
Der MANNHEIMER MORGEN schreibt dazu: "Mit 63 Jahren verlässt Malu Dreyer die Regierungszentrale freiwillig und ohne akut lodernden Skandal. Der Schritt fällt ihr sichtlich schwer. Aber er zeugt von einer stabilen inneren Haltung. Genau dafür haben die Rheinland-Pfälzer Dreyer bei zwei Landtagswahlen meist entgegen dem SPD-Bundestrend gewählt", ist sich der MANNHEIMER MORGEN sicher.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER notiert: "Seit 30 Jahren lebt Malu Dreyer mit der Diagnose Multiple Sklerose. In ihrem Rücktrittsstatement sprach die 63-Jährige zwar von altersbedingt nachlassender Kraft, aber nicht explizit von ihrer Krankheit. Sie wird deshalb auch mit ihrem Rücktritt für viele Menschen ein Vorbild sein. Denn einen guten Zeitpunkt für das Karriereende selbst zu wählen, gelingt nur wenigen Politikern", merkt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER an.
"Malu Dreyer als Kandidatin fürs Kanzleramt?", fragt die FRANKFURTER RUNDSCHAU. "Das wäre sicher viel drängender zum Thema in der SPD geworden, wenn sie sich nicht mit Rücksicht auf ihre Krankheit bei solchen Ambitionen zurückgehalten hätte. Nun hat sie immerhin geschafft, was vielen Politikerinnen und Politikern durch zu langes Festhalten am Spitzenjob missgönnt ist: einen selbstbestimmten Abgang samt der Nominierung eines Nachfolgers", betont die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
"Dreyer erweist ihrer Partei damit einen letzten, nicht unwichtigen Dienst", vermerkt die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz. "Sie nimmt sich und ihren eigentlichen Nachfolgefavoriten, Innenminister Michael Ebling, aus dem Spiel. Man mag darin eine Niederlage sehen. Oder doch noch einmal Größe. So oder so gebührt Dreyer Respekt auch für diesen Befreiungsschlag. Der Landtagswahlkampf 2026 ist eröffnet."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erkennt Parallelen zum Rücktritt von Dreyers Amtsvorgänger Kurt Beck: "Wie Beck hat die seit elf Jahren regierende Sozialdemokratin ihren Rückzug aus der Staatskanzlei strategisch so geplant, dass ihrem designierten Nachfolger Alexander Schweitzer genügend Zeit bis zur nächsten Landtagswahl bleibt. Der schon seit Jahren stärkste Mann in ihrem Kabinett soll sich zwei Jahre lang als fürsorglicher und zugleich anpackender Regierungschef profilieren können. Und die von Dreyer geschmiedete Ampelkoalition muss er anders als das zerstrittene Berliner Dreier-Bündnis genauso geräuschlos weiterführen wie sie", empfiehlt die F.A.Z.
Im SÜDKURIER aus Konstanz ist zu lesen: "Dass die Dreyers in der SPD dünn gesät sind, ist bezeichnend. Die Partei, die für sich in Anspruch nimmt, die Arbeiterinteressen zu vertreten, hat sich von den kleinen Leuten in den letzten Jahren zunehmend entfernt. Vor allem was die Ansprache angeht. Politische Botschaften werden aber nun einmal über Gefühle transportiert. Sie müssen zu Herzen gehen. Darauf kann man bei Scholz, Esken oder Kühnert lange warten", stellt der SÜDKURIER fest.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg hebt einen anderen Aspekt hervor: "Offensichtlich können Frauen das besser: aufhören. Angela Merkel ging 2021 selbstbestimmt, Malu Dreyer hört nach elf Jahren als Ministerpräsidentin auf. Ein Eingeständnis, das man zuletzt von der neuseeländischen Premierministerin Jacinda Ardern gehört hatte. Auch Andrea Nahles bekannte, als SPD-Chefin genug von Machtkämpfen und Intrigen zu haben. Ganz anders die Männer: Bei Helmut Kohl mussten die Wähler nach 16 Jahren entscheiden, dass es genug ist. Und Winfried Kretschmann, Noch-Ministerpräsident in Baden-Württemberg, will ebenfalls bis ganz zum Schluss die Villa Reitzenstein für die Grünen besetzen", vermutet die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg.
