Sonntag, 19. Mai 2024

08. Mai 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zum Deutschen Ärztetag in Mainz und zu Russlands Präsident Putin, der seine fünfte Amtszeit offiziell angetreten hat. Doch zunächst geht es um das Grundsatzprogramm, das die Delegierten des CDU-Bundesparteitags in Berlin einstimmig beschlossen haben.

08.05.2024
Friedrich Merz und Carsten Linnemann heben Stimmkarten in die Höhe.
Der Vorsitzende Friedrich Merz (r.) und Generalsekretär Carsten Linnemann bei einer Abstimmung auf dem CDU-Bundesparteitag in Berlin. (dpa / Kay Nietfeld)
Die TAGESZEITUNG führt aus: "Die CDU will schrittweise die Wehrpflicht wieder einführen und klammert sich an die Atomkraft. Die gravierendste Kursänderung betrifft Migration. Deutschland soll sich mit einem Ruanda-Modell Flüchtlinge vom Leib halten. Und Ausländer, die hierzulande leben, sollen sich gefälligst zu einer deutschen Leitkultur bekennen, von der niemand sagen kann, um was es sich dabei genau handelt. All das riecht streng nach gestern. Die Post-Merkel-Partei träumt 2024 in ihrem Grundsatzprogramm von einem Land, das es schon mal gab: die Bundesrepublik der Kohl-Ära, mit Atomkraftwerken, Wehrpflicht und Ausländern, die man auf Distanz hält. Die Union bewegt sich unter Friedrich Merz nach rechts. Nicht ruckartig, aber deutlich", bilanziert die taz.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG argumentiert: "Das verpflichtende Gesellschaftsjahr und die Wiedereinführung der Wehrpflicht, eine Kehrtwende in der Migrationspolitik und eine Abgrenzung zum politischen Islam sind die markantesten Änderungen, die der neuen CDU ein konservatives Profil zurückgeben. Dass sie sich außerdem mutig an der Formulierung einer Leitkultur versucht, die nicht ausgrenzt, sondern einen Minimalkonsens einer vielfältigen Gesellschaft formuliert, ist in einer Zeit der Verunsicherung und Spaltung aller Ehren wert und keineswegs lächerlich. Die CDU markiert damit ihren Anspruch, eine Volkspartei zu sein, die auf gesellschaftlichen Zusammenhalt setzt. Das ist das Gegenteil von Populismus", meint die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
In einem Leitartikel bemerkt DIE ZEIT mit Blick auf die frühere Bundesvorsitzende Merkel: "Die Mittigkeit der CDU unter Merkel war das Resultat von gutmütigem Desinteresse der Chefin an ihrer Partei, von Konfliktvermeidung, von 'asymmetrischer Demobilisierung'. Unter Merz ist sie hart erkämpft. Zwei Jahre lang hat die Partei sich nichts geschenkt, nicht einmal das 'C' war mehr selbstverständlich. Trotzdem harren einige Themen noch weiterer Häutungen. Die CDU besteht auf einer besonderen deutschen Kultur, die über das Grundgesetz hinausgehe; was genau das sein soll, ist immer noch unklar. Die Passagen zum Islam, aufgeschrieben zum Teil in den Wochen nach dem Überfall der Hamas auf Israel, sind von einer neuen Kühle und Alarmiertheit, die nach den Demonstrationen für ein Kalifat in Hamburg zuletzt aber auch bei 'Merkelianern' nicht mehr auf Protest stießen. Dass die politischen Spielarten des Islams ein Sicherheitsrisiko darstellen, darf im Programm einer konservativen Partei ruhig stehen", urteilt DIE ZEIT.
Der SÜDKURIER aus Konstanz gibt zu bedenken: "2011 wurde das Feigenblatt einer 'Aussetzung' der Wehrpflicht gebraucht, so als könne man sie von heute auf morgen wieder aktivieren. Das ist unrealistisch. Die damals aufgelösten Strukturen für die Wehrpflicht gibt es nicht mehr, sie müssen wieder aufgebaut werden, genauso wie ein erneuerter Zivildienst organisatorisch abzusichern ist. Von einem Parteitag bis in die Kasernen, Kliniken oder Pflegeheime ist es also ein steiniger Weg – und ein kostspieliger dazu", hebt der SÜDKURIER hervor.
Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen findet, CDU-Chef Merz verbinde mit dem 70-seitigen Grundsatzprogramm zwei naheliegende Ziele: "Es soll zum einen als Signal nach innen wirken – Stichwort Selbstvergewisserung –, zum anderen als Orientierung für alle, die sich überlegen, die CDU zu wählen. Anders als Parteien, die auf eine bestimmte Wählerklientel festgelegt sind, stellt sich für die CDU als Volkspartei die große Herausforderung, eine Klammer zu setzen um ein großes bürgerliches Lager."
