13. Juni 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert wird neben den von der EU angedrohten Strafzöllen für E-Autos aus China vor allem das neue Wehrdienstmodell, mit dem Verteidigungsminister Pistorius die Bundeswehr stärken will.

Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, kommt in den Verteidigungsausschuss des Bundestages für die Vorstellung der Pläne zu einem neuen Wehrdienst.
Verteidigungsminister Pistorius stellt Pläne zu einem neuem Wehrdienst vor (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
Dazu meint die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf: "Pistorius versucht, die Lücken bei der Bundeswehr mit Freiwilligen zu schließen. Junge Männer will er zwar dazu verpflichten, in einem Fragebogen Auskunft über ihre Bereitschaft und ihre Fähigkeit zum Dienst zu geben und sich auch mustern zu lassen. Eine Pflicht zum Dienst aber leitet sich daraus nicht ab. Das langfristige Ziel des Verteidigungsministers: Eine Personalstärke der Bundeswehr von 460.000 Soldaten - 203.000 im stehenden Heer, der Rest in der Reserve. Und einen Überblick, wen man im Verteidigungsfall eigentlich mobilisieren könnte", bemerkt die RHEINISCHE POST.
Aus Sicht der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ist es ein Schritt in die richtige Richtung, aber ein Trippelschritt: "Wer Wehrdienst leisten will, kann das tun, niemand muss es aber. Nur ihrer Erfassung, einem Fragebogen und gegebenenfalls einer Musterung können sich junge Männer nicht entziehen; für Frauen ist selbst die Antwort auf den Fragebogen freiwillig. Pistorius begrenzt mit seinem Plan den Aufwand, damit auch die Kosten. Das kommt Scholz entgegen, der schon Mühe hat, die unterversorgte Bundeswehr an anderer Stelle zu unterstützen, um noch krassere Mängel zu beheben als fehlenden Nachwuchs", ist in der F.A.Z. zu lesen.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG betont, dass Wehrpflicht ja nicht den Zwang zum Militärdienst bedeute: "Im Grundgesetz ist festgeschrieben, dass niemand gegen sein Gewissen zum Dienst an der Waffe gezwungen wird; und daran darf sich auch nichts ändern. Einen Jahrgang verpflichtend zu mustern und ihm ähnlich wie in Schweden entsprechende Dienstmöglichkeiten aufzuzeigen, ist deshalb ein gangbarer Weg. Zudem sollte die Politik nicht auf halbem Weg stehen bleiben und auch Frauen in die Pflicht nehmen. Dazu wäre zwar eine Änderung des Grundgesetzes nötig. Wer aber einer 'Zeitenwende' – und der Gleichbehandlung der Geschlechter – gerecht werden will, muss entsprechend Mut zur Veränderung haben", hebt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG hervor.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz kritisiert: "Es ist ein Dämpfer für Pistorius, dass der Kanzler und die SPD ihm nicht mehr Spielraum gegeben haben. Doch auch wenn Light-Produkte nicht jedem schmecken, haben sie gelegentlich doch auch ihren Sinn. Eine allgemeine Dienstpflicht, die vielen gesellschaftlich wünschenswert erscheint, hätte auch große Nachteile. Ganze Jahrgänge ein Jahr verspätet ins Berufsleben starten zu lassen, wäre für die Volkswirtschaft teuer und könnte in Zeiten des Fachkräftemangels eine Wachstumsbremse sein", schreibt die FREIE PRESSE.
Für die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg ist es fraglich, ob das Konzept sein Ziel erreicht: "Derzeit tun 181.000 Soldaten Dienst. Tendenz: sinkend. Angestrebt sind 203.000 Männer und Frauen im Jahr 2031. Nato-Experten fordern sogar 272.000 Bundeswehr-Angehörige. Um diese Zahlen zu erreichen, ist eine allgemeine, gerechte Dienstpflicht für Männer und Frauen, bei der man sich für den Einsatz in der Pflege, im Rettungsdienst, im ökologischen wie auch sozialen Bereich oder eben in der Bundeswehr entscheiden muss, angesagt. 20.000 bis 25.000 Soldaten sind jedes Jahr zu rekrutieren, damit Deutschland potenzielle Gegner glaubhaft abschrecken und sich im Ernstfall effektiv verteidigen kann. Diese Zahl muss Pistorius erreichen. Appelle allein werden nicht ausreichen", ist sich die SCHWÄBISCHE ZEITUNG sicher.
