Freitag, 03. Mai 2024

20. April 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

In den Kommentaren wird über die gesellschaftliche Mitte debattiert sowie über die Vertragsverlängerung von Fußball-Bundestrainer Nagelsmann. Hauptthema sind aber die Explosionen im Iran, die unter anderem von US-Medien Israel zugeschrieben werden.

20.04.2024
Ein Mann schaut einer Fernsehreporterin in Teheran zu, nachdem das offizielle iranische Fernsehen „massive Explosionen“ in der zentralen Provinz Isfahan bestätigt hat.
Iranische Staatsmedien hatten im Fernsehen über mehrere Explosionen berichtet. (dpa / picture alliance / Fatemeh Bahrami)
"Nun bangt die Welt weiter", meint die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf und fragt: "Wie wiederum wird Iran nun auf Israel antworten? Aktion, Reaktion, Aggression. Die Spirale der Gewalt könnte sich bald so schnell drehen, dass kaum jemand noch in der Lage wäre, sie anzuhalten."
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG sieht das anders: "Wenn es dabei bleibt, dass ein paar Drohnen die Vergeltung Israels für den Großangriff des Irans waren, dann wäre der Konflikt glimpflich abgegangen. Israel würde damit ein Zeichen senden. Zum einen an seinen wichtigsten Partner USA, der intensiv dafür geworben hatte, keine massiven Rachemaßnahmen einzuleiten, weil diese zu einem Großkrieg mit dem Iran führen könnten. Zum zweiten würde Israels Regierung dem Iran zeigen, dass sie seine verletzlichen Stellen genau kennt und diese treffen könnte. Beide Seiten würden damit zur bewährten Taktik der Nadelstiche zurückkehren. Dass der Schlagabtausch so künstlich wirkt, dürfte viel mit Gesichtswahrung vor dem eigenen Publikum zu tun haben. Dass beide Seiten einander das zugestehen, ist ein Fortschritt", betont die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder).
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE erklärt: "Israels kurze Antwort auf die Angriffswelle mit Hunderten von Drohnen und Raketen aus dem Iran hat den Mullahs gezeigt, wie verwundbar ihr Regime ist, ohne den Konflikt dabei weiter eskalieren zu lassen. Nicht zu reagieren, wäre aus israelischer Sicht ein Zeichen von Schwäche gewesen. Punktiert zu reagieren, mit gezielten, kleinen Attacken in der Nähe der strategisch wichtigen Stadt Isfahan, ist dagegen ein Zeichen der Überlegenheit", findet die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
"Kann das gut gehen?", fragt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. "Isfahan ist nicht irgendeine Stadt. Es ist die kulturelle Hauptstadt Irans. Vor allem aber ist Isfahan der Standort zahlreicher offizieller oder geheimer Bauten des angeblich zivilen iranischen Atomprogramms. Auch wenn wohl keine Atomlabore getroffen wurden, war schon die Wahl des Zielorts eine unmissverständliche Drohung."
Die BERLINER MORGENPOST sieht es so: "Israel stellt seine Abschreckung wieder her, die seit der Gründung des Staates in der Region überlebenswichtig ist: Nach dem Terrorangriff der vom Iran unterstützten Hamas am 7. Oktober hat sie noch einmal an Bedeutung gewonnen, weil der Überfall die israelischen Geheimdienste überrascht hatte. Israel durfte und wollte kein weiteres Mal auch nur den Anschein von Schwäche erwecken. Jetzt ist klar, dass die Zeit der Stellvertreterkriege und alten Schattenkriege endgültig vorbei ist. Das macht die ohnehin angespannte Lage in der Region noch brisanter", hält die BERLINER MORGENPOST fest.
Der TAGESSPIEGEL hingegen erklärt: "In der Region gelten andere Regeln als im friedlichen Westeuropa, wo man große Stücke auf weises Konfliktmanagement durch Zurückhaltung hält. Die erneute Anwendung von Gewalt gilt im Nahen und Mittleren Osten nicht automatisch als Zuspitzung. Sie kann, je nach Umfang und Umständen, gerade das gegenteilige Signal enthalten: den klaren Willen, die Eskalation zu vermeiden. Die ersten Reaktionen senden erneut die Botschaft, dass keine Seite eine Ausweitung des Gazakriegs möchte. Der Iran bestreitet, dass es überhaupt einen Angriff von außen gab. Israel schweigt erst mal. Wenn beide Seiten sich weiter besonnen verhalten – besonnen nach den Regeln der Region –, wird die Lage wohl nicht außer Kontrolle geraten", so die Einschätzung des TAGESSPIEGELS aus Berlin.
