Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG schreibt dazu: "Für Scholz war es dringend an der Zeit, der kleinsten Koalitionspartei die gelbe Karte zu zeigen. Er hat sich von Lindner gegen seine eigene Überzeugung das Festhalten an der Schuldenbremse aufzwingen lassen und damit die Bürde, dass Deutschland anders als andere Staaten neben der Finanzierung der Ukraine-Hilfe nicht zum großen Wurf mit Investitionen in die Modernisierung des marode werdenden Landes ausholen kann. Ein Kanzler kann sich nicht so klein machen, dass der Eindruck entsteht, der Finanzminister führe die Regierung. Lindner hat nun zwei Möglichkeiten: Er fügt sich. Oder er lässt die Koalition platzen", schlägt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG vor.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG ist der Ansicht, dass Bundeskanzler Scholz schon lange nicht mehr Herr der Lage sei: "Am Ende weiß er sich nicht mehr anders zu helfen als mit einem Machtwort. Sicher, angesichts einer SPD-Fraktion, die von der Begrenzung der Ausgabendynamik durch die Schuldenbremse nichts mehr wissen will, mit Grünen, die Klimapolitik zu einem Unwort haben werden lassen, wie mit einem FDP-Finanzminister, der am Kabinettstisch Projekten wie dem Bürgergeld und der Rentenreform oder auch dem Haushaltsentwurf zustimmt, um wenig später 'Haltet den Dieb' zu rufen, ist das Regierenwollen mithilfe von Richtlinien illusorisch. Aber wenn Machtworte nur noch Ausdruck von Ohnmacht sind, wäre es an der Zeit, die Übung namens Machterhalt ganz einzustellen", heißt es in der F.A.Z.
Für die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der etwa die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, steht fest: "Das Theater, das die Ampel zum Thema Haushalt aufführt, bewegt sich irgendwo zwischen düsterem Beziehungsdrama und Schmierenkomödie. Erster Akt: SPD, Grüne und FDP streiten wie die Kesselflicker um den Bundesetat 2025, bis sie eine halbseidene Lösung mit einer bedenklichen Milliardenlücke vorlegen. Zweiter Akt: FDP-Finanzminister Lindner lässt die Einigung per Gutachten in Frage stellen – hinter dem Rücken der Partner, die empört aufschreien. Dritter Akt: Der sonst so schweigsame SPD-Kanzler Scholz meldet sich aus dem Urlaub und spricht Lindner dessen Kompetenz ab, ohne ihn direkt zu nennen. Vierter Akt: SPD-Chef Klingbeil rüffelt alle Beteiligten, mahnt zur Ordnung und spricht von 'öffentlichem Zirkus' – mit dieser richtigen Feststellung diskreditiert er aber zugleich Parteifreund Scholz. CDU und CSU lachen sich ins Fäustchen. Unabhängig davon, ob sich das Milliardenloch irgendwie stopfen lässt oder nicht: Diese heillos zerstrittene Regierung hat politisch abgewirtschaftet", kritisiert die MEDIENGRUPPE BAYERN.
In den USA haben sich die demokratische Präsidentschaftskandidatin Harris und ihr Vize Walz erstmals gemeinsam auf einer Wahlkampfveranstaltung präsentiert. Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER konstatiert: "Walz war derjenige, der Trump und Vance als Erster den Stempel 'weird', also 'komisch', verpasste. Er stempelte Vance als denjenigen, der in einem Bestseller über die Landbevölkerung lästerte, aus der er selbst stammte. Seine Botschaft: Wir, ich und Kamala, sind die Vernünftigen, die Zuverlässigen, in diesen unruhigen Zeiten. Ob diese Botschaft die Wahl entscheidet, wird sich zeigen. Sicher ist jedoch: Es sind nicht nur die Stimmen der Queeren, der städtischen Hipster, der Minderheiten und Feministinnen, die die Wahl entscheiden. Eine Volkspartei wie die Demokraten muss auch für weiße Arbeiter und Farmer in der Provinz ein politisches Angebot bereithalten", fordert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN bemerken: "Harris und Walz haben die Wahl noch nicht gewonnen. Sicherlich haben sie noch einige Schmutzkampagnen der Gegner zu erwarten, und auch die Demokraten selbst, vor allem die linken, müssen sich noch mit diesem Duo abfinden und wieder neu lernen, dass man von der linken Außenlinie vielleicht in der Partei für Aufmerksamkeit sorgen, aber keine Wahl gewinnen kann."
