
Kritik am Verhalten des Kanzlers lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Olaf Scholz hat die Beweglichkeit, die er in der Terminfrage erkennen ließ, an das Entgegenkommen der Opposition geknüpft. Das ist der letzte taktische Hakenschlag eines Politikers, der sich als Marionette der SPD-Fraktion fühlen muss. Wenn es um die Sache ginge, spräche nichts gegen eine schnelle Vertrauensfrage. Aber es scheint, als finde die SPD Gefallen daran, das Ende mit Schrecken doch noch in einen Schrecken ohne Ende zu verwandeln." Sie hörten die F.A.Z.
"Es zeichnet sich ab, dass eine Vertrauensfrage erst im Januar nicht zu halten ist", heißt es im SÜDKURIER aus Konstanz: "Daher ist es verständlich, dass die Merz-Truppe mit Ärger auf das Schreiben von Bundeswahlleiterin Brand an Scholz reagiert, in dem jene teils schwer begreifliche Hürden (Papiermangel!) vor einer schnellen Neuwahl auftürmt. Das gibt verständlicherweise zu Spekulationen Anlass. Brand wurde von SPD-Innenministerin Faeser ernannt. Dass sie sich nun ungefragt in den Vordergrund drängt, ist zumindest ungewöhnlich. Diese Sache aufklären zu wollen, ist daher das gute Recht der Union."
Das sieht die FRANKFURTER RUNDSCHAU anders: "Natürlich klingt es auf den ersten Blick albern, wenn man hört, dass es bei der Papierbeschaffung Probleme geben könnte. In Berlin, wo die Menschen in vier Jahren nun die dritte Wahl erleben werden, lacht man über organisatorische Pannen aber nicht mehr. Gravierender ist aber: Die meisten Kandidat:innen, die für den Bundestag antreten wollen, sind noch nicht einmal aufgestellt. Auf Kreis- und Landesebene müssen die Nominierungen vorgezogen werden. Dann gibt es noch die kleinen Parteien wie etwa Volt. Sie müssen Unterschriften sammeln, um zur Wahl zugelassen zu werden. Für Einzelkandidat:innen gilt das gleiche. Wer sagt, dies alles sei zweitrangig, missachtet die Demokratie", betont die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
"Die Debatte um Vertrauensfrage und Wahltermin hat groteske Züge angenommen", moniert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG: "Gerade die Parteien, die am lautesten eine sofortige Vertrauensfrage fordern, sind am schlechtesten vorbereitet: Die AfD hat vielerorts noch keine Kandidaten gekürt, Sahra Wagenknechts BSW noch nicht mal alle Landesverbände gegründet. Und selbst CDU-Chef Merz ist im Wahlkreis noch nicht aufgestellt. Intern hoffen fast alle auf eine Wahl im März. Gerade die CDU als wahrscheinlicher Wahlsieger muss ein Interesse daran haben, dass bei der Vorbereitung der Wahl alles korrekt und unanfechtbar organisiert werden kann."
Und die TAGESZEITUNG schreibt: "Der Wahlkampf droht so inhaltsleer zu werden, wie er angefangen hat. Das liegt nicht nur am Gezerre um den Termin, sondern auch daran, dass erneut die drei Männer antreten dürften, die das Ende der Ampelkoalition verantworten: Robert Habeck, Christian Lindner und Olaf Scholz, sie alle stehen so wenig für Aufbruch wie Friedrich Merz. Keine guten Aussichten, egal, wann gewählt wird."
Heute beginnt in Aserbaidschans Hauptstadt Baku der Weltklimagipfel. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER beklagt: "Killerstürme, Dürren, immer neue Jahrhundertfluten und Hitzerekorde – und das weltweit. Und dennoch wird der Klimawandel nach wie vor geleugnet, bestenfalls hingenommen. Kann man ohnehin nichts mehr machen, wir haben auch angesichts der Rezession Wichtigeres zu tun, so eine Ansicht, die zunehmend selbst bei Menschen Verbreitung findet, die den Klimawandel ernst nehmen. Interessanterweise spielte das Thema Klima auch bei der Abrechnung des Noch-Kanzlers mit seinem geschassten Finanzminister Lindner nur eine untergeordnete Rolle. Dabei ist die Schuldenbremse insbesondere mit Blick auf den Klimawandel kontraproduktiv. Das Argument, man dürfe die kommenden Generationen nicht mit Schulden belasten, zieht nicht. Schließlich werden die zukünftigen Kosten durch jetzt unterlassene Klimaschutzinvestitionen kaum noch beherrschbar sein", lautet die Mahnung im KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen erinnert an Folgendes: "Vergangenes Jahr in Dubai hatte es eine positive Überraschung gegeben. Zum ersten Mal in der langen Historie der Klimagipfel einigte sich die Weltgemeinschaft explizit auf die Formulierung: Die Zukunft gehört nicht den fossilen Energien. Dazu passt nicht, dass der jetzige Gastgeber Aserbaidschan seine Produktion von Öl und Gas stark hochfahren will. Ist es am Ende leichter, eine Mars-Mission durchzuführen, als 190 Staaten zum Schutz des Weltklimas zu bewegen?".
