
Die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm schreibt dazu: "Wenn 1.000 Wissenschaftler einen offenen Brief zu einem politischen Thema wie der Besetzung von Hochschulen durch propalästinensische Gruppen schreiben, handelt es sich wohl kaum um Forschung oder Lehre. Es handelt sich um einen Meinungsbeitrag. Meinungsfreiheit darf lediglich im Rahmen gültiger Gesetze vertreten werden, insofern kann man zur Not auch die rechtliche Prüfung des Briefs durch das Ministerium verstehen. Die Spitze des Hauses hat diesen Prüfungsauftrag aber offenbar damit verbunden, eventuell auch schon zugesagte Forschungsmittel zu kürzen. Und das riecht dann doch nach dem Versuch einer Einschüchterung. Stellte sich heraus, dass Stark-Watzinger und nicht nur ihre Staatssekretärin diesen Weg gehen wollte, wird sie Mühe haben, sich im Amt zu halten", mutmaßt die SÜDWEST-PRESSE.
Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz wundert sich: "Was um alles in der Welt bringt eine Spitzenbeamtin dazu, nach dieser einseitigen Meinungsäußerung darüber zu sinnieren, wie man die unbequeme Professorenschaft am besten diszipliniert? Der Verdacht der Strafbarkeit ist lächerlich – die Verfasser des Protestschreibens bewegen sich deutlich innerhalb des Korridors der freien Meinungsäußerung. Staatssekretärin Döring hat sich unmöglich gemacht und war nicht mehr tragbar. Stark-Watzinger ist angeschlagen, der nächste Fehltritt könnte ihr letzter sein", erwartet die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz.
Ganz anders sieht es die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Die Entscheidung, ihre Staatssekretärin wegen eines Prüfauftrags zur Verwendung von Forschungsgeldern in den einstweiligen Ruhestand zu schicken, wird Bettina Stark-Watzinger noch leidtun. Die ersehnte Ruhe jedenfalls hat die Entscheidung der Bundesbildungsministerin nicht gebracht, im Gegenteil. Auf den Rechtsstaat nämlich pfeifen diejenigen, die angesichts der gewaltsamen Besetzung von Universitäten durch propalästinensische Demonstranten den Staat in einem offenen Brief auffordern, auf Strafverfolgung zu verzichten. Die selbst übrigens im öffentlichen Dienst ihrer jeweiligen Bundesländer stehen und darüber hinaus für ihre Forschung weiteres Geld von diesem Staat erhalten wollen. Dass der einmal genauer hinschaut und – ergebnisoffen! – prüft, ob die Steuern seiner Bürger nicht woanders besser aufgehoben wären, ist alles, aber kein Grund zum Rücktritt", ist die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG überzeugt.
"Die Universitäterin muss gehen", titelt dagegen die Zeitung ND.DER TAG, die in Berlin erscheint: "Stark-Watzinger befeuerte eine tagelange Kampagne von Springer-Medien, die Intellektuelle und Akademiker an den Pranger gestellt und in einem Fahndungsplakat als 'UniversiTÄTER' dämonisiert hat. Dabei bestünde die Aufgabe der Bundesbildungsministerin im Gegenteil, nämlich sich schützend vor Studierende und Hochschulangehörige zu stellen. Statt sich also weiter unbelehrbar über das Einfordern von Grundrechten zu zeigen, sollte die wahre Universitäterin ihren moralischen Kompass wiederfinden und zurücktreten", fordert ND.DER TAG.
Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, stellt folgenden Vergleich an: "Als unlängst auf Sylt betrunkene Partygäste ausländerfeindliche Parolen skandierten, fiel die Republik über sie her. Ihre Parolen waren zwar klar verfassungsfeindlich, doch der Umgang mit den Schreihälsen war dem demokratischen Gemeinwesen nicht angemessen. Nicht um ihre bürgerliche Existenz bangen müssen dagegen die Hochschullehrerinnen und -lehrer, die unlängst in einem Brief die israelfeindlichen Demos an den Universitäten unter Verweis auf die Wissenschaftsfreiheit verteidigten. Nun wird wieder über jemand hergefallen. Diesmal ist das Opfer Forschungsstaatssekretärin Sabine Döring. Die Art und Weise, wie die Entlassung nun teils gefeiert und mehr gefordert wird, verkennt doch, worum es hier geht. Nämlich Antisemitismus nicht einfach hinzunehmen, sondern zu ahnden. Das geschieht doch noch immer viel zu wenig", hält die MEDIENGRUPPE BAYERN fest.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG geht ein auf die Debatte über das Bürgergeld, das auch an ukrainische Flüchtlinge gezahlt wird: "Ein Sieg der Ukraine liegt in unserem ureigenen Interesse. Dazu passt es nicht, etwa zweihunderttausend Männer im wehrpflichtigen Alter in Deutschland zu alimentieren. Deutschland muss Kiew helfen, sollte das Land stärken, nicht schwächen. Es kann nicht über eine Dienstpflicht diskutieren und selbst Wehrstraftaten begünstigen. Und es sollte den eigenen Sozialstaat hochhalten - und sich vom staatlich vollversorgten Bürger als Idealbild verabschieden", fordert die F.A.Z.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle geht auf die Haltung der SPD zum Bürgergeld generell ein: "Der Dreh- und Angelpunkt ist gar nicht das Geld, das Deutschland einsparen würde, wenn gänzlich tatenlose Männer und Frauen arbeiten gingen. Es ist das Gefühl, dass die alt ehrwürdige Arbeiterpartei SPD beim Kümmern um Bürgergeldempfänger die hart arbeitende Bevölkerung vernachlässigt hat", ist die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG überzeugt.