Themenwechsel. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG geht ein auf den Deutschen Ärztetag: "Der Stil ist etwas versöhnlicher geworden zwischen der Ärzteschaft und dem Gesundheitsminister. Obgleich sich einige protestierende Heilberufler vor den Toren des Ärztetags in Mainz dem Gespräch mit Karl Lauterbach (SPD) auf unrühmliche Weise verweigerten, ging man drinnen doch aufeinander zu. Einig ist man sich zum Beispiel beim Bürokratieabbau und im Kampf gegen 'investorengetriebene Medizinische Versorgungszentren'. Diese pauschal abzulehnen ist jedoch fahrlässig. Junge Ärzte sind oft nur zu gewinnen, wenn man sie von hohen Praxisinvestitionen entlastet, wenn man ihnen ein Angestelltenverhältnis und Teilzeitmodelle anbietet. Das ermöglichen diese Versorgungszentren und sorgen so dafür, dass die ambulanten Ärzte- und Versorgungslücken nicht noch größer werden", unterstreicht die F.A.Z.
Die WIRTSCHAFTSWOCHE äußert sich zu Ärztepräsident Reinhardt, der Steuervorteile für aktive Mediziner im Rentenalter verlangt: "Womöglich können steuerliche Anreize tatsächlich helfen. Doch steuert Deutschland nicht auf einen allgemeinen Fachkräftemangel zu? Fehlen uns nicht auch Erzieher und Betreuerinnen in den Kindertagesstätten, Altenpfleger, Sanitärfachkräfte und Informatiker? Selbst wenn deren Altersschnitt nicht so hoch wie bei den Ärzten ist, können steuerliche Anreize auch hier nicht schaden. Berufsschullehrer sind übrigens auch überdurchschnittlich alt."
Die STUTTGARTER ZEITUNG dagegen ist sich sicher: "Mit Steuerrabatten für Hausärzte im Ruhestand würde nur an Symptomen herumgedoktert. Das mag dem Patienten Gesundheitssystem vielleicht kurzfristig Linderung verschaffen. Doch was es wirklich braucht, sind strukturelle Reformen, die über die bisherige Flickschusterei hinausgehen. Schließlich hakt es auch an vielen anderen Stellen – etwa bei den Kliniken oder in der Pflege."
Der Ärzteberuf müsse grundsätzlich wieder attraktiver werden, betont die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG: "Das bedeutet vor allem: Konsequenter Abbau von Bürokratie, die die Zeit raubt, die den Patienten gehören sollte. Gebraucht werden zudem mehr Medizinstudienplätze, wobei die Ausbildung zugleich reformiert und verbessert werden sollte. Nicht zuletzt muss der Strom der Patienten effizienter gesteuert werden. Das wird für viele Bürger bedeuten, dass sie sich von gewohnten Freiheiten verabschieden müssen. So kostet es viel Geld, wenn Menschen nach Gutdünken zum Facharzt gehen, obwohl sie mit ihrem Leiden beim Hausarzt gut aufgehoben wären. Da könnte die Politik beispielsweise ansetzen", empfiehlt die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
Nun noch Stimmen zu Russlands Präsident Putin, der seine fünfte Amtszeit offiziell angetreten hat. In der Zeitung DIE WELT lesen wir: "Es ist auf den ersten Blick nichts weniger als deprimierend, Putins Russland im Jahr 2024 zu sehen. Der ehemalige KGB-Offizier hat die – weitgehend rechtsfreie und korrupte – 'Demokratie' der 1990er-Jahre nahtlos in eine Autokratie und dann in eine Diktatur überführt. Er hat den Kalten Krieg zurückgebracht – und dann zu einem heißen Angriffskrieg gegen den Westen eskaliert, inklusive nuklearer Drohungen. Wer die Inauguration mit prunkvollen Kreml-Sälen, der alten sowjetischen Hymne und den feindseligen Reden verfolgt hat, kann nur zu einem Schluss kommen: Mit diesem Wladimir Putin ist keine Verständigung möglich", notiert DIE WELT.
Die BERLINER ZEITUNG beobachtet: "Ein angebliches Rekordergebnis bei den Scheinwahlen im März im Rücken, inszeniert sich Putin mit großem Selbstbewusstsein und ebenso großer Siegesgewissheit. Russland als Weltstaat, der im Schulterschluss mit China eine neue Weltordnung baut und dem Westen scheinheilig einen Dialog anbietet. Glaubt er wirklich selbst daran?"
Die LEIZPIGER VOLKSZEITUNG analysiert: "All die Lügen, die in diesen Tagen Putins Stärke unterstreichen sollen, sind in Wahrheit Hinweise auf seine Schwäche. Der gelernte KGB-Offizier glaubte an George Orwells Diktum, dass die Lüge, wenn sie mit aller Macht verbreitet wird, irgendwann 'in die Geschichte eingeht und zur Wahrheit wird'. Genau dieses Denken könnte dem russischen Staatschef früher oder später politisch das Genick brechen." Das war zum Ende der Presseschau die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.