Montag, 06. Mai 2024

24. April 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Ein Thema ist der Spionagevorwurf gegen einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Krah. Außerdem geht es um die Studie "Jugend in Deutschland" und um die Pläne der britischen Regierung, Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben.

24.04.2024
Der AfD-Politiker Maximilian Krah sitzt an einem Tisch, im Hintergrund ist in der Unschärfe eine weiterer Person erkennbar.
In Bedrängnis: der AfD-Politiker Maximilian Krah (picture alliance / dpa / Guido Kirchner)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG meint zu dem Spionagefall: "Maximilian Krah ist neben Russland vor allem China zugetan und betreibt eine engagierte Öffentlichkeitsarbeit im Sinne Pekings. Dass nun ein enger deutsch-chinesischer Mitarbeiter Krahs unter Spionageverdacht festgenommen wurde, passt ins Bild. Sollten sich Berichte bestätigen, dass der Spitzenkandidat für die Europawahl schon seit 2023 von diesem Verdacht wusste, müsste die AfD eigentlich handeln, anstatt ahnungslose Wagenburg zu spielen. Die in Teilen rechtsextreme Partei wird so zunehmend zum Sicherheitsrisiko für Deutschland", schreibt die F.A.Z.
Die PASSAUER NEUE PRESSE ergänzt: "Maximilian Krah reiste wiederholt nach China, stellte die Internierungslager für Uiguren in Frage und sieht Taiwan als einen Teil der Volksrepublik an. Chinas Führung gefällt diese Position. So einen 'Freund' haben sie in Peking gerne. Bereits mehrere internationale Recherchen haben gezeigt, wie das Europaparlament als Einfallstor für ausländische Einflussnahme genutzt wird – immer wieder traten dabei Rechtspopulisten in den Fokus. Sie dienen als Handlanger ausländischer Akteure, die somit leichter in die Nationalstaaten hineinwirken können", erläutert die PASSAUER NEUE PRESSE.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg führt aus: "Krah selbst verortet sich innerhalb der AfD als stramm rechts und gilt als Anhänger völkischer Ideologie. China, das sich sozialistisch schimpft, aber in Wahrheit totalitär-nationalistisch aufgestellt ist, passt da als Vorbild ins Muster. Ist es ein Zufall, dass fast zeitgleich mit dem aktuellen Spionage-Verdachtsfall sich auch die Hinweise erhärten, wonach der AfD-Bundestagsabgeordnete und EU-Kandidat Petr Bystron nicht nur Propaganda für Russland gemacht haben, sondern dafür auch noch gut bezahlt worden sein soll? Die AfD wäre gut beraten, nicht nur alles zur Aufklärung der in Rede stehenden Straftaten beizutragen, sondern endlich auch ihr Verhältnis zu den Diktaturen unserer Zeit zu klären", findet die BADISCHE ZEITUNG.
"Der Fall des Europaparlamentariers Krah ruft selbst in der AfD Unmut hervor", bemerkt der KÖLNER STADT-ANZEIGER. "Jian G. – ein deutscher Staatsbürger chinesischer Herkunft – war offenkundig mehr als ein einfacher Mitarbeiter Krahs. Die beiden Herren gingen, nach allem, was man weiß, eine Art Symbiose ein: persönlich und politisch. Die Annahme, der Chef habe vom mutmaßlichen Treiben seines Angestellten nichts gewusst, ist lebensfremd. Was von der AfD zu halten ist, wird jedenfalls erneut offenkundig. Die Partei, die immer vorgibt, vorrangig das Wohl des eigenen Landes im Blick zu haben, versteht sich auf Landesverrat wie keine andere", heißt es im KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Und die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster fragen nach dem angemessenen Umgang mit der AfD: "Ja, es war wohltuend zu sehen, dass nach dem Bekanntwerden des Geheimtreffens von Potsdam Hunderttausende auf die Straße gingen, um gegen die radikalen Rechten zu demonstrieren. Geschadet hat es der Partei aber nicht. Schaden werden ihr auch all die anderen Skandale nicht. Die momentane Stärke der AfD allein mit der Schwäche der Ampel zu begründen, greift zu kurz. Gefunden werden muss vielmehr die Antwort auf folgende Frage: Was genau muss passieren, damit die Gesellschaft in Gänze erkennt, dass die AfD ist, was sie letztlich ist? Unwählbar." So weit die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU befasst sich mit der Studie "Jugend in Deutschland 2024": "Wer aus der Studie nur das Negative herausliest, sollte nicht vergessen: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, deutet mit dreien auf sich. Es stimmt zwar, dass viele Befragte depressiv und erschöpft sind, sich keine Illusionen über die Zukunft machen und zu allem Überfluss 20 Prozent AfD wählen würden. Doch unterscheiden sie sich damit kaum von Älteren. Unterschlagen werden sollte nicht, dass die Generation Z politisch und engagiert ist, ihnen Probleme wie Klimawandel, ökonomische Entwicklung und die Kriege gegen die Ukraine sowie zwischen Israel und Hamas nicht fremd sind. Sie verweigern sich also nicht. Allerdings haben sie nicht auf alles Antworten oder Lösungen. Die werden gerade entwickelt. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass dies nicht die Aufgabe des Nachwuchses alleine ist", betont die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG sieht es so: "Eine in weiten Teilen abgehängte Generation droht auf lange Sicht jede Gemeinschaft zu sprengen. Jugendämter pfeifen personell und finanziell aus dem letzten Loch. Kindergärtnerinnen und Lehrkräfte arbeiten am Rande des Nervenzusammenbruchs. Bildungswege hängen hierzulande immer noch maßgeblich von der Herkunft ab. Einmal in der Prekariatsfalle, gibt es kaum ein Entrinnen. Dass wir unser Land vor äußeren Bedrohungen beschützen müssen, ist inzwischen in Politik und Gesellschaft angekommen; dafür ist man bereit, viel Geld in die Hand zu nehmen. Eine solche Einsicht wünschte man sich auch mit Blick auf eine Generation, die sich oftmals schon heute um die Zukunft betrogen fühlt", unterstreicht die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die Abschiebepläne der britischen Regierung kommentiert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder): "Man hat sich mittlerweile an den Aberwitz gewöhnt. Menschen, die nach Großbritannien wollen, sollen in ein ostafrikanisches Land ausgeflogen werden, das dafür Geld bekommt. Das Land heißt Ruanda und ist kleiner als Belgien. Flüchtlinge und Migranten aus aller Welt sollen dort Asyl beantragen. Dabei ist absehbar, dass das Ruanda-Menschen-Experiment keinesfalls die illegale Migration eindämmen wird. Sie wird nur noch illegaler. Alle, die auch hierzulande davon träumen, wirkliche oder vermeintliche Migrationsprobleme exportieren zu können, sollten den Briten beim Scheitern gründlich zusehen", empfiehlt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle kommt zu einem anderen Schluss: "Kritiker sprechen von einem inhumanen, zynischen Deal. Doch was dessen Umsetzung für die Betroffenen bedeutet, hängt von vielen Details ab. Als Unterkünfte hält Ruanda ansehnliche Gästehäuser bereit. Die Hauptstadt Kigali gilt als eine der sichersten Metropolen in Afrika. Und anders als andere afrikanische Staaten bietet Ruanda Einwanderern Zugang zum Arbeitsmarkt. Wieso also sollte nicht auch ein afrikanisches Land Flüchtlingen Schutz bieten?", fragt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ist zu lesen: "Die britische Regierung investiert absurd viel Zeit, Energie und Geld in ein Vorhaben, an dessen Erfolg man zu Recht zweifeln sollte. Für Rishi Sunak geht es nicht um mittel- oder gar langfristige Maßnahmen. Der Kampf um Leben und Tod im Kanal ist für Sunak vor allem ein Wahlkampfvehikel, ein Slogan – 'Stop the boats' -, den er auf sein Rednerpult schreiben lässt. Die Einschätzung, dass die Wähler Flüge nach Ruanda mit einem Kreuz an der richtigen Stelle belohnen, könnte ein Irrtum sein. In Umfragen war zuletzt eine Mehrheit skeptisch, dass der Ruanda-Plan funktioniert, wohlgemerkt: eine Mehrheit der Tory-Wähler", hebt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hervor.
Die TAZ bezeichnet die britischen Pläne als "unsinnig", gibt aber zugleich zu bedenken: "Wer sich in Europa empört, darf nicht vergessen: Es geht in Großbritannien um Menschen, die aus der EU geflohen sind. Warum bleiben die Leute denn nicht in Frankreich oder den anderen europäischen Staaten? Könnte es mit Frankreichs systematischer Polizeigewalt gegen Schwarze und Araber zu tun haben? Mit dem Umstand, dass Asylsuchende in vielen Ländern Europas weitaus schlechter behandelt werden als in Brexit-Großbritannien? Wer den Ruanda-Deal kritisiert, sollte im britisch-ruandischen Asylpartnerschaftsabkommen das Kleingedruckte über den korrekten Umgang mit Asylanträgen lesen. Und dann dafür sorgen, dass das nicht nur in Ruanda, sondern auch in Europa Standard wird."