09. Oktober 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Themen sind die Vorstellung des neuen SPD-Generalsekretärs Miersch und das Gedenken an das Attentat von Halle heute vor fünf Jahren. Zunächst aber geht es um den Bericht über den Zustand der deutschen Wälder, den Landwirtschaftsminister Özdemir vorgelegt hat.

Borkenkäfer-Schäden an Bäumen
Dem deutschen Wald geht es schlecht: Nur ein Fünftel der Bäume ist gesund. Schuld ist der Mensch - durch den von ihm verursachten Klimawandel. (IMAGO / Funke Foto Services / IMAGO / )
Dazu heißt es in der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Fällt der deutsche Wald bei der Verlangsamung des Klimawandels aus? Das zumindest legt die aktuelle Bundeswaldinventur nahe. Demnach stoßen die Wälder in Deutschland heute mehr Kohlenstoff aus, als sie speichern können. Damit sind die Wälder eine Quelle von Treibhausgasen geworden, die die Klimakrise eher begünstigen als stoppen – eine besorgniserregende Entwicklung. Was die Lage noch brisanter macht: Auch international ist es um die Wälder miserabel bestellt", unterstreicht die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG stellt fest: "Jetzt rächt sich, dass die Bundesregierung den ökologischen Waldumbau jahrelang ignoriert hat. Statt die Wälder klimaresistent umzugestalten, hat man weiterhin auf Monokulturen gesetzt, die noch anfälliger für Krankheiten sind."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG merkt an: "Was in der neuen Waldinventur des Bundeslandwirtschaftsministeriums steht, ist das in Zahlen geronnene Werk jahrzehntelanger Forstwirtschaft: Gepflanzt wurde, was schnell viel Ertrag bringt, und davon möglichst viel. Das erklärt viele der Kiefern- und Fichtenwälder im Land – gerade gewachsenes, perfektes Bauholz. Im Nachkriegswirtschaftswunderland konnte es gar nicht genug davon geben. Hätten sich Waldbesitzer und Staatsforsten nicht so viel Mühe gegeben, die Nachfrage der Bauwirtschaft zu befriedigen, stünde es besser um den Wald", ist die SZ überzeugt.
"Zwei Lehren lassen sich aus der Bundeswaldinventur ziehen", findet die TAGESZEITUNG: "Erstens gehört die Reduktion von Treibhausgasen in den Mittelpunkt der klimapolitischen Debatte. Die zweite Lehre: Unsere Ansprüche an den Wald sind zu groß, die Erzählung vom 'multifunktionalen Wald' hat sich überholt. In seinem jetzigen Zustand kann er nicht CO2, Wasser und Biodiversität speichern, Holz für den Bau, Papier und Brennstoffe liefern und auch noch Freizeitpark für alle sein. Für den Wald geht es in den kommenden Jahrzehnten um die Existenz", stellt die TAZ heraus.
"Die Gründe, warum der Wald so großen Schaden genommen hat, liegen auf der Hand", schreibt die AUGSBURGER ALLGEMEINE: "Ein Dürrejahr reihte sich im abgelaufenen Jahrzehnt an das nächste, Stürme schlugen Schneisen in die Wälder. Und Experten sprechen längst von einer Borkenkäfer-Epidemie in Teilen des Landes. Tatsächlich aber hat man es auch über Jahre hinweg verpasst, den Umbau zu einem vielfältigeren, gesunden Wald, der mit den Auswirkungen des Klimawandels besser zurechtkommt, zu forcieren. Jetzt wird allein durch das aktuelle Baumsterben vielerorts neu und zukunftsgerichtet aufgeforstet. Wichtig ist, dass auch private Waldbesitzer, denen in Bayern immerhin 57 Prozent der Fläche gehören, gut beraten und entsprechend gefördert werden", fordert die AUGSBUGER ALLGEMEINE.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm merkt an: "Für Agrarminister Özdemir ist die neue Bestandsaufnahme eine unmissverständliche Aufforderung dazu, sein von der FDP blockiertes Waldgesetz jetzt doch zu beschließen. Özdemir will damit unter anderem bundeseinheitliche Schwellenwerte für die Abholzung festlegen. Aber da der Zustand der Ampel vergleichbar ist mit einer vom Borkenkäfer befallenen Fichte, wird das wohl kaum passieren", glaubt die SÜDWEST PRESSE.
