aller Schärfe' verurteilt der Kanzler die 'unverantwortliche und durch nichts zurechtfertigende Attacke'. Wirkungsvoller wäre es, Deutschland würde Irans Revolutionswächter unverzüglich auf die Terrorliste setzen, wovor Außenministerin Annalena Baerbock bisher zurückschreckte, 'feministische Außenpolitik' hin oder her. Auch die Ausweitung der Sanktionen bis hin zum Abbruch der Handelsbeziehungen wäre ein Zeichen, das man in Teheran versteht. Die Zeit der Beschwichtigung muss enden", fordert der MÜNCHNER MERKUR.
DIE TAGESZEITUNG hält fest: "Israel hat jedes Recht, diesen Angriff militärisch zu beantworten - auch wenn Israel mit dem Schlag auf das iranische Konsulat in Damaskus die Lunte gelegt hatte. Der Iran hat nach seinem Angriff deutlich gemacht, dass er zum jetzigen Zeitpunkt an einer Eskalation kein Interesse hat und hat fast schon darum gebettelt, dass Netanjahu seine Raketen in den Silos lässt."
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle (Saale) befindet: "Die Mittelmacht Deutschland ist zu groß geworden, um sich da rauszuhalten. So müssen der Kanzler und seine Außenministerin einerseits deutlichere Signale an den Iran senden. Der iranischen Machtausdehnung muss Einhalt geboten werden."
Die Einigung in der Ampel-Koalition auf ein neues Klimaschutzgesetz beschäftigt die AUGSBURGER ALLGEMEINE: "Immerhin, das Sonntagsfahrverbot ist vom Tisch. Das ist aber schon fast die einzige gute Nachricht, die die Reform des Klimaschutzgesetzes mit sich bringt. Mit dem neuen Gesetz versucht die Bundesregierung vor allem eines - von ihrem eigenen Versagen in der Klimapolitik abzulenken."
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) unterstreicht: "Es hat sich für ihn ausgezahlt, dass Verkehrsminister Wissing einmal laut 'Buh!' gerufen hat. In Wahlkampfzeiten will niemand riskieren, als Verbotspartei dazustehen. Auch ohne Fahrverbote würde ein Strauß an Schikanen auf Autofahrer zukommen, wollte man die Klimaziele im Verkehrsbereich schnell einhalten: Tempolimit, teurerer Sprit, höhere Steuern, Abschaffung des 'Dienstwagenprivilegs'. Doch am Ende ist es egal, wo das CO2 zuerst eingespart wird."
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER bemerkt: "Sicherlich ist es der Umwelt egal, welche Sektoren die Einsparungen an klimaschädlichen Emissionen stemmen, solange nur unter dem Strich der entsprechende Rückgang steht. Und es mag ja durchaus sein, dass zum jetzigen Zeitpunkt in einigen Sektoren der Weg zur Klimaneutralität leichter zu begehen ist. Verteilt man die Verantwortung zur Einhaltung der Klimaziele allerdings auf zu viele Schultern, dann besteht die Gefahr, dass sich am Ende keiner mehr wirklich in der Verantwortung sieht."