Themenwechsel. Bundeskanzler Scholz trifft sich heute mit den Regierungschefs der Bundesländer. Dazu heißt es in der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Ausgerechnet am Weltflüchtlingstag findet ein Treffen statt, um weitere Maßnahmen zur Begrenzung der Migration nach Deutschland zu beraten. Doch die einfache Lösung ist nicht zu haben, auch wenn insbesondere die Union gerne so tut. Die Idee, Flüchtlinge in Drittstaaten wie Ruanda unterzubringen, entpuppt sich für Großbritannien gerade als Rohrkrepierer. Vielversprechender erscheint da das EU-Vorhaben, Asylverfahren an den Außengrenzen durchzuführen. Die nächste EU-Kommission muss das mit höchster Priorität vorantreiben", unterstreicht die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die TAZ geht auf die Forderungen ein, Schwerkriminelle auch nach Syrien und Afghanistan abzuschieben, und kritisiert: "Die Gruppe der dafür überhaupt infrage kommenden Straftäter ist nur sehr klein, der moralische Schaden aber umso größer. Denn geht es nach der Union, soll für die Abschiebungen mit den Taliban kooperiert werden. Für ein bisschen Symbolpolitik wird so der Rest der Welt in seinem Eindruck bestärkt, dass Europa gern von Menschenrechten spricht, solange es ihm in den Kram passt. Das ist keine gute Voraussetzung, um dem erstarkenden globalen Autoritarismus als überlegene Alternative entgegenzutreten", moniert die TAZ.
DIE WELT sieht es anders und blickt ins grün-schwarz regierte Baden-Württemberg: "Dort kümmert sich seit 2018 ein Sonderstab 'Gefährliche Ausländer' um schwierige Fälle, die oft zur 'freiwilligen' Rückkehr bewegt werden können. Letztes Jahr gab es 2099 Abschiebungen und 2333 freiwillige Rückkehrer aus dem Ländle. Geht doch", bilanziert die Zeitung DIE WELT.
Nun zur Bevölkerungsprognose für 2045, die das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung gestern vorgestellt hat. Demnach wird die Bevölkerung in Deutschland auf mehr als 85 Millionen Einwohner anwachsen, wobei es große Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder macht deutlich: "Längst ist der Wohnraum in Metropolregionen so knapp und teuer, dass Familien und Paare rausziehen wollen. Doch angesichts hoher Hauspreise, schlechter Anbindung und fehlenden Internets sind die Hürden, Großstädte zu verlassen, hoch. Mehr Investitionen in ländliche Regionen beleben nicht nur Räume neu. Sie nehmen dem Wohnungsmarkt in den Städten auch den Druck. Spätestens jetzt sollte allen Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen klar sein, dass in vermeintlich abgehängten Regionen kein Fehler, sondern eine große Chance liegt", mahnt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder.
Der DONAUKURIER warnt: "Die demographische Zeitbombe tickt unaufhörlich. Die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge, von denen heute noch viele in Lohn und Brot stehen, werden 2045 im Ruhestand sein. Gleichzeitig wird die Zahl der chronisch Kranken und Gebrechlichen stark ansteigen. Den künftigen Alten stellen sich viel drängender als der heutigen Seniorengeneration die Fragen: Wer wird uns einmal pflegen? Und wer soll das bezahlen? In der Öffentlichkeit wird oft die Finanzierbarkeit des Rentensystems als die sozialpolitische Frage der nächsten Jahrzehnte dargestellt. Doch die größere Herausforderung liegt in der Pflege, die immer mehr zum Luxusgut wird", prognostiziert der DONAUKURIER aus Ingolstadt.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg erinnert: "Während manche Landkreise im Osten Deutschlands immer weiter zusammenschrumpfen, boomt es im Süden der Republik geradezu. Das ist vor allen Dingen der Zuwanderung geschuldet. Bayern und Baden-Württemberg haben bei der Aufnahme Geflüchteter viel geleistet und sie werden das wohl auch weiterhin tun müssen. Doch auch die wirtschaftliche Stärke und Wettbewerbsfähigkeit der beiden Länder hat dazu geführt, dass viele Menschen ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlagern. Das birgt soziale Sprengkraft. Erst recht in Zeiten klammer Kassen und einer ausgeprägten Erwartungshaltung an die Politik. Auf sich alleingestellt wird diese den Kraftakt kaum leisten können", bemerkt die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg.