"Es war eine mutige Rede, die Olaf Scholz im Bundestag hielt", konstatiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Denn der Kanzler lieferte eine Regierungserklärung, die nichts anderes sein konnte als eine Wahlkampfrede, allerdings eine, die nicht einmal seine eigene Partei bis vor Kurzem in den Landtagswahlkämpfen hören wollte. So wenig Vertrauen wurde ihm entgegengebracht, so wenig Ansehen hatte seine taumelnde Koalition, so viel Zuspruch bekamen Populisten von rechts wie links angesichts der Berliner Politik. Und nun beklagte sich Scholz über ein 'Konjunkturprogramm für Extremisten', als dessen Urheber er nicht etwa sich selbst, sondern seine Gegner sah; nun hielt er eine Wahlkampfrede, aus der die Führung abgeleitet werden sollte, die er so oft vermissen ließ", heißt es in der F.A.Z.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg bezeichnet die Regierungserklärung als "Wahlwerbung in eigener Sache": "Wohl auch mit Blick aufs Grummeln im eigenen Lager. Scholz gab den kämpferischen Sozialdemokraten. Zugleich forderte er vermeintlich staatsmännisch die Union auf, im Interesse der Bürger 'einigungsfähigen' Gesetzen noch vor Auflösung des Parlamentes zuzustimmen. Was einigungsfähig sein soll, das definiert Scholz selbstredend selbst. Seit dem Ampel-Aus versucht er so, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren oder – falls dies nicht klappt – zumindest die Union in die Nähe kleinlicher Neinsager zu rücken", beobachtet die BADISCHE ZEITUNG.
"Dass die Union als größte Oppositionspartei nicht gewillt ist, der Regierung noch Erfolgsmeldungen zu ermöglichen, ist nachvollziehbar", meint die Zeitung DIE GLOCKE aus Oelde. "Sie sollte aber zumindest punktuell mit SPD und Grünen stimmen, um wenigstens einige Projekte noch zu vollenden – wie die Kindergelderhöhung oder die Absicherung des Deutschlandtickets. Und es könnte sich für CDU und CSU an der Wahlurne auszahlen, wenn sie sich im Wahlkampf als staatstragend, verantwortungsbewusst und bürgerfreundlich präsentieren können."
Die STUTTGARTER ZEITUNG findet: "Scholz sollte den Wahlkampf in seinem überzogenen Selbstbewusstsein nicht nur als unbotmäßige Unterbrechung seiner Regierungszeit sehen. Und Merz sollte sich als der gestaltungskräftige Politiker zeigen, für den er sich selbst hält. Das bedeutet: Ideen auf den Tisch – mit Finanzierungsvorschlägen! Wahlkampf soll ein Wettstreit der politischen Konzepte sein, bei dem die Bürger über die Zukunft des Landes bestimmen können. Da müssen Scholz und Merz noch liefern", fordert die STUTTGARTER ZEITUNG.
"Zu einem Kandidaten Pistorius führt im Moment nur ein Weg: Scholz müsste freiwillig verzichten – und das wird er nicht tun", vermutet die AUGSBURGER ALLGEMEINE. "Ja, viele Genossen murren, weil die Umfragewerte für die Partei und ihren Kanzler gleichermaßen schlecht sind. Vom Murren an der Basis bis zum Putsch gegen den eigenen Regierungschef aber ist es ein weiter Weg. Anführen dürfte einen solchen Aufstand auch nicht Pistorius selbst, weil ihm dann sofort eigene, niedere Interessen unterstellt würden, sondern jemand aus der engeren Parteispitze, also einer der beiden Vorsitzenden oder der Generalsekretär. Die aber stehen alle loyal hinter Scholz, auch auf die Gefahr hin, am Ende gemeinsam ein desaströses Wahlergebnis verantworten zu müssen", analysiert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Abgeordnete aus mehreren Fraktionen haben einen Antrag auf ein Verbotsverfahren gegen die AfD eingereicht. Sie werfen der Partei vor, gegen das Grundgesetz zu verstoßen. Die TAGESZEITUNG – TAZ – schreibt dazu: "Jetzt ist der falsche Zeitpunkt dafür. Die Gefahr des Scheiterns ist einfach zu groß. Ohnehin war es fraglich, ob der Antrag Aussicht auf eine Mehrheit im Bundestag hat. Die Fraktionsspitzen von Union und SPD sehen das Vorhaben kritisch, die FDP lehnt es weitgehend ab, das BSW gänzlich. Einigen Grünen-Abgeordneten geht es zu schnell. Einen Push, so sah es bislang aus, könnte das Unterfangen bekommen, wenn die Gesamtpartei als 'erwiesen rechtsextrem' eingestuft würde. Schlimmer noch: Er könnte nach hinten losgehen. Scheitert der Antrag, ist das Unterfangen auf absehbare Zeit verbrannt. Und die AfD könnte behaupten, dass sogar die Mehrheit des Bundestags sie nicht für wirklich gefährlich hält. Es wäre ein weiteres Wahlkampfgeschenk für die extrem rechte Partei", befürchtet die TAZ.