31. Oktober 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zu den Wirtschaftsgipfeltreffen in der Bundespolitik sowie zur Regierungsbildiung in Thüringen. Zunächst aber geht es um die Präsidentschaftswahl in den USA, die kommenden Dienstag stattfindet.

Donald Trump spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung.
Der Wahlkampf in den USA ist Thema in den Zeitungen. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Mike Stewart)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt: "In Wirklichkeit war Trump ein Vorreiter. Sollte er wiedergewählt werden, dann würde er in eine politische Welt zurückkehren, die sich seinen Vorstellungen angenähert hat. Das betrifft besonders Europa. Rechtspopulistische Parteien sind bekanntlich auch hier seit Jahren im Aufschwung, selbst in westeuropäischen Ländern erzielen sie inzwischen Wahlsiege. Dass Trump immer radikaler auftritt, kennt man hierzulande ebenfalls. Es ist das Erfolgsrezept der AfD. Trump hat in seiner ersten Amtszeit immer wieder gesagt, dass er Präsident der Vereinigten Staaten sei, nicht der ganzen Welt. Das ist ein Schlüsselsatz, den in abgewandelter Form viele rechtspopulistische Parteien teilen", stellt die F.A.Z. fest.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER stellt fest: "Bewiesen wurde jedenfalls einmal mehr, was alles nicht hilft im Kampf gegen Trump. Wer auf seine Lügen eingeht und ihn mit großer Geste widerlegen will, nähert sich bereits einer Falle. Denn in der Blase seiner Fans entfalten Trumps Aussagen leider auch dann ihre Wirkungen, wenn sie nicht stimmen. Wie übersteigt man eine solche Lügenmaschinerie? Geholfen haben den US-Demokraten Signale in die Mitte hinein: die Ernennung des bodenständigen Tim Walz zum Vizepräsidentschaftskandidaten, das auf 80 Seiten zum Download bereitgestellte Harris-Konzept zur steuerlichen Entlastung junger Familien, die Auftritte von zu Harris-Fans gewendeten Republikanern. Harris und ihre Helfer haben vieles, aber nicht alles richtig gemacht", glaubt der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die TAGESZEITUNG - TAZ - kommentiert: "Je dreister die Lüge, je aggressiver der Angriff, desto mehr sahen sich Harris und die Demokrat*innen genötigt, darauf einzugehen. Inhaltlich völlig zu Recht brandmarken sie Trumps Wunsch nach autoritärer Herrschaft bis hin zum Faschismus. Aber das bedeutet eben: Er ist das Thema, nicht ihre Ideen. Und: Trump ist es eben auch gelungen, auf den tatsächlichen Problemen eines Großteils der Bevölkerung, etwa der Inflation, aufzusetzen und eine mit Lügen oder Übertreibungen konstruierte Erzählung zur gefühlten Wahrheit seiner Anhänger*innen zu machen. Sich selbst preist er zugleich als einzig mögliche Lösung all dieser Probleme an. Dem setzt die Warnung, Trump sei eine Gefahr für die Demokratie, einfach wenig Überzeugendes entgegen", notiert die TAZ.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG folgert: "Zur vollen Wahrheit gehört, dass auch die Demokraten ihren Teil zu dieser Horrorshow beigetragen haben. Sie haben über Jahrzehnte eine ihrer wichtigen Stammwählergruppen vernachlässigt, die blue-collar workers. Wie so viele andere linke Parteien weltweit entwickelten sie sich von einer Partei der Arbeiter zu einer Partei der Akademiker. Noch zu Beginn der Sechzigerjahre stimmten in den USA etwa zwei Drittel der Arbeiter und Angestellten ohne Hochschulabschluss für die Demokraten. Es war praktisch eine Selbstverständlichkeit. Mittlerweile gewinnen in dieser Wählergruppe die Republikaner mit zweistelligem Vorsprung", erinnert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die verschiedenen Wirtschaftsgipfel und die Rolle der Bundesregierung in der wirtschaftlichen Lage sind in vielen Zeitungen Thema. Die AUGSBURGER ALLGEMEINE moniert: "Die deutsche Politik ist auf Sandkasten-Niveau angekommen, was fatal ist angesichts der sich beängstigend festsetzenden Wirtschaftskrise. Es wird Zeit, alle Ränkespiele zu beenden, das Schuldzuweisen einzustellen und die Wirtschaftswende einzuläuten. Denn die Situation ist zwar verfahren, aber keineswegs aussichtslos. Also Schluss mit Zaudern, Jammern, Egoismen, Machtspielereien und Tricksereien."
