
Bei einem Luftangriff Israels auf Rafah im südlichen Gazastreifen sind Dutzende Menschen in einem Flüchtlingslager ums Leben gekommen. Dazu schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Es ist zu befürchten, dass die toten palästinensischen Zivilisten nicht die letzten gewesen sind. Statt nach dem 'tragischen Fehler' die Strategie zu wechseln, lässt Netanjahu seine Armee in Rafah weiter auch die letzten Kämpfer der Hamas jagen. Er ignoriert damit nicht nur weiter die Warnungen seiner Verbündeten, sondern setzt die Sympathien all jener aufs Spiel, die nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober Israel unterstützten. Die Hamas wird jedenfalls kaum noch kritisiert - etwa für die jüngsten Raketenangriffe auf Tel Aviv. Oder dafür, die Menschen in Gaza als Schutzschilde zu benutzen, oder für den Überfall am 7. Oktober, mit dem alles begann und weshalb sie mitverantwortlich ist für das Leid der Zivilisten", beobachtet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG notiert: "Auch diese Toten hätten sehr einfach vermieden werden können, wenn Israels Regierung auf die Offensive auf Rafah verzichtet hätte. Die Zahl der Toten steht längst in keinem Verhältnis mehr zum Versuch, auch noch den letzten Hamas-Kämpfer zu erwischen. Der Wunsch lässt sich nachvollziehen. Aber der Hass und die Verzweiflung der Palästinenserinnen und Palästinenser, aus denen die Hamas ihre Kraft bezieht, werden nicht besiegt, wenn tote Zivilistinnen und Zivilisten dabei als bedauerlicher Kollateralschaden abgetan werden. Im Gegenteil. Es gibt viel Tragik in dieser Auseinandersetzung und viele Fehler", urteilt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG merkt an: "Nach sieben Monaten Krieg blickt die Welt nun erschüttert auf einen verheerten Streifen Land und kann es nicht fassen, dass sogar ein als Schutzgebiet ausgewiesenes Lager von der israelischen Armee attackiert wurde. Und das, nachdem das Weltgericht der Vereinten Nationen in Den Haag gefordert hatte, den Angriff auf Rafah sofort einzustellen. Die Isolation, in die Premier Netanjahu Israel hineintreibt, wird besonders deutlich in der Anerkennung Palästinas als eigener Staat. Vorerst hat der Schritt von Spanien, Irland und Norwegen nur symbolische Bedeutung. Langfristig jedoch könnte die Hamas profitieren. Vor allem, wenn weder die arabischen Staaten noch andere dazu bereit sind, den Gazastreifen in der Wiederaufbauphase zu verwalten. Hamas füllte dieses Vakuum schon einmal. Israel läuft deshalb Gefahr, in einem ungerechten Krieg seine Feinde zu stärken", meint die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder sieht es so: "Spanien, Irland und Norwegen wollen durch ihre diplomatische Anerkennung Palästinas nach eigener Beteuerung einem möglichen Friedensprozess mit der Aussicht auf eine Zweistaatenlösung den Weg ebnen. Es ist unübersehbar, dass eine Anerkennung Palästinas zum jetzigen Zeitpunkt wie eine Bestätigung der Terrorstrategie der Hamas wirkt. Schließlich haben deren Planer mit dem Massaker vom 7. Oktober und der einkalkulierten martialischen Reaktion der Israelis genau auf solche internationalen Solidarisierungseffekte gesetzt."
Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz hält fest: "Die Anerkennung Palästinas als Staat ist ein weitgehender, verständlicher Schritt. Moralisch erscheint dieser sogar geboten. Politisch aber ist er ausgesprochen heikel. Die Initiativen von Irland, Norwegen und Spanien sind ein deutlicher Appell, nach Wegen zu suchen, die aus der Gewaltspirale herausführen. Dennoch ist der Zeitpunkt sehr schwierig. Die Islamisten werden eine Anerkennung Palästinas als Bestätigung ihres Vorgehens begreifen – und auch als solches politisch zu vermarkten versuchen. Derzeit mag man sich ja noch vorstellen können, einen gemäßigten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas als Staatsgast zu empfangen. Doch wie anders wird das sein bei einem Führer der Hamas – einer Bande von Schergen, die völlig zu Recht auf der EU-Liste der Terrororganisationen steht", unterstreicht die ALLGEMEINE ZEITUNG.
