Der SÜDKURIER aus Konstanz hebt hervor, die Ukraine habe "mit vergleichsweise wenigen Soldaten eine Fläche von der Größe des Bundeslands Bremen unter ihre Kontrolle gebracht, während im Kreml Panik herrscht. Denn der Überraschungsangriff schafft drei große Probleme für die russischen Invasoren: Erstens wird deutlich, wie schwach ihre Verbände an und hinter der eigenen Grenze sind. Zweitens hat die Ukraine wichtige Versorgungslinien der russischen Armee und Gas-Infrastruktur unter ihre Kontrolle gebracht. Und drittens, das ist die vielleicht größte Schwierigkeit für Putin, hat die Ukraine zahlreiche russische Dörfer und Kleinstädte besetzt. Mit ihrem üblichen, menschenverachtenden Vorgehen, Siedlungen kaputtzuschießen, kommt die Kreml-Armee hier nicht weiter", meint der SÜDKURIER.
Die Online-Ausgabe der Zeitung DIE WELT analysiert: "Das Ziel der Ukrainer ist offenbar, Russland zu zwingen, Truppen von anderen Frontabschnitten abzuziehen, um bisher schlecht verteidigte Grenzregionen zu sichern und die von der Ukraine eingenommenen Gebiete zurückzuerobern. Im besten Fall könnte es der Ukraine gelingen, russische Gebiete zu halten, die Kiew dann einen erheblichen politischen Hebel in die Hand geben für eventuelle Waffenstillstandsverhandlungen mit Moskau. Die Ukrainer haben mit ihrem überraschenden Vorstoß wieder einmal jene Kreativität und Mut an den Tag gelegt, die sie in diesem Krieg ausgezeichnet hat", findet DIE WELT.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hält den ukrainischen Vorstoß - unabhängig von seinem Ausgang - für politisch bedeutsam, denn "er führt vor Augen, dass der Aggressor trotz seiner Überlegenheit verwundbar ist, wenn die Ukraine die Handlungsfreiheit hat, ihn an seinen schwachen Stellen zu attackieren. Kiew waren bisher von seinen westlichen Unterstützern viele Einschränkungen auferlegt worden, die es für Russland berechenbar machten. Deshalb ist es positiv, dass die Vereinigten Staaten den Kursker Vorstoß als rechtmäßig bezeichnen. Eine Überraschung wie die von Kursk mag Putin wegstecken. Mehr davon könnte für ihn zum Problem werden", vermutet die F.A.Z.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG sieht auch Risiken, denn "die Offensive dürfte die Zweifel in Europa und den USA an weiteren Hilfen für die Ukraine nähren. Mit jedem Angriff auf russisches Territorium fühlen sich die Kritiker von Waffenlieferungen in ihrer Befürchtung bestätigt, dass die Unterstützerstaaten in diesen Krieg hineingezogen werden könnten. Vor allem dann, wenn dabei ihre an die Ukraine gelieferten Waffen zum Einsatz kommen könnten. Nicht nur in den USA, auch in Deutschland ist derzeit zu spüren, dass die Unterstützungsbereitschaft schwindet." Das war die Meinung der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Themenwechsel. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg geht auf Sachsens Ministerpräsident Kretschmer ein. Dieser verlange "kurz vor der Wahl im Freistaat eine Kürzung der Waffenhilfe für die Ukraine, verbunden mit vagen Forderungen nach diplomatischen Initiativen. Damit bietet sich der CDU-Politiker erneut jenen Wählern an, die eine Verständigung mit Russland einfordern und aktuell auch deshalb zu AfD oder BSW tendieren. Der Wunsch nach guten Beziehungen zu Moskau ist verständlich. Mit wem man es im Kreml zu tun hat, darf ein CDU-Ministerpräsident aber nicht ausblenden. In Kretschmers Argumentation spielen die Verbrechen, die Russland in der Ukraine verübt, indes allenfalls eine untergeordnete Rolle. Ebenso wie die Tatsache, dass es allein Putin war, der diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat und bis heute vorantreibt", argumentiert die VOLKSSTIMME.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf bezeichnet Kretschmers Forderung als unverantwortlich: "Man möchte sich nicht ausdenken, in welcher Lage sich die Ukraine befände, wäre sie bisher nicht vom Westen, auch von Deutschland, mit Waffen unterstützt worden. Sie wäre vermutlich längst von Russland überrollt worden und Putin würde in seinem imperialistischen Größenwahn triumphieren. Doch genau das gilt es mit aller Macht zu verhindern. Es ist nicht das erste Mal, dass Kretschmer sich gegen Waffenlieferungen positioniert und davon spricht, dass dieser Krieg nicht auf dem Schlachtfeld beendet werde, sondern am Verhandlungstisch. Das macht es nicht besser", urteilt die RHEINISCHE POST.
