18. Dezember 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Im Mittelpunkt der Kommentare stehen die Wahlprogramme der Parteien für die Bundestagswahl, die voraussichtlich am 23. Februar 2025 stattfindet. Außerdem kommentiert wird der Mordanschlag auf einen prominenten General der russischen Armee.

Blick in den leeren Plenarsaal im Bundestag
Blick in den leeren Plenarsaal im Bundestag (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
Die Wahlprogramme von CDU, Grünen und SPD seien von teuren Versprechen geprägt, analysiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Die Union will Steuerentlastungen für Arbeitnehmer und Wirtschaft in Milliardenhöhe ermöglichen, ohne einen Vorschlag zur Finanzierung zu machen. Mit den paar Milliarden, die sie mit der Abschaffung des Bürgergeldes gewinnt, wird das kaum zu machen sein. Grüne und SPD wollen 100 Milliarden Euro schwere Fonds einrichten, die für klimafreundliche Investitionen genutzt werden sollen – eine Idee, die schon während der Ampel-Koalition kursierte, mit der FDP aber nicht zu machen war. Im Kern lässt sich der Wahlkampf auf die eine Frage reduzieren: Muss der Staat sich hoch verschulden und mehr investieren, um die Wirtschaft zu retten, die Verteidigung besser aufzustellen und die Sozialsysteme zu erhalten? SPD und Grüne beantworten die Frage mit einem klaren Ja, die FDP mit einem klaren Nein – die Union mit einem Jein", resümiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG geht näher auf das Versprechen der Union ein, durch Einsparungen beim Bürgergeld mehr Geld für die Staatskasse zur Verfügung zu haben: "Da steht er also, der Geldbaum, den alle gesucht haben, angeblich muss man ihn nur fest genug treten, dann wird er schon etwas abwerfen. Der Kanzlerkandidat der Union nährt die Illusion, dass sich mit schärferen Sanktionen gegen Langzeitarbeitslose, mit strengeren Regeln für ihr Vermögen, mit einem Zurück Richtung Hartz-IV-System ein Jobwunder schaffen lässt. Daran hat sich bereits die Ampelregierung verhoben, ihre Haushaltspläne sahen Einsparungen beim Bürgergeld von 5,5 Milliarden Euro vor. Merz will mindestens zehn Milliarden rausholen, bei den Ärmsten des Landes. Stichhaltige Belege, wie das zu schaffen sein soll, bleibt er schuldig", kritisiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die TAGESZEITUNGTAZ – aus Berlin beobachtet einen Ideenwettbewerb bei den Parteien: "Im Kern wollen die einen den Staat stärken, die anderen den Markt. Zwei Konzepte, die für die Wahlbürger eine echte Auswahl bieten. Der Weg zu einer lagerübergreifenden Koalition, wie sie derzeit am wahrscheinlichsten ist, wäre dagegen weit. Zudem bergen solche lagerübergreifenden Bündnisse Risiken. Entweder sind sie disruptiv wie die Ampel oder sie stagnieren in entscheidenden Fragen wie die letzte Große Koalition beim Klima", stellt die TAZ fest.
"Die Wohltaten, die die demokratischen Parteien in ihren Wahlwerbegeschenkesack gepackt haben, lesen sich wie die Erfüllung lang gehegter Wünsche", ist in der RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg zu lesen. "Dass das alles unterfinanziert ist? Geschenkt. Dass aus diesem Grund die Mehrzahl der Verheißungen nicht umgesetzt werden? Bedenklich. Und es gibt noch ein Hindernis neben dem Geldmangel: Keine der genannten Parteien kann im nächsten Bundestag nach Gusto regieren. Jede von ihnen wird auf Koalitionspartner angewiesen sein, die völlig andere Pläne haben. Das Ampel-Dilemma wird sich also fortsetzen", befürchtet die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist der Ansicht, dass das Wahlprogramm der Union eine Politik des gesellschaftlichen Rückschritts anführe. "Da wird vor einem 'Verbrenner-Verbot' gewarnt, vor einem angeblichem 'Gender-Zwang' oder vor einer 'Express-Einbürgerung'. Den Wählern soll damit vorgegaukelt werden, dass Klimaschutz nicht so wichtig ist, Gleichberechtigung schon irgendwie kommen wird und Deutschland auch prima ohne eine offenere Einwanderungspolitik auskommt. Beruhigungspillen statt überzeugender Antworten", bemängelt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