Ähnlich sieht es die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle, gibt aber zu bedenken: "Nötig wäre eine allgemeine Dienstpflicht mit militärischer und ziviler Variante. Die Bundeswehr hat aber gar nicht mehr die Kapazitäten, um ganze Jahrgänge zu ziehen. Und zusätzlich hat die Europawahl gezeigt, wie tief der Frust vieler Junger sitzt – auch ohne Zwangsdienst. In der Ampel-Koalition will ohnehin kaum jemand eine Dienstpflicht. Entweder folgen also nach der nächsten Wahl energische Schritte hin zu einer Gewinnung von militärischem Nachwuchs. Oder Deutschland verliert dramatisch an Verteidigungsfähigkeit, was sich angesichts der Aggressivität des russischen Präsidenten Putin bitter rächen könnte", vermutet die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.
"Eine moderne Armee ist nicht zwangsläufig eine möglichst große, sondern eine möglichst fähige", unterstreicht die AUGSBURGER ALLGEMEINE: "In einem Eurofighter, zum Beispiel, sind 27 Kilometer Kabel und Dutzende von Computern verbaut. Um solche Flugzeuge in Schuss zu halten, um der wachsenden Bedrohung im Cyberraum zu begegnen oder einen mit anderen Fahrzeugen und Einheiten vernetzten Panzer der neuesten Generation in ein Gefecht zu steuern, braucht die Bundeswehr Spezialisten. Darauf zu vertrauen, diese wie früher aus einem Heer von Wehrpflichtigen rekrutieren zu können, wäre naiv. Je anspruchsvoller die Aufgaben, desto größer der Wettbewerb um die besten Köpfe – und in diesem Wettbewerb muss die Bundeswehr heute vor allem eines sein: ein attraktiver Arbeitgeber", hält die AUGSBURGER ALLGEMEINE fest.
Zu den von der EU angedrohten Strafzöllen von bis zu 38,1 Prozent auf Elektroautos aus China heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG: "Grundsätzlich ist es so: Zölle bedrohen den Wohlstand, sie hemmen den Welthandel und machen Produkte teurer. Trotzdem ist die Entscheidung aus Brüssel richtig. Denn im Fall von China geht es nicht primär darum, den Handel zu erschweren, sondern um knallharten Wettbewerb. Eben dieser Wettbewerb ist alles andere als fair. Das hat die EU-Kommission klar benannt: China, die erfolgreichstePlanwirtschaft der Welt, fördert die Entwicklung und den Bau von E-Autos massiv mit staatlichem Geld. Brüssel hat diese Subventionen untersucht, und das Ergebnis ist eindeutig: Die Regierung in Peking hat der heimischen Autoindustrieunfaire Wettbewerbsvorteile verschafft. Darauf muss Europa reagieren," verlangt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Auch DIE TAGESZEITUNG - TAZ - hält die Reaktion der EU grundsätzlich für richtig: "Europa muss sich gegen die unfaire Subventionspraxis Chinas schützen, wenn seine Autoindustrie überleben soll. Mit 200 Milliarden Euro jährlich pampert Peking seine Unternehmen. Nicht so der Westen. Hier ist das gerade für die Autoindustrieverpönt – und wäre mit einem von der Schuldenbremse stranguliertenBundeshaushalt auch nicht machbar. Es gibt sogar positive Auswirkungen vonChinas Staatsknete: Sie sorgt für relativ günstige Solarpanels fürhiesige Häuslebauer. Aber: Die Subventionen haben auch die deutschePhotovoltaikindustrie praktisch ausgelöscht. Ein ähnliches Schicksal könnte Europas Autobauer ereilen", bemerkt die TAZ.
Nach Meinung der NORDWEST-ZEITUNG aus Oldenburg begeht die EU einen schweren Fehler: "Wer seine Märkte vor besseren Produkten als sie im Inland hergestellt werden, abschottet, verkrüppelt Wettbewerb und schädigt Konsumenten. Protektionismus nützt innovationsfaulen Anbietern, führt zu höheren Preisen und schlechteren Produkten. Ein Handelskrieg mit China dürfte zudem nicht bei Elektroautos enden. Bleibt zu hoffen, dass bei EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen & Co. doch noch Vernunft einkehrt." Wir zitierten die NORDWEST-ZEITUNG.
"Gegenmaßnahmen der chinesischen Regierung, die vor allem die exportintensive deutsche Wirtschaft treffen würden, sind nur eine Frage der Zeit", überlegt die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm: "Und die EU-Kommission plant längst den nächsten Schritt: Eine Untersuchung der Produktion von Windkraftanlagen läuft bereits. Sollte es auch hier zu Strafzöllen kommen, wird Peking dies ebenfalls nicht unbeantwortet lassen. Der Freihandel gerät damit weiter unter Druck", warnt die SÜDWEST-PRESSE.
Und die HEILBRONNER STIMME betont: "Wirtschaftsminister Habeck hat recht, wenn er Gespräche mit den Chinesen fordert. Diese dürften nicht einfach werden, sind aber besser als ein Handelskrieg, der allen schadet." Mit diesem Auszug aus der HEILBRONNER STIMME endet die Presseschau.