Die WIRTSCHAFTSWOCHE merkt dazu an: "Dass seit dem Wochenende mehrere Debatten ums Bürgergeld schwelen, ist ein Symptom: Offensichtlich sind Bürgerinnen und Politiker zunehmend der Meinung, dass es in Deutschland nichts mehr zu verteilen gibt. Deshalb braucht es eine politische Lösung, die den Namen verdient. Ein Ansatz könnte sein, noch einmal genauer festzulegen, wie schnell und wie entschlossen jemand dazu angehalten wird, eine zumutbare Arbeit anzunehmen. Und was daraus folgt, wenn dies abgelehnt wird. Womöglich kann dann davon ausgegangen werden, dass diese Menschen anderweitig versorgt sind und keine Leistungen benötigen. Sozial zu sein heißt eben nicht, naiv zu sein", unterstreicht die WIRTSCHAFTSWOCHE.
Zum aktuellen Bericht des Friedensforschungsinstituts SIPRI über die Zunahme der atomaren Rüstung notiert der TAGESSPIEGEL aus Berlin: "Auf die 1960er Jahre, in denen die Menschheit lernen musste, die Bombe und das perverse Gleichgewicht des Schreckens zu lieben, folgten über Jahrzehnte mehrere Abrüstungsverträge zwischen den USA und der Sowjetunion. Aber: Kann man mit Wladimir Putin Verträge schließen in der Erwartung, dass er das Unterschriebene einhält? Und China möchte seinen militärischen Ehrgeiz nicht durch Begrenzungsverträge bremsen. Jedenfalls noch nicht. Auf absehbare Zeit bleibt nichts anderes, als sich auf die Abschreckung zu verlassen. Lieben muss man sie aber keineswegs", hält der TAGESSPIEGEL fest.
Die STUTTGARTER ZEITUNG ist besorgt: "Der Sipri-Bericht zeigt, dass China erstmals Sprengköpfe in hoher Alarmbereitschaft hält. Dies ist besorgniserregend, macht Peking doch kein Hehl aus den imperialen Bestrebungen. Auch der Iran steht nach Ansicht vieler Experten kurz vor Fertigstellung einer Atombombe. Zwar bedeuten weniger Atomwaffen nicht eine sichere Welt, auch Abschreckung kann zur Stabilität beitragen. Doch es kommt darauf an, in wessen Händen sich diese Waffen befinden. Viele Regime mit aggressiver Außenpolitik drohen einen Konsens zu gefährden: dass der Einsatz von Nuklearwaffen ein Tabu bleibt", warnt die STUTTGARTER ZEITUNG.
Ähnlich sieht es die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder: "Das 'Gleichgewicht des Schreckens' erlebt eine Renaissance. Der Unterschied ist nur: Im Ost-West-Konflikt standen sich zwei klar abgegrenzte Blöcke gegenüber. Heute entwickelt Russland imperiale Ambitionen, Atommächte wie China oder Nordkorea verfolgen eigene Ziele. Die weitgehende Berechenbarkeit, die im Kalten Krieg durch Abkommen gefestigt wurde, ist dahin. Die Antwort kann daher nicht lauten, einseitig abzurüsten. Vielmehr braucht es eine realistische Verhandlungsidee, um in Abrüstungsverhandlungen einzusteigen. Denn es muss um jeden Preis verhindert werden, dass die Welt versehentlich – oder absichtlich – in einen Atomkrieg schlittert", fordert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG, mit der diese Presseschau endet.