Themenwechsel. Frankreichs Präsident Macron hat in Münster den Westfälischen Friedenspreis verliehen bekommen. Die Laudatio hielt Bundespräsident Steinmeier. "Eng umschlungen stehen sie im Festsaal", ist in den WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster zu lesen: "Arm in Arm spazieren sie zum Mittagessen. Beim Abschied drücken sich 'cher Frank' und der 'liebe Emmanuel'. Viel demonstrativer lässt sich die Botschaft dieses Staatsbesuchs nicht präsentieren: Zwischen Berlin und Paris passt – allen Unkenrufen zum Trotz – kein Blatt. Steinmeiers Umarmungsoffensive soll die kalte Schulter vergessen machen, die Bundeskanzler Scholz Frankreichs Staatspräsident viel zu oft zeigt."
"Präsident Macron hat es geschafft, während seines Staatsbesuchs in Deutschland Begeisterung für Europa auszulösen", heißt es in der RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz: "Da schmerzt es umso mehr, wenn nach den vielen schönen Bildern, den zuversichtlichen und ergreifenden Worten doch schnell wieder deutlich wird, dass Bundeskanzler Scholz und Macron oftmals nicht auf einer Linie sind und vorrangig nationale Interessen vertreten. Insbesondere in der auch von Macron so hervorgehobenen Verteidigungspolitik gibt es schon seit sehr vielen Jahren Frust auf beiden Seiten. Nach dem Staatsbesuch wird mit dem deutsch-französischen Ministerrat in Meseberg daher rasch wieder politischer Realismus vorherrschen. Es wäre wünschenswert, wenn Scholz und Macron mal einen wirklich mutigen Schulterschluss ohne Sticheleien im Klein-Klein wagen, um Europas Probleme anzugehen", findet die RHEIN-ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG bemerkt: "Zum Legitimitätsverlust der EU, den die mittlerweile praktisch überall starken Rechtspopulisten befeuern, hat in nicht geringem Maße das Auseinanderfallen von Reden und Handeln geführt. Das betrifft gerade auch das deutsch-französische Verhältnis, dem nicht nur Staatsbesuche gut bekommen, sondern vor allem ein gemeinsames Vorgehen. Europäische Lösungen waren in der Ukraine oft zu schwach oder kamen zu spät. Dabei wussten die Europäer schon nach den Balkankriegen, dass sie sich selbst um ihre Sicherheit kümmern müssen. Manchmal sind es die kleinen Staaten, die vormachen, wie man zu Macrons 'mächtigem und souveränem Europa' kommt. Belgische Politiker werden selten zu großen Reden nach Deutschland eingeladen oder erhalten hier Preise. Aber das Land sagte der Ukraine jetzt dreißig F-16-Kampfflugzeuge zu." So weit die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Nun zur Wehrpflicht-Debatte. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG erläutert: "Ein Wort meidet Boris Pistorius in diesen Tagen: Wehrpflicht. Zu betrachten ist ein Minister, der sich tatkräftig wie eh und je gibt – aber gerade erleben muss, wie ihn seine Partei politisch einmauert. Da dankt ein Generalsekretär Kevin Kühnert dafür, dass der Minister das SPD-Präsidium habe teilhaben lassen 'an seinen Gedanken und Erwägungen zu diesem Thema'. Doch die Erwägungen zu diesem Thema gingen schon einmal deutlich weiter im Bundesministerium der Verteidigung. Nun hat Pistorius im SPD-Präsidium skizziert, dass er – lieber erst nach derEuropawahl – wohl nur ein Modell vorlegen wird, das mit mehr Anreizen wie einem kostenlosen Führerschein bei der Bundeswehr mehr junge Leute anlocken soll. Pistorius wird so kaum die Personal- und Reservistenprobleme der Truppe lösen", ist sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sicher.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE wirft ein: "Nun soll die Bundeswehr also attraktiver werden, um Freiwillige anzulocken – mal wieder. Kostenloser Führerschein, leichterer Zugang zu Studienfächern, Rabatte bei Studentenkrediten – nichts an diesen Anreizen ist falsch. Allerdings haben ähnliche Ideen in der Vergangenheit wenig gebracht." Das war zum Ende der Presseschau die AUGSBURGER ALLGEMEINE.