
Die HEILBRONNER STIMME kommentiert: "Friedrich Merz hat bei der Auswahl der CDU-Minister in der Bundesregierung Mut zum Risiko bewiesen. Dass er mit Katherina Reiche und Karsten Wildberger gleich zwei Top-Positionen an Vertreter aus der Wirtschaft vergibt, ist bemerkenswert. Das Wirtschaftsministerium an die Energiemanagerin Reiche zu vergeben, macht Sinn – schließlich ist die Energiewende weiterhin eine der wichtigsten Aufgaben der Bundesregierung. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich der Chef von Mediamarkt-Saturn als Digitalminister schlagen wird. Vorstandschefs sind es gewöhnt, dass ihre Entscheidungen rasch umgesetzt werden. Nun wird sich Wildberger mit dem Berliner Politikkosmos mit seinen mitunter sehr langsam mahlenden Mühlen anfreunden müssen", erinnert die Heilbronner Stimme.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG lobt dagegen die Berufung des Mediamarkt-Saturn-Managers Wildberger zum Digitalminister: "Gut, dass jetzt echte internationale Wirtschaftserfahrung an wichtiger Stelle in das Kabinett fließt - nicht nur solche aus Staatskonzernen und von solchen, die ihre Position in der Wirtschaft im Grunde ihrem früheren politischen Amt verdanken. Wildberger hat eine Herkulesaufgabe europäischer Dimension vor sich."
Auch die MÄRKISCHE ODERZEITUNG zeigt sich angetan: "Es gibt sie noch, die Überraschungen. Oder hätten Sie den Manager Karsten Wildberger auf dem Zettel gehabt? Die Ex-Politikerin und Energiefachfrau Katherina Reiche? Von der Befürchtung, das Kabinett Merz werde aussehen wie zur Merkel-Zeit, ist nicht viel geblieben. Die Veteranen Julia Klöckner und Jens Spahn wurden ausgelagert, die Regierungsmannschaft umweht tatsächlich ein frühlingshafter Hauch von Frische und Aufbruch. All die Männer und gar nicht so wenigen Frauen haben jetzt die Chance verdient zu zeigen, was sie können", ist in der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG zu lesen.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kritisiert, dass allein Serap Güler als Staatsministerin im Auswärtigen Amt von Unionsseite im Kabinett die einzige Person mit Migrationshintergrund sein wird: "Da möchte man schon fragen: Welche Gesellschaft soll das abbilden? In Deutschland leben etwa 25 Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln, das sind fast 30 Prozent der Gesamtbevölkerung. Wo sind diese Menschen dann aber in der Partei? Wer nicht bewusst gefördert wird, bleibt weg. Auch Serap Güler wurde unterstützt, von Armin Laschet übrigens, bei dem sich Merz mal bedanken könnte. Migrantinnen und Migranten müssen sich sehr fremd fühlen in der CDU. Auf eine Politik für eine offene Gesellschaft stellt man sich in den nächsten Jahren besser nicht ein", bemängelt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die STUTTGARTER ZEITUNG findet: "Das größte Risiko für Merz liegt in einer Personalie, die gar nicht die Regierungsmannschaft betrifft. Mit Jens Spahn wird die Union einen Fraktionschef haben, der mehr sein will als ein geräuschloser Organisator von Mehrheiten. Ja, Angela Merkels langjähriger Fraktionschef Volker Kauder war langweilig. Aber Kauder hat Merkel lange die Macht gesichert. In der Union gibt es viele, die Spahn zutrauen, auf eigene Rechnung zu spielen, falls Merz und die CDU in den Umfragen dauerhaft nicht aus der Krise kommen. Spahn wusste schon in der Schule, dass er gern selbst einmal Kanzler werden würde. Wenn es ihm für die eigenen Ambitionen günstig erscheint, könnte er auch versucht sein, die CDU weiter nach rechts zu schieben, als es für das Land gut ist", glaubt die STUTTGARTER ZEITUNG.
Auch die DIE TAGESZEITUNG - TAZ - warnt: "Spahn versammelt die wachsende Gruppe derer in der CDU hinter sich, die mit der Brandmauer-Strategie unzufrieden sind. Als Fraktionschef ist Spahn nicht in die Kabinettsdisziplin eingebunden, kann seine Macht weiter ausbauen und sich so als Führungsfigur für die Zeit nach Merz in Stellung bringen. Dass er Merz im Zweifelsfall stützen wird, bezweifeln selbst manche in der CDU. Möglicherweise ist es diese Personalie, die selbst Merz irgendwann bitter bereuen wird", meint die TAZ.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER lenkt den Fokus auf die Nominierungen der CSU und nennt sie eher unspektakulär. "Alexander Dobrindt und Dorothee Bär sind auf dem Berliner Parkett erprobte Kräfte. Ein Hauch von Kulturkampf schwingt mit: Dass der künftige Ernährungs- und Landwirtschaftsminister Alois Rainer ein gelernter Metzger ist, hob Parteichef Markus Söder als Personalie im Gegensatz zum bisher grün geführten Ressort hervor - 'Leberkäs statt Tofutümelei'. Klare Kante zeigte Söder beim Thema AfD. Man werde sie nicht in Parlamentsfunktionen wählen. Damit wäre auch der künftige Unionsfraktionschef Jens Spahn zwischen CSU und SPD vorerst eingehegt. Und das ist gut so", befindet der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
DER TAGESSPIEGEL aus Berlin analysiert: "Nebenbei sind die schwarzen Minister-Kandidaten ein Signal, dass die künftige Regierung eben nicht nur nach der Pfeife der 16-Prozent-SPD tanzen wird. Diese SPD wird am Mittwoch klären, ob sie regieren will oder nicht. Sollten ihre Mitglieder, wider Erwarten, mit Nein votieren, ist diese Regierungsbildung Geschichte. Bei einem Ja muss Lars Klingbeil endlich über die Minister der SPD entscheiden. Mit den von der Union nominierten Ressortchefs hat Merz angesichts der extremen Anforderungen an sich eine vergleichsweise einfache Aufgabe gelöst. Er hat zwar kein Meisterstück geformt, aber ein solides Team", urteilt DER TAGESSPIEGEL.
Auch die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf sieht die SPD am Zug: "SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil muss jetzt ebenfalls liefern. Die Partei will aber ihre Ministerliste nun erst einen Tag vor der Kanzlerwahl vorlegen. Gut ist das nicht. Dass Klingbeil in das Finanzministerium wechselt und Boris Pistorius Verteidigungsminister bleibt, gilt als gesetzt. Dahinter wird es schwierig, aber die SPD darf sich nun nicht in Grabenkämpfen verlieren. Die Mehrheit der schwarz-roten Koalition im Bundestag ist knapp. Geht bei der Kanzlerwahl am 6. Mai etwas schief, ist schwarz-rot schon vor Amtsbeginn beschädigt. Sechs Monate, nachdem die Regierung im November 2024 zerbrach, will Merz am Dienstag der 10. Bundeskanzler der Bundesrepublik werden. Es wird Zeit", moniert die RHEINISCHE POST.
Die 100-Tage-Bilanz von Donald Trump in dessen zweiter Amtszeit als US-Präsident ist