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm blickt auf die angekündigte Kandidatur des bisherigen Präsidenten des Verfassungsschutzes, Haldenwang, für den Bundestag: "Aus dem Amt heraus eine mögliche Bundestagskandidatur für die CDU anzukündigen, ist politisch derart instinktlos, dass man nur hoffen kann, dass die CDU den Verstand bewahrt und Haldenwang nicht auf ihre Wahlliste setzt. Denn vor allem die AfD wird nun durch das Land laufen, um den 'Systemparteien' vorzuwerfen, sie würden den Staat gegen sie instrumentalisieren. Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss parteipolitisch neutral sein, wenn es Verfassungsfeinde beobachtet. Diese Neutralität hat Haldenwang infrage gestellt. Er sollte das tun, was er ursprünglich angekündigt hatte: in den Ruhestand gehen", empfiehlt die SÜDWEST PRESSE.
Der TAGESSPIEGEL erinnert sich: "Haldenwang bewertete unbekümmert AfD-Personal, er verkündete die AfD als 'Prüffall' – was rechtswidrig war –, er wollte mobilisieren, wachrütteln und sogar Umfragewerte senken. Die betroffene Partei erkor ihn daraufhin zum Lieblingsfeind und nährte erfolgreich Verschwörungsmythen, wonach ihr mit staatlichen Mitteln von einer gelenkten Behörde der Garaus gemacht werden soll. Wundern muss man sich nicht nur über Haldenwangs Gedankenlosigkeit, mit der er seine Behörde und deren Arbeit desavouiert, sondern auch über die Gefühllosigkeit seiner CDU-Freunde, ihn sogleich auf einen Kandidatenschild zu heben. Erst hat Maaßen das Amt beschädigt, nun ist es Haldenwang. Die neue Behördenleitung wird erklären müssen, wie der Verfassungsschutz es schaffen will, wieder ernst genommen zu werden. Bis dahin liegt ein AfD-Verbotsverfahren in weiter Ferne", mutmaßt der TAGESSPIEGEL.
Der designierte US-Präsident Trump hat weitere Personalentscheidungen bekanntgegeben. Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG merkt an: "Einwanderungsgegner, Klimawandelleugner, Waffennarren – so verstörend Trumps Personalentscheidungen in Brüssel und Berlin wirken mögen, im Rahmen seiner Agenda 'Make America Great Again' und dem Schleifen etablierter staatlichen Strukturen sind sie konsequent. Trump sieht sich als Präsident, der über den demokratischen Institutionen steht und entsprechend erwartet, dass gemacht wird, was er befiehlt. Sollte in seiner Koketterie, 'Diktator für einen Tag' sein zu wollen, ein Körnchen Wahrheit liegen, bleibt zu hoffen, dass die Bürger der Vereinigten Staaten nicht ein böses Erwachen erleben – zumal ihm der Kongress mit republikanischer Mehrheit sicher keine Steine in den Weg legen wird."
"Auf der illustren Besetzungsliste für die zweite Trump-Administration ragt ein Name hervor: Elon Musk", unterstreicht die VOLKSSTIMME aus Magdeburg. "Der Milliardär soll als Berater den Regierungsapparat auskehren und effektivieren. Das heißt nichts anderes, als dass das bislang mächtigste Land der Welt wie ein privater Konzern geführt werden soll. Es liegt auf der Hand, dass damit – entgegen anderen Behauptungen der Trumpisten – die US-Demokratie in den USA auseinandergeschraubt werden würde. Es wäre neben den weltweit existierenden demokratischen oder autokratischen Herrschaftsformen eine neue Variante: eine Führung, die nur die Macht des Geldes trägt und in der Wirtschaft und Politik total verschmelzen. Musk ist High-Tech-Magnat, Weltraum-Unternehmer und Medien-Zar. Nun wird er Spitzenpolitiker – die Allmacht ist komplett", stellt die VOLKSSTIMME fest. Und damit endet diese Presseschau.