"Wirkliche Klimapolitik wird immer noch vor Ort gemacht", betont die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Es liegt in der Hand der Länder, wie sie sie gestalten. Und da gibt es durchaus Lichtblicke: China etwa, nach wie vor größter CO₂-Emittent, treibt den Ausbau erneuerbarer Energien mittlerweile massiv voran. Grundsätzlich sollte klar sein, dass Klimabeschlüsse mehr sein müssen als ein bloßes wirtschaftliches Ärgernis, dessen man sich gegebenenfalls entledigen müsste. Eine Klimapolitik auf Abruf kann man auch gleich sein lassen. Schlauer wäre, sie so zu gestalten, dass sie als Gewinn, nicht als Belastung empfunden wird. Zuschüsse für Solaranlagen, Prämien für umweltschonende Anschaffungen, Investitionen in zukunftsfähige Branchen – es mangelt ja nicht an Möglichkeiten. Und eigentlich auch nicht an Geld. Denn teuer wird der Klimawandel so oder so – entweder jetzt oder eben später, dann aber so richtig", warnt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Diee RHEIN-NECKAR-ZEITUNG nimmt die Wahl des Austragungsortes in den Blick: "Die Organisation Fridays For Future empört sich, dass ausgerechnet das Ölexportland Aserbaidschan die 29. Weltklimakonferenz ausrichtet. Doch wer so argumentiert, macht aus der Weltkonferenz ganz schnell eine 'Konferenz der Willigen'. Und die dürfte dann überschaubar ausfallen. Klimapolitik ist ein zähes Geschäft. Der Mensch ist eben nicht willens über Generationen hinweg gerecht und solidarisch zu handeln. Deshalb hat die Menschheit das 1,5-Grad-Ziel, das eigentlich für das Jahr 2100 eingeplant war, bereits gerissen. Glaubt man dem Klimaforscher Latif, dann werden es sogar 3 Grad sein, um die dann die Durchschnittstemperatur auf der Erde höher ist als vor der Industrialisierung. Was das bedeutet, haben gerade die Menschen in Spanien erlitten. Um dem zu begegnen, benötigt es aber die Kooperation selbst mit solchen Staaten wie Aserbaidschan", hebt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg hervor.
"Für den Weltklimagipfel ist der Wahlausgang in Amerika der GAU", lautet die Einschätzung in der BERLINER MORGENPOST: "Durch Trump wird die Industrienation, die neben China am meisten für die Verunreinigung der Erdatmosphäre sorgt, auf Rückschritt programmiert. Und wenn die größte Volkswirtschaft der Erde beim Kampf gegen die Treibhausgase die Stopp-Taste drückt, ziehen andere nach. Oder schalten bei ihren eigenen Bemühungen zumindest einen Gang herunter."
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm kritisiert etwas anderes: "Dass Trump aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen will, ist keine Überraschung. Den technologischen Wandel in den USA wird aber auch der designierte US-Präsident nicht aufhalten können. Wind- und Solarstrom boomen auch in den USA, Trump hat zudem angekündigt, auf Gas und Kernkraft zu setzen, was nicht unbedingt nach einem Kollaps des Klimaschutzes in den Vereinigten Staaten klingt. Bedauerlich ist das weltweite Desinteresse an der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan. Viele westliche Regierungschefs reisen gar nicht erst an. Politiker wie Olaf Scholz, Emmanuel Macron, Joe Biden oder Justin Trudeau, die sich im Kampf gegen den Klimawandel engagiert hatten, haben entweder ihren Zenit überschritten oder momentan andere Prioritäten."