Nun zum neuen SPD-Generalsekretär Miersch, dem sich der Kommentar der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG widmet: "Nach dem Rücktritt des hoch talentierten Kevin Kühnert soll nun der Niedersachse Matthias Miersch ein Jahr vor der Bundestagswahl den undankbarsten Posten übernehmen, den die derzeit 17-Prozent-Partei zu vergeben hat. Angenehm für ihn, dass auch SPD-Chef Lars Klingbeil ein Niedersachse ist, der das schwer zu führende Willy-Brandt-Haus gut kennt und sich mit Miersch versteht. Als Politiker der nun ersten Reihe ist der ruhige Parteilinke Miersch für die Öffentlichkeit noch eine Red Box. Eines lässt sich jedoch schon voraussagen: Mit dem auf die Mitte zielenden SPD-Realo Klingbeil als Chef, der sich vorrangig auch um die Strategie der Bundestagswahlkampagne kümmert, dürfte es keinen Linksschwenk geben", prophezeit die F.A.Z.
Das Magazin CICERO ist folgender Ansicht: "Miersch ist seit 20 Jahren Mitglied des Bundestages und wird als erfahrener Parlamentarier geschätzt. Wie wird er sich jetzt neu erfinden? Im Vorstellungsgespräch erzählt er noch einmal von einem Streit mit Ex-SPD-Parteichef Gabriel. Miersch plädierte 2019 für einen schnelleren Kohleausstieg, Gabriel hielt dagegen. Miersch erklärte daraufhin: 'Mit der Natur kann man nicht verhandeln.' Ob solche Totschlagargumente in der Klimaschutzpolitik heute noch funktionieren?", fragt das Magazin CICERO.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide notiert: "Etwas steckt schon in dem Begriff, was ein Generalsekretär vor allem können muss: Seine Partei gut vernetzt nach außen vertreten, vor allem aber zielstrebig agieren. Eine Art General eben, nicht im militärischen Sinne, aber doch wie dieser mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet. Miersch ist nun der neue politische Befehlshaber. Er muss das vollbringen, was Kühnert nicht geschafft hat: die SPD aus dem Meinungstief nach den desaströsen Landtagswahlen und auch der Europawahl herausholen, die zwei Ampel-Partner besänftigen, in Schach halten und notfalls zurechtstutzen. All diese Fähigkeiten bringt der erfahrene Parlamentarier, dem viel Biss und politischer Ehrgeiz nachgesagt wird, mit", urteilt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
"Ein Miersch macht noch keinen Sommer", betonen die STUTTGARTER NACHRICHTEN: "Erst droht der SPD mit Olaf Scholz ein kalter Koalitions-Winter. Natürlich wird sich der neue Generalsekretär dabei hinter den Bundeskanzler stellen. Miersch wird alle Hände voll zu tun haben. Aber die Partei darf ihm zutrauen, ein neues kantiges Gesicht der SPD zu sein. Nicht zuletzt medial. Und wer weiß? Vielleicht löst Miersch bald Saskia Esken als Gesprächspartner in den Talk-Shows ab. Zumindest dann hätte sich seine Berufung für die Partei schon gelohnt", resümieren die STUTTGARTER NACHRICHTEN.
"Ein Signal an die Liberalen, dass die SPD sie um jeden Preis bei der Ampel-Stange halten will, ist die Nominierung des neuen Generalsekretärs nicht", kommentiert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder): "Ist die Miersch-Berufung ein Zeichen für neu entdeckten sozialdemokratischen Mut? Wohl kaum. Die SPD hat schon so lange das 'Ich-würde-wenn-ich-wüsste-dass-ich-könnte-Spiel' verloren, dass die Öffentlichkeit gar nicht mehr merkt, wenn die Sozialdemokraten eine historische Chance nicht nutzen." So weit die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Zum Schluss noch ein Blick nach Halle, wo heute an das Attentat auf die Synagoge erinnert wird. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU notiert: "Zur rechtsextremen Weltsicht zählt der Hass gegen Jüdinnen und Juden ebenso wie der Hass gegen Menschen aus anderen Religionen und Kulturen, nicht zuletzt Musliminnen und Muslime. Kaum eine Tat zeigt diese Verbindungslinie so deutlich auf wie der Terror von Halle. Vor fünf Jahren wollte der Attentäter erst Menschen in einer Synagoge ermorden. Als er scheiterte, griff er einen von türkischstämmigen Migranten betriebenen Imbiss an, ermordete einen Gast und eine Passantin und fuhr mit seinem Wagen einen Somalier an. Sein Hass richtete sich gegen alles, was er als fremd ablehnte. Es ist Zufall, dass der Jahrestag der Bluttat von Halle zwei Tage nach dem Gedenken an das Massaker der Hamas in Israel ansteht, bei dem die Lager in Deutschland auseinanderfielen und jeweils die 'eigenen' Opfer im Mittelpunkt standen. Die einen gedachten der jüdischen Menschen, die anderen der Palästinenserinnen und Palästinenser. Der Kampf gegen die rechtsextreme Verschwörungsideologie sollte jene, denen Hass entgegenschlägt, verbinden. Daran gemahnt der Jahrestag von Halle", hält die FRANKFURTER RUNDSCHAU fest.