Das STRAUBINGER TAGBLATT kritisiert: "Diese Regierung hat das Regieren eingestellt, ihre Mitglieder sind nur noch auf der Suche nach Profilierung für die Bundestagswahl im nächsten Jahr. Sie sollte dieses unwürdige Schauspiel schnellstens beenden, sei es, indem sich die Koalitionäre doch noch auf ihren Amtseid besinnen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, und ihrer Verantwortung, zu handeln, nachkommen – oder aber abtreten."
Die NÜRNBERGER ZEITUNG erklärt: "Was die Wirtschaft am Wachsen hindert, hat längst nicht alles die amtierende Bundesregierung zu verantworten. Zu verantworten hat sie allerdings, vor allem für die Ausweitung von leistungshemmenden Sozialstaatsausgaben - Bürgergeld! - und teurer Bürokratie - Lieferkettengesetz! - gesorgt zu haben. Wie im Brennglas ist die Krise der deutschen Wirtschaft bei VW zu beobachten."
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz unterstreicht: "Ehrlicherweise gibt es nur noch einen Gipfel, der jetzt zählt: Scholz, Habeck und Lindner sollten sich schleunigst zusammensetzen und die Karten auf den Tisch legen, dazu braucht es den angedachten Koalitionsausschuss in der nächsten Woche gar nicht mehr. Die Fragestellung ist einfach: Wollen wir die Koalition fortsetzen, einigen wir uns auf den Haushalt 2025 und einen, wie es der Kanzler nennt, 'Pakt für die Industrie' oder nicht? Ist der gemeinsame politische Wille noch vorhanden, sind Kompromisse möglich, oder beraten wir besser eine Trennungsvereinbarung? Die Szenen der zerrütteten Ehe weiter zu beobachten, führt jedenfalls zu nichts und macht die Aussichten aller drei Männer, die wiedergewählt werden wollen, nicht besser", rät die RHEIN-ZEITUNG.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg meint: "Was Deutschland braucht, sind unpopuläre Reformen. Die Steuerbelastung von Unternehmen muss gesenkt werden, um den Standort attraktiver zu machen. Bei den Staatsausgaben müssen Prioritäten gesetzt werden, um sparen zu können. Dazu zählen Bildung, Infrastruktur, Verteidigung und ein Sozialstaat, der Armen hilft, aber nicht dazu dient, die gut situierte deutsche Mittelschicht zu alimentieren. Hinzu kommen bittere Eingeständnisse: Ohne Mehrarbeit wird das Land den wachsenden Anteil der Älteren nicht finanzieren können. All dies wird aber eine zerstrittene Koalition vor der Wahl nicht beschließen", glaubt die BADISCHE ZEITUNG.
Mit der Regierungsbildung nach der Landtagswahl in Thüringen befasst sich der MÜNCHNER MERKUR: "Kein bisschen Frieden in Sahra Wagenknechts neuer Friedenspartei. Thüringens mutige BSW-Wahlsiegerin Katja Wolf will unbedingt mit CDU und SPD regieren und ignoriert das Veto ihrer Parteichefin. Die wollte SPD und Union vor sich hertreiben. Jetzt ist sie plötzlich selbst eine Getriebene. Anders als die Brandenburger SPD, die zur Freude Putins alles akzeptierte, was die rote Sahra ihr von Berlin aus an Koalitionsbedingungen diktiert hatte, sind die Thüringer Koalitionäre in spe nicht bereit, die von Wagenknecht verlangte Kapitulationserklärung zu unterzeichnen. Sollte die Alt-Kommunistin davon geträumt haben, ab jetzt mit ihren handverlesenen Parteimitgliedern in Deutschland nach Art des DDR-Politbüros durchzuregieren, muss sie jetzt einen Rückschlag hinnehmen. Es würde zu ihrem zerstörerischen Charakter passen, wenn sie an Wolf nun ein Exempel statuierte", kommentiert der MÜNCHNER MERKUR.
Die STUTTGARTER ZEITUNG betont: "Wolf will Landespolitik machen – und nichts anderes. Die Berliner Parteiführung wiederum drängt auf außenpolitische Bekenntnisse in einer Koalitionsvereinbarung – gegen den Ukraine-Krieg und gegen neue US-Raketen in Deutschland. Doch von Thüringen aus auf die Ukraine-Politik der Bundesregierung einzuwirken, war nie realistisch. Sollte Wolf nachgeben müssen und die Verhandlungen in Thüringen deshalb platzen, wäre die Richtungsfrage beim BSW entschieden. Dann hätte es bewiesen: Dieser Partei und ihrer Gründerin geht es nur um sich selbst."