Themenwechsel. Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, sorgt sich um die Mitte der Gesellschaft: "Die einstigen Volksparteien haben ihre Mitte längst verloren. Die Union dümpelt in Umfragen ebenso vor sich hin wie eine führungslose SPD. Selbst Annalena Baerbock und Robert Habeck, bis zur Bundestagswahl 2021 noch irgendwie Kanzlermaterial, kann man beim Zappeln zusehen. Was für die Politik gilt, gilt auch für die Institutionen. Die Kirchenbänke sind leer. Und auch die Medien erleben eine Vertrauenskrise. Manchmal hat man das Gefühl, die Lebenswelten von Landbewohnern sind diametral anders als die der Städter, die gerne ins vegane In-Lokal gehen und mit dem Lastenfahrrad zur Arbeit fahren. Da ist etwas ins Rutschen gekommen in der Mitte. Die Mitte aber, sie ist das Rückgrat dieses Landes. Sie steht an den Werkbänken, sitzt in den Universitäten, in Büros, an Richtertischen. Sie arbeitet auf ein Leben in finanzieller Sorglosigkeit und politischer Liberalität hin und wünscht sich eine Zukunft für ihre Kinder. Entscheidend ist, dass die einstigen Volksparteien wieder die Lebenswirklichkeit der wankenden Mitte entdecken, diese stärken und vertreten wollen", unterstreicht die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schaut explizit auf die SPD. "Als Olaf Scholz 2021 Kanzler wurde, hätte man vermuten können, dass nun sozialdemokratische Politik gemacht wird. Heute, zweieinhalb Jahre später, zeigt sich: Das war ein Irrtum. Dabei würde mehr Sozialdemokratie dem Land guttun. Die Vermögen sind so ungleich verteilt wie nie, die Armutsquote ist höher denn je. Es ist daher gut, dass sich die SPD anderthalb Jahre vor der nächsten Wahl endlich vornimmt, mehr Profil in der Ampelregierung zu zeigen", heißt es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die Vermögenskonzentration in Deutschland ist ebenso Thema in der LAUSITZER RUNDSCHAU: "Das ist das eigentliche Problem: Einkommen aus Arbeit werden viel stärker belastet als Kapitalerträge oder passiv erlangtes Vermögen wie Geerbtes oder Geschenktes. Gleichzeitig steckt das Vermögen von Familienunternehmen oftmals im Betrieb und ermöglicht Investitionen in die Wirtschaft. Extrem wohlhabende Menschen sollten durchaus stärker belangt werden – doch es braucht dafür ein Gesamtkonzept. Ein Steuersystem, das Arbeit geringer besteuert und Vermögen stärker, gleichzeitig allerdings Unterschiede zwischen Betriebs- und Privatvermögen macht, um die Wirtschaftstreiber nicht zu erdrosseln. Die letzte umfassende Steuerreform ist fast 20 Jahre her", erinnert die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG sieht das Thema anders: "Ran an die Reichen, lautet der Schlachtruf. Von drei Seiten kommt er. Private Organisationen kritisieren mit einer selbst gebastelten Studie, selbst die Schweizer besteuerten Milliardäre stärker als die Deutschen. Brasiliens Finanzminister beschwört die Idee einer supranationalen Supersteuer für Superreiche. Die Linkspartei will die Vermögensteuer wiederbeleben, um Superreiche fair an der Finanzierung des Staates zu beteiligen. Nun kann man lange streiten, was gerecht ist. In Deutschland müssen Gutverdiener weiterhin Soli zahlen. Die Vermögensteuer erhebt Deutschland wie viele andere Länder nicht mehr, weil eine gleichmäßige Besteuerung nicht zu garantieren ist. Alles in allem reicht die Steuerlast für Reiche aus - zumindest hierzulande", ist die F.A.Z. überzeugt.
Zum Schluss ein Blick in die Sportwelt: Der Vertrag von Julian Nagelsmann als Fußball-Nationaltrainer ist vorzeitig verlängert worden. Die STUTTGARTER NACHRICHTEN unterstreichen: "Damit hat der DFB seinen Wunschkandidaten gebunden, noch ehe die Heim-EM am 14. Juni beginnt. Das ist schlau, weil Nagelsmann aktuell die beste Wahl auf dem Trainermarkt ist - Jürgen Klopp ist ja nicht zu haben. Zudem werden die Diskussionen über ein weiteres Engagement nicht in das Turnier hineingetragen."
Und DIE GLOCKE aus Oelde schreibt: "Für den DFB ist die Verlängerung ein Erfolg - und ein Fingerzeig: Der begehrte Jungtrainer bekennt sich trotz mehrerer attraktiver Angebote zum Verband. Er demonstriert damit, dass er mit der deutschen Fußballnationalmannschaft unabhängig vom Abschneiden bei der EM noch einiges vor hat."