
Diese kommentiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Der gewissenlose und monströse Angriff, den Sinwar am 7. Oktober vergangenen Jahres auf Israel startete, wurde ihm nun selbst zum Verhängnis. Seine Tötung hat etwas von Rache, was im friedlichen Deutschland viele irritieren wird, aber er ist auch ein taktischer Erfolg für Israel. Israels Premier Netanjahu spricht zu Recht vom Beginn des Endes des Gazakrieges. Sinwars Widerstand war zuletzt ein Haupthindernis für einen Geiseldeal. Es ist vernünftig, dass die israelische Führung seinen Tod zu einem Angebot an die verbliebenen Kämpfer nutzt; die Demoralisierung unter ihnen könnte hoch sein. Sie müsste jetzt allerdings endlich auch einen Plan für eine Zukunft des Gazastreifens ohne die Hamas entwickeln. Eine Besatzung oder neue israelische Besiedlung sollte es nicht sein", mahnt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN schöpfen Hoffnung: "Kommen die Geiseln, sofern sie noch leben, jetzt frei, gäbe es die Chance für weitere Gespräche während einer Waffenruhe. Aber gelingt es Netanjahu, die rechtsextremen Minister im Kabinett zur Mäßigung zu bringen? Dort fordern manche die Annexion des Gaza-Streifens und des Westjordanlands. So aber lässt sich gewiss kein Kompromiss mit den Palästinensern finden, die auf Land pochen. Und die Palästinenser? Da ist die offene Frage, ob es der breiten Mehrheit der leidenden Zivilbevölkerung gelingt, das Joch der Unterdrückung durch die angeblichen Befreier von Hamas und Hisbollah loszuwerden. Alle sehen, was das Erbe des nun getöteten Sinwar ist: über 40.000 Tote und unermessliches Leid in Israel und im zerbombten Gaza."
Die Zeitung ND DIE WOCHE zweifelt daran, dass die Tötung von Sinwar die Lage der israelischen Geiseln verbessern wird: "Der Vize-Chef des Hamas-Politbüros, Khalil Al-Hayya, hat bereits erklärt, dass diese erst dann freikämen, wenn sich die israelische Armee komplett aus dem Gazastreifen zurückgezogen habe. Alles also wie zuvor, einen neuen Anführer wird die Hamas bestimmt auch bald finden. Doch für Israels Regierung ist die Geiselfrage ohnehin nachrangig. Traut man den sich verdichtenden Anzeichen, hat sie weiter reichende Pläne: Vertreibung der Palästinenser aus dem Norden des Gazastreifens, Besiedelung durch jüdische Siedler und militärische Kontrolle über den Rest", ist in der Zeitung ND DIE WOCHE aus Berlin zu lesen.
"Ob sich der Schlag gegen Sinwar für Israel praktisch auszahlt, muss sich erst erweisen", wirft die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus ein: "Denn noch ist unklar, wie sich der Hamas-Unterstützer Iran positioniert."
Auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG blickt in den Iran: "Die Hamas ist am Boden, die Hisbollah stark geschwächt. Und dem Regime im Iran fällt nicht viel dazu ein. Im Prinzip hoffen sie in Teheran, dass Israel sich nun, nach Sinwars Tod, auf einen Frieden einlässt. Und dass sich wenigstens die Hisbollah dann über die Jahre wieder aufbauen lässt. Gerade reist der iranische Außenminister auf diplomatischer Mission durch die Region. Aber noch ist Krieg, und wer den Krieg - so wie Teheran - nicht will, der wird ihn auch nicht gewinnen. Sinwar starb, wie er es sich wohl selbst ausgemalt hat. Jetzt ist es an Israels Premier Netanjahu zu bestimmen, was er aus dessen Tod macht. Wie lange er noch kämpfen will. Was er noch gewinnen will", analysiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Das STRAUBINGER TAGBLATT fordert von Berlin jetzt eine klare Positionierung gegen eine Fortsetzung der israelischen Angriffe: "Bei aller Staatsräson - die Bundesrepublik ist der zweitgrößte Waffenlieferant Israels. Wenn Netanjahu seinen Kurs jetzt nicht schnell ändert, muss sich Berlin dem Vorbild von Paris und Madrid anschließen und den Israelis klar sagen: Entweder ihr legt jetzt einen Ausstiegsplan aus dem Krieg vor – oder es wird keine deutschen Waffen für Israel mehr geben."