Die KIELER NACHRICHTEN beobachten, der sächsische Minsterpräsident stehe angesichts der bevorstehenden Wahl "unter massivem Druck – vonseiten des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) und der in weiten Teilen rechtsextremen AfD. Und er weiß um die Stimmung in seinem Bundesland und darüber hinaus, wo ein beachtlicher Teil der Bevölkerung skeptisch ist und Angst vor einer Eskalation hat. In den kommenden Monaten ist auch nicht zu erwarten, dass die Befürworter wieder sehr viel lauter werden. Nach den Landtagswahlen dauert es nicht mehr lange, bis die Vorbereitungen für den Bundestagswahlkampf beginnen. Auch hier werden die Parteien Rücksicht auf die Stimmung nehmen wollen", prognostizieren die KIELER NACHRICHTEN.
Nun noch Stimmen zu den Olympischen Sommerspielen in Paris, die morgen mit einer Abschlusszeremonie im Stade de France zu Ende gehen. Aus Sicht der BERLINER MORGENPOST setzen die Franzosen "Maßstäbe, entfachen mit ihrer Version von urbanen Spielen, die sich harmonisch einfügen in das Stadtbild, eine grenzenlose Begeisterung. Jahrelang ersannen die Planer mögliche Szenarien, um sie monumental werden zu lassen. Sie fanden Lösungen mit vielen temporären Anlagen, die sich problemlos überall installieren und wieder zurückbauen lassen. Überhaupt nutzte die Stadt ihre enorme Vielfalt an großartigen Stadien und Arenen, konnte so dieses Megaevent sehr nachhaltig machen. Auch daran werden sich kommende Ausrichter messen lassen müssen", schätzt die BERLINER MORGENPOST.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU zieht eine sportliche Bilanz: "Deutschland wird, das geht bei der weitgehend kritikfreien Jubelberichterstattung bei ARD und ZDF fast unter, vermutlich noch schwächer als vor drei Jahren in Tokio abschneiden. Team D, von 1992 bis 2016 immer bei den sechs stärksten Nationen gelistet, fällt deutlich hinter Großbritannien und Frankreich zurück, die doppelt so viel Edelmetall vorweisen. Selbst die Niederlande mit einer Einwohnerzahl wie Nordrhein-Westfalen haben mehr Plaketten eingeheimst. Der deutsche Abschwung macht vor dem Sport nicht halt. Ohne Spezialdisziplinen wie Reiten sähe es im Medaillenspiegel düster aus. Der Breiten- und Spitzensport abseits des Fußballs benötigt hierzulande eine größere Wertschätzung", verlangt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Der Berliner TAGESSPIEGEL vermutet: "Dass andere Nationen im Medaillenspiegel besser abschneiden, liegt nicht zuletzt daran, dass dort auch viel mehr in den Leistungssport investiert wird. Aber ist es das auch wert? Was hat eine Gesellschaft tatsächlich von ein paar Medaillen mehr oder weniger? Die Olympischen Spiele waren auch dieses Mal ein großes Fest, das Menschen rund um den Globus Freude bereitet hat. Für wen außer Athleten und Trainer aber ist es nach ein paar Tagen noch wichtig, an wen Gold, Silber und Bronze gingen?", fragt der TAGESSPIEGEL.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bewertet die Sommerspiele in Paris als ein "riesiges gemeinschaftsstiftendes Unterhaltungsevent. Fechten im Grand Palais, Beachvolleyball unter dem Eiffelturm, Bogenschießen am Invalidendom: Nie war eine Stadt eine derart perfekte Bühne für den Sport, nie hat es eine Kulisse dem Publikum leichter gemacht, die Schattenseiten Olympias einfach wegzuträumen. Der heilige Ernst, mit dem man früher bei dieser Hochleistungsmesse jede Hundertstelsekunde und jedes Kilogramm Hantelgewicht in den historischen Kontext gestellt hat - er ist dem Konsum von Emotionen gewichen."