Im STRAUBINGER TAGBLATT ist zu lesen, die Demokraten hätten ihren Glauben wiedergefunden, dass sie Trump bezwingen könnten: "Das heißt zwar noch nicht, dass sich das Blatt schon gewendet hätte und das Team Harris/Walz am Wahltag im November nur noch über die Ziellinie schlendern müsste. Ein Selbstläufer wird der Wahlkampf für niemanden. Es wird eine Schlacht. Walz funktioniert. Zumindest in Pennsylvania. Das ist keine Garantie für einen Wahlsieg. Doch Trump hat allen Grund, nervös zu sein. Nun ist er es, der alt und mit der immer gleichen Leier auch langweilig wirkt", unterstreicht das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG notiert: "Walz repräsentiert auf authentische Weise das, was Trumps Running Mate Vance gern für sich beanspruchen würde. Doch Vance hat seinem Ziehvater bislang wenig Freude gemacht; schon wabern Gerüchte, sein Gönner könnte ihn in die Wüste schicken. Für die Demokraten wird es nun darum gehen, den Vorsprung auszubauen und zu stabilisieren. Mit Walz an der Seite kann Harris das gelingen", glaubt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg bezeichnet die Entscheidung für Walz als mutig: "Die Republikaner dürften jetzt noch entschiedener versuchen, Harris das Etikett der 'linksradikalen Extremistin' anzuheften. Bislang verfängt das erstaunlich wenig. Sollten sich unentschlossene Wähler eher durch Trump und seine autokratischen Reflexe abgeschreckt fühlen, wäre die Rechnung der Demokraten aufgegangen. Sicher ist das nicht. Die jüngsten Turbulenzen an den Börsen haben gezeigt, dass die wirtschaftliche Lage labil bleibt. Und bis zur Wahl dürften auch Harris und Walz intensiv auf Herz und Nieren geprüft werden, könnte der Hype ein jähes Ende finden", prognostiziert die BADISCHE ZEITUNG. Nun zu einem anderen Thema.
Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll in Deutschland könnte Jahrzehnte länger dauern als bisher angenommen. Die FREIE PRESSE aus Chemnitz moniert: "Erst wenn Ende 2027 bekannt wird, welche Standortregionen infrage kommen, will man darüber sprechen, wie man den Prozess beschleunigen kann. Ambitioniert klingt das nicht. Das liegt wohl auch daran, dass nicht der Eindruck entstehen soll, man würde nun eine überstürzte Entscheidung treffen. Die Auswahl des Standorts ist eine heikle Angelegenheit – politisch wie gesellschaftlich. Doch bei aller notwendigen Sorgfalt ist leider auch klar: Zu lange zu warten, ist gefährlich. Die Genehmigungen für die Zwischenlager laufen in den 2030ern und 2040ern aus", mahnt die FREIE PRESSE.
Die TAGESZEITUNG – TAZ – plädiert dafür, den Blick nach vorne zu richten: "Das Umweltministerium lässt wissen, es habe Konzepte, um das Verfahren zu beschleunigen. Das ist schön, doch wie sehr sich der Prozess wirklich beschleunigen lässt, ohne die hohen Sicherheitsansprüche aufzugeben, ist fraglich. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Verfahren nämlich solide konzipiert – das Standortauswahlgesetz ist ein respektabler Ausflug in die Geologie und dürfte geeignet sein, den besten (oder: am wenigsten schlechten) Standort zu ermitteln. Aber dann sind da eben die regionalen Befindlichkeiten: Wie werden jene Akteure, die heute noch (oder wieder) die Atomkraft propagieren, auftreten, wenn ihre eigene Region im Auswahlverfahren vorne liegt? Aus fachlicher Sicht versucht die Bundespolitik, sich nach dem Gorleben-Fiasko ehrlich zu machen. Ob auch die Befürworter der Atomkraft konsequent bleiben, wenn ihre Region zum Standort auserkoren wird?", fragt sich die TAZ. Und damit endet diese Presseschau.