21. September 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zur Krise in der Automobilindustrie, zum Klimastreiktag und zur Lage in Nahost. Zunächst geht es aber um die am Sonntag anstehende Landtagswahl in Brandenburg. Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG erinnert:

Wahlplakate der AfD, SPD und Freien Wähler zur Landtagwahl in Brandenburg hängen übereinander.
Brandenburg wählt am Sonntag einen neuen Landtag, das ist auch Thema der Zeitungskommentare. (picture alliance/Geisler-Fotopress/Thomas Bartilla)
"Bereits die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen waren für die Ampel ein Desaster. In Brandenburg droht das nächste. Grüne und FDP müssen die Fünf-Prozent-Hürde fürchten. Und die Kanzler-Partei SPD? Sie könnte in ihrer Hochburg als stärkste Kraft von der AfD verdrängt werden. Wirklich überraschend ist das nicht. Viele Bürger sind mit der Ampel durch. Das Erstarken der AfD liegt auch nicht daran, dass sich die Zahl der Neonazis plötzlich vervielfacht hätte. Nein, es ist vor allem Protest, der da zum Ausdruck kommt. Das zeigt auch der direkte Umfrage-Vergleich zwischen SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und dem AfD-Spitzenkandidaten, der ein erwiesener Rechtsextremer ist. Da liegt Woidke ganz klar vorne. Selbst die Mehrheit der AfD-Anhänger will laut Umfrage ihren eigenen Mann nicht als Landesvater sehen. Sollte die SPD in Brandenburg mit einem blauen Auge davonkommen, dann ist das Woidkes Beliebtheit zu verdanken“, vermerkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
"Für Dietmar Woidke ist es an diesem Sonntag eine Schicksalswahl", betont die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Denn der seit elf Jahren amtierende Ministerpräsident des Landes Brandenburg hat seine politische Zukunft vom Votum der Wähler abhängig gemacht. Sollten die Sozialdemokraten diesmal hinter der rechtsextremistisch tönenden AfD liegen, will Woidke den Rückzug antreten. Was seine Gegner als Erpressung der Wähler geißeln, ist ein Vabanquespiel, das sich auszahlen könnte. Doch sollte Woidke mit seiner Strategie scheitern, könnte die Landtagswahl auch für Olaf Scholz und die SPD-Chefin Saskia Esken zu einer Schicksalswahl werden", hält die F.A.Z. fest.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU greift die politischen Veränderungen seit den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen auf: "Wer hätte Anfang September gedacht, dass die Union und die Ampelparteien in einen Überbietungswettbewerb um die härteste Migrationspolitik einsteigen würden? Und dass ein brandenburgischer Innenminister drei Tage vor der Wahl gleich die Abschaffung des Asylrechts verlangt, weil er das offenbar für populär hält? Es muss bezweifelt werden, dass das der Profilierung der demokratischen Parteien dient. Eher könnte eine solche Politik Wasser auf die Mühlen der antidemokratischen AfD sein – denn die Wählerschaft kann es als Beleg ansehen, dass die Erfolge der AfD Druck auf die anderen Parteien ausüben", warnt die FRANKFURTER RUNDSCHAU, und soviel zu diesem Thema.
Bundeswirtschaftsminister Habeck hat Vertreter der kriselnden Autoindustrie für Montag zu einem Gipfel geladen, bei dem es vor allem um die Absatzprobleme bei Elektro-Fahrzeugen gehen dürfte. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg meint: "Die Ursachen für die misslungene E-Auto-Strategie liegen auf mehreren Ebenen: E-Autos sind wegen ihrer hohen Preise nicht massentauglich und wurden am Markt vorbei produziert. Darüber hinaus spielen auf nationaler Ebene der Wegfall der E-Autoprämie, hohe Energie- und Arbeitskosten sowie die Ladeinfrastruktur eine Rolle. Hinzu kommt der Druck auf die Hersteller durch EU-Vorgaben hinsichtlich der CO2-Flottengrenzwerte ab 2025", notiert die VOLKSSTIMME.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide sieht auch die Hersteller in der Verantwortung für die Krise: "Die deutschen Autobauer haben eine wesentliche Entwicklung verpasst: den wachsenden Markt für Elektro-Autos in China, in dessen Großstädten teils nur noch rein elektrisch gefahren werden darf. Das haben chinesische Hersteller wie BYD erkannt – und sind der deutschen Konkurrenz, deren Blick durch die Verbrennerliebe in der Heimat verstellt sein mag, beim E-Auto weit voraus. Die Preiskämpfe, auf die sich beispielsweise VW in China eingelassen hat, werden den deutschen Autobauern zudem auch in Europa Probleme bereiten", erwartet die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ist sich sicher: "An alldem kann ein Autogipfel wenig ändern. Die Industrie muss ihre unerledigten To-do-Listen genauso abarbeiten wie die Bundesregierung die ihren. Aber am Montag wird man sie sich wieder gegenseitig vorlesen."
