
"Es war ein Husarenstück, für das Dietmar Woidke Bewunderung verdient", schreibt die BERLINER MORGENPOST zum Sieg der SPD. "Brandenburgs Ministerpräsident koppelte seine politische Zukunft an einen Sieg über die sehr rechte AfD. Das zog. Allerdings hat sich Woidke auch zu Tode gesiegt. Am Ende hat die Zuspitzung 'Ich oder die AfD' die möglichen Partner CDU, Grüne, Linke und Freie Wähler so verzwergt, dass die SPD nur noch mit einer Koalitionsoption dasteht. Allein mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht gibt es für Woidke eine Mehrheit im Landtag. Auf vielen Feldern wird sich Woidke inhaltlich mit dem BSW einigen können. Aber die Frage ist, ob das BSW willens ist, die Kompromisse einzugehen, ohne die keine Koalition funktionieren kann. Wagenknecht setzte bisher öffentlich stets auf ihre eigene, einzige Wahrheit. Aber womöglich zeigt sich das BSW in der Praxis geschmeidiger", vermutet die BERLINER MORGENPOST.
Auch die VOLKSSTIMME aus Magdeburg notiert, dass die SPD nur mit dem BSW koalieren könne: "Die Partei muss beweisen, dass sie Politik im Sinne ihrer Wähler betreiben kann. Es kommt dabei nicht so sehr darauf an, ob der Bus nun öfter fährt oder ein paar Dutzend Lehrer neu eingestellt werden. Die Wagenknecht-Wähler wollen ein Ende des Ukraine-Krieges und keine illegalen Flüchtlinge mehr. Adressat für die BSW-Leute ist der Bund – wo bisher alle Appelle verhallt sind", meint die VOLKSSTIMME.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN unterstreichen: "Viel schneller als bei anderen Parteien, die Jahrzehnte Zeit hatten für ihre Häutungen, muss sich das Bündnis Sahra Wagenknecht nun zwangsläufig sehr rasch entscheiden: Will es im Bereich des Machbaren gewisse Dinge voranbringen oder will es lieber sehr erfolgreich auf der allgemeinen Wut- und Protestwelle mitschwimmen?"
"Im politischen Kalender stand offiziell 'Landtagswahl'", merkt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder an. "Aber sowohl der Wahlkampf als auch die Interpretation der Ergebnisse legen eher etwas anderes nahe; eine Art kleine Bundestagswahl nämlich. Übrigens schon die vierte binnen weniger Monate. Denn sowohl bei der Europawahl als auch bei den Abstimmungen in Thüringen und Sachsen ging es um Eines am wenigsten: die von den jeweiligen Parlamenten zu regelnden Angelegenheiten. Und das ist ein Problem", findet die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Das Magazin CICERO erklärt den Sieg Woidkes wie folgt: "Am Sonntag haben die meisten SPD-Wähler nicht die SPD gewählt, sondern erklärtermaßen bloß 'das kleinere Übel'. Das hat etwas Bedauerliches und etwas Erfreuliches. Bedauerlich ist die tiefe Ernüchterung über die Leistungsfähigkeit der etablierten politischen Klasse beim Wahlvolk. Erfreulich ist die politische Reife, die Dinge trotzdem einfach so zu nehmen, wie sie nun einmal sind - und das relativ Beste daraus zu machen. Die Bundes-SPD hat folglich keinen Grund, allzu optimistisch in die Zukunft zu blicken – oder gar zu frohlocken. Über ihre Chancen bei der nächsten Bundestagswahl verrät das Brandenburger Wahlergebnis: nichts", heißt es im CICERO.
Auch der MÜNCHNER MERKUR geht auf die aktuelle Situation in der Ampel-Koalition ein: "Die tief gedemütigten Fast-Ein-Prozent-Liberalen stehen vor einer grausamen Wahl: Sie können noch ein Jahr lang ihre Ministerämter und Dienstwagen behalten, weiter auf Krawall setzen und sich dann mit einem letzten leisen Seufzer aus der Bundespolitik verabschieden, mutmaßlich für immer. Oder sie versuchen in einer letzten Verzweiflungstat, sich aus der tödlichen Ampel zu befreien, um den Parteimitgliedern ihren tief verletzten Stolz zurückzugeben – und allen anderen Wählern den Glauben daran, dass die etablierten Parteien den demokratischen Wechsel organisieren können und es die Extremen dazu nicht braucht. Ob das am Ende zum Überleben reicht, weiß heute niemand. Den Versuch aber ist es allemal wert. Worauf also wartet Lindner noch?", fragt sich der MÜNCHNER MERKUR.
"Die Serie der Wahlniederlagen werden existenzbedrohend für die FDP", stellt die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen fest. "Die Schlüsse, die die Partei daraus zieht, sind aber abenteuerlich. Anstatt mit SPD und Grünen das Erscheinungsbild der Bundesregierung aufzupolieren, radikalisieren sich die Liberalen: Je schlechter ihre Wahlergebnisse werden, umso härter kritisieren sie ihre Koalitionspartner. Und man wird das Gefühl nicht los, dass das in einer anderen Konstellation kaum anders wäre."
Die NORDWEST-ZEITUNG aus Oldenburg analysiert die Verluste der Grünen: "Die Ursache für den Absturz liegt nun nicht nur in der Tatsache, dass grüne Stammwähler diesmal lieber die Woidke-SPD gewählt haben. Abwanderung gab es auch zu anderen Parteien – sogar zur AfD. Das deutet darauf hin, dass die Grünen aus der Zeit gefallen sind: Inzwischen haben immer weniger Wähler Lust, ungebremste Masseneinwanderung Unqualifizierter hinzunehmen und sich sagen zu lassen, wie sie zu heizen, zu reisen und zu sprechen haben", kommentiert die NORDWEST-ZEITUNG.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE moniert: "Wenn in einer Koalition ein jeder nur noch für sich kämpft, kann nichts Gemeinsames mehr entstehen. Deswegen ist es Zeit, sich scheiden zu lassen. Aus einem Rest staatspolitischer Verantwortung heraus sollten SPD, Grüne und FDP noch den Haushalt für das nächste Jahr durch den Bundestag bringen. Und danach den Weg freimachen für vorgezogene Neuwahlen", fordert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Das Deutschlandticket soll ab Januar 58 Euro im Monat kosten. Für die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe ist das in Ordnung: "Auch 58 Euro pro Monat sind noch immer deutlich weniger als eine einzige Tankfüllung, die Flatrate ist unverändert für Pendler und Vielfahrer überaus attraktiv. Das 49-Euro-Ticket ist eine Revolution. Nach dem grandiosen Erfolg des 9-Euro-Tickets im Nach-Corona-Jahr 2022 hat es mit einem Schlag den unübersichtlichen Tarifdschungel im Heiligen Römischen Reich der mehr als 60 bestehenden Tarif- und Verkehrsverbünde in Deutschland beendet. Das gilt es zu erhalten. Ein Trauerspiel war allerdings das Gezerre zwischen dem Bund und den Ländern um die Finanzierung. Das darf sich nicht wiederholen. Der Bund steht in der Pflicht, die Finanzierung des ÖPNV langfristig auf sichere Beine zu stellen. Das ist im Übrigen kein Geschenk an die Länder, sondern unabdingbar, dass Deutschland auch im Verkehrsbereich seine Klimaziele erreicht. Da hapert es noch gewaltig", kritisieren die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER bezeichnet die Entscheidung des Bundes gegen eine höhere Bezuschussung des Deutschlandtickets als einen Fehler: "Denn für viele Nutzer des Tickets war mit 49 Euro schon die Schmerzgrenze erreicht. Wenn die Ticket-Nutzer und dadurch die Bahnreisenden durch die erhöhten Preise weniger werden, ist nichts gewonnen. Die Entscheidung für eine deutliche Erhöhung der Preise ist letztendlich auch eine Entscheidung gegen eine moderne Verkehrspolitik. Denn für den Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn braucht es für die meisten nicht nur eine verlässliche Bahn, sondern vor allem auch attraktive Ticket-Preise", betont der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg befürchtet: "Viele Nutzer werden kündigen, was die Kosten des Tickets für Bund und Länder weiter treibt. Was wieder eine Preiserhöhung nach sich ziehen wird. Und so weiter. Zudem wurde die Änderung des Regionalisierungsgesetzes, das die Beteiligung des Bundes am Ticket regeln soll, auf frühestens 2026 verschoben – kein Grund zur Hoffnung mit Blick auf Preisverhandlungen in den kommenden Jahren. Daher scheint sicher: Das Ende des Deutschlandtickets naht", prognostiziert die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG. Und damit endet diese Presseschau.