"Insgesamt darf man Zweifel an all den Versprechungen haben", glaubt die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz. "Ein Renteneintrittsalter gekoppelt an die Lebenserwartung mit großzügigen Härtefallregelungen und mehr Einzahler für die Sozialsysteme wären ein Anfang. Die Union erwähnt zumindest, dass die Leistungsbereitschaft wird steigen müssen – wahrscheinlich kein Knaller im Wahlkampf, aber wenigstens ehrlich. Bei der SPD lässt die Beschäftigung mit der Pflege und eine Idee der Gegenfinanzierung der Maßnahmen auf gewissen Realismus hoffen. Ein kurzer Wahlkampf hat auch Vorteile: Knappe Botschaften und Unterscheidbarkeit. Dann kann es klappen mit dem Winterwahlkampf", findet die RHEIN-ZEITUNG.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER moniert die persönlichen Angriffe im Wahlkampf: "Dabei hatten Scholz und Merz es den Wählern doch erst vor Kurzem im Fernsehen fest versprochen: Fair und respektvoll solle der Wahlkampf werden. Spätestens mit der gestrigen Vorstellung der Wahlprogramme sollten sich die Kontrahenten wieder an ihre Worte erinnern. Denn die Menschen in unserem Land haben andere Sorgen. Ja, viele haben sogar sehr große Sorgen: Arbeitsplätze, die verloren gehen, Kosten, die über den Kopf wachsen, eine Wirtschaft, die den Anschluss verliert. Stoppt den Tünkram, möchte man da den Politikern zurufen. Und beginnt nun endlich um die besten Lösungen für unsere Zukunft zu wetteifern", fordert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
"Bei aller Würde des Amtes, bei allen diplomatischen Zwängen, die es natürlich gibt, sehnen sich doch viele Menschen nach Politikern, die 'ganz normal' reden", betont die AUGSBURGER ALLEMEINE. "Insofern muss man die Aufregung um 'Tünkram-Fritze' und 'Klempner-Olaf' nicht zu hoch hängen. Im Wahlkampf sollen und dürfen auch mal verbal die Fetzen fliegen, solange man sich danach noch in die Augen schauen kann. Aber es müsste in der dahinter liegenden Debatte eben um mutige Richtungsentscheidungen, um bahnbrechende Konzepte, um einen großen Wurf für Deutschland gehen – und nicht darum, ob nun der eine peinlicher ist als der andere oder umgekehrt", konstatiert die AUGSBURGER ALLGEMEINE. Und so viel zu diesem Thema.
In Moskau ist einer der führenden Vertreter der russischen Armee vor einem Wohnhaus offenbar durch einen Sprengsatz getötet worden. Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG schreibt dazu: "Wer einen Krieg beginnt, läuft Gefahr, selbst darin umzukommen. Es ist die Wahrheit über die brutalste Form von Politik – über jene nämlich, die Tod und Zerstörung zum Instrument erwählt hat. Das Sterben beschränkt sich nicht nur auf Zivilisten, deren Häuser von Raketen getroffen werden, nicht nur auf Soldaten, die in Schützengräben ums Leben kommen. Es kann auch die Regisseure des Schlachtfelds treffen, auf ihrem vergleichsweise bequemen Feldherrnhügel."
Für die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder tritt die Auseinandersetzung mit dem Mordanschlag in eine neue Phase: "Weil es den ukrainischen Streitkräften immer schwerer fällt, die russischen Invasoren zurückzudrängen, wählen sie offenbar nun andere Mittel im Widerstandskampf. Sie tragen den Krieg nach Moskau. Wie der Anschlag zu bewerten ist, darüber kann man trefflich streiten. Für die einen dürfte es sich um einen legitimen Angriff im Rahmen eines Krieges handeln, für die anderen ist es ein feiger Terrorakt."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erinnert sich: "Als vor allem zu Beginn des Krieges in der Ukraine immer wieder russische Generale fielen, wurde das im Westen als Zeichen militärischer Schwäche gedeutet. Auch Anschläge in Russland, die man der Ukraine zurechnen konnte, wurden als Mittel gesehen, um die russische Elite zu verunsichern, sie womöglich gar gegen Putin aufzubringen. Nichts davon ist bis heute eingetreten. Getötete Offiziere wurden ersetzt, jeder Anflug von Opposition wird vom Kreml unterdrückt. Wie Putin mit Abtrünnigen umgeht, ließ er seine Leute im Fall Prigoschin so deutlich wissen, dass niemand mehr eine Palastrevolte gewagt hat. Deshalb dürfte die Tötung des Generals, der für die russischen Chemiewaffen zuständig war, keine allzu große Wirkung zeigen. Auch diesen Mann wird man ersetzen", heißt es in der F.A.Z. Und damit endet diese Presseschau.