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU geht auf den Deutschland-Besuch von US-Präsident Joe Biden ein: "Eigentlich sollte dieser Staatsbesuch eine Demonstration der Stärke der westlichen Allianz werden inklusive eines großen Treffens in Ramstein zur Unterstützung der Ukraine. Dann wirbelte der Hurrikan in den USA die Termine durcheinander, der sogenannte Siegesplan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj versandete, und am Ende reiste Biden für 20 Stunden nach Deutschland. Auf dem Besuch lag kein Segen mehr. Im Gegenteil: Er ist zu einem Sinnbild der Schwäche des Westens geraten. Zwei kraftlose Anführer: Mit Biden trat der scheidende altersschwache Präsident der mächtigsten westlichen Nation auf. Und seinem Gastgeber Olaf Scholz, dem Regierungschef der größten europäischen Volkswirtschaft, ist der Rückhalt im eigenen Land verloren gegangen", hält die FRANKFURTER RUNDSCHAU fest.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE widerspricht: "Es wäre falsch, von einem schwachen Westen zu sprechen. So stabil wie unter Obama, Merkel und den anderen ist die transatlantische Brücke allerdings auch nicht mehr. Es ist zu hoffen, dass nach der Wahl in den USA neuer Schwung entsteht. Sicher aber ist das nicht."
Der WESER-KURIER aus Bremen konstatiert: "Dass es noch in den letzten Wochen von Bidens Amtszeit eine Menge Themen zu besprechen gibt, davon zeugt auch die Tatsache, dass neben US-Außenminister Blinken auch noch der französische Staatspräsident Macron und der britische Premierminister Starmer zu dem Kurz-Trip hinzugerufen wurden, um die gemeinsamen Positionen in wichtigen weltpolitischen Fragen von der Ukraine über den Gazastreifen und dem Libanon bis zum Iran abzustimmen. Nicht zufällig hat dieses Vierer-Treffen in Berlin stattgefunden. Das war auch ein deutliches Zeichen der Wertschätzung der Biden-Administration für die Bundesregierung", findet der WESER-KURIER.
"Als die Präsidentenmaschine wieder gen Washington abhob, überkam einen das Gefühl, etwas Historisches erlebt zu haben", schreibt die FULDAER ZEITUNG: "Mit Biden verlässt ein Politiker und Transatlantiker alter Schule die Bühne – und Vieles dürfte nach ihm anders werden."
Das im Bundestag mit den Stimmen der Ampelkoalition verabschiedete Sicherheitspaket ist Thema in der VOLKSSTIMME. "Ob an diesem Gesetzespaket, das vom Bundesrat teils gestoppt wurde, alles vernünftig ist, sei dahingestellt", meint das Blatt aus Magdeburg: "Es ist aber ein erforderlicher Schritt, Jahrzehnte alte Gesetze den Fluchtbewegungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Schließlich ist es eine Tatsache, dass Deutschland in Asien und Afrika für einen unerschöpflichen Selbstbedienungsladen gehalten wird, in dem der Staat mit Geld vergleichsweise nur so um sich wirft."
Den einen geht das Sicherheitspaket nicht weit genug, andere warnen vor einer Aushöhlung des Asylrechts - so auch der KÖLNER STADT-ANZEIGER: "Das individuelle Recht auf Asyl sei 'nicht verhandelbar' sagte Innenministerin Faeser. Tatsächlich werden die Regeln aber nun so rigide, dass das Grundrecht selbst vielfach bloß noch auf dem Papier steht. Diese Entwicklung trifft auch zunehmend Menschen, für die Schutz vor Verfolgung tatsächlich eine Überlebensfrage ist."
ZEIT ONLINE macht sich vor dem Hintergrund des umstrittenen Sicherheitspakets Gedanken über die Ampel: "Diese Koalition hat ihr Ablaufdatum überschritten. Die Geschichte des Sicherheitspaketes illustriert den Niedergang der Ampel, und zwar im Zeitraffer. Eine Regierungskoalition, die nur mit Tricks nach außen und Drohungen nach innen ihre Mehrheit im Parlament sichern kann, sollte erkennen, dass sie ihr Ablaufdatum überschritten hat. Zu beobachten sind Machtschwund und Hilflosigkeit allenthalben: Dem Kanzler schmilzt die eigene Mehrheit weg, nach links und rechts. Es wäre wohl an der Zeit, mit der Vertrauensfrage nicht mehr nur zu drohen, sondern sie auch mal beantworten zu lassen." Mit dieser Stimme von ZEIT ONLINE endet die Presseschau.