"Was es nun braucht, ist ein Arbeitsgipfel, der anders als die glamourösen Veranstaltungen der Vergangenheit echte Ergebnisse liefert", mahnt der TAGESSPIEGEL aus Berlin: "Die Hersteller müssen so schnell wie möglich wettbewerbsfähige E-Autos entwickeln und anbieten. Die Politik muss die richtigen Anreize setzen, damit die Verbraucher diese kaufen. Ausgerechnet in dem Moment als VW anfing, vermehrt E-Autos zu produzieren, hat die Ampelkoalition die Nachfrage massiv abgewürgt, indem sie Ende 2023 die Kaufprämie für E-Autos abgeschafft hat. Auf dem Autogipfel sollte deshalb ein kluger Nachfolger für die E-Auto-Kaufprämie beschlossen werden", vermerkt der TAGESSPIEGEL.
Themenwechsel. Die TAGESZEITUNG - TAZ geht auf die jungen Demonstranten beim gestrigen weltweiten Klimastreiktag ein: "Zu Zehntausenden gingen an diesem Freitag wieder jene für mehr Klimaschutz auf die Straße, die ganz unmittelbar die Auswirkungen der Klimakrise zu spüren bekommen werden. Während jene, die Klimaschutz immer noch für 'Ideologie' halten, an diesem Sonntag die AfD in Brandenburg wählen werden. Die Ränder werden stärker: Hier wird für mehr Klimaschutz hungergestreikt, dort werden Verschwörungen erfunden", heißt es in der TAZ.
Die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm blickt auf das Bündnis "Fridays for Future": "Es gab mal eine Zeit, in der politische Wirkungsmacht sich neu zu definieren schien. Deutschland stand im Zenit eines jahrzehntelangen Aufschwungs, wähnte sich in einer Art ewigem Frieden und betrachtete sich als weitgehend immun gegen populistische Tendenzen. In diesen Zeiten gelang es den Klimaschützern von Fridays for Future, direkten Einfluss auf die Politik zu nehmen. Die Zeiten sind vorbei. Russland hat die Ukraine überfallen, die Inflation das Land gebeutelt, die hohen Energiepreise die deutschen Unternehmen geschwächt. Zudem hat sich die Gruppe selbst entzweit. Ihr bleibt jetzt nur noch der Weg des Politischen. Sie muss sich in Parteien organisieren und versuchen, ihre Ideen in den Parlamenten umzusetzen", hält die SÜDWEST-PRESSE fest.
Nun noch nach Nahost. Das STRAUBINGER TAGBLATT überlegt, wie es dort in Zukunft weitergehen könnte: "Die Frage ist, wie Deeskalation – von Frieden will man kaum reden – in der Region zu schaffen ist, ohne Israel seinen Feinden preiszugeben. Es wird nur über Diplomatie gehen. Möglicherweise wirkt der beständige internationale Druck, den die Vereinten Nationen auf Israel ausüben. Selbst Antony Blinken, Außenminister der eng mit Israel verbündeten USA, mahnt immer wieder zu einer Waffenruhe in Gaza. Der Regierung Netanjahu sollte weiterhin unmissverständlich deutlich gemacht werden, einen maßvolleren Weg zu wählen", stellt das STRAUBINGER TAGBLATT klar.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG analysiert die Dynamik von Schlag und Gegenschlag: "Israel provoziert in seiner Logik mit seinem Pager-Coup von Beirut und der Bombardierung von Hisbollah-Stellungen nicht ohne Not apokalyptische Szenarien, sondern beugt genau solchen mit Präventivschlägen vor. Keinen Widerstand leisten – bei Gruppen wie der Hamas und der Hisbollah muss man mit dieser Losung gar nicht erst ankommen, sie verstehen sich ja dezidiert als Mitglieder einer 'Achse des Widerstands' gegen den Zionismus, die westliche Dominanz und Dekadenz. Organisator, Anführer, Sponsor und Rückgrat dieser Achse ist die Führung der Islamischen Republik Iran. Und solange die mit ihrem Geld und ihrer Revolutionsgarde islamistische Terrorgruppen unterstützt und gegen Israel in Stellung bringt, steht bei aller Wertschätzung für Vermittler zu befürchten: Die Stabilität, die in dieser Konstellation zu erreichen ist, wird stets nur temporär sein." Das war zum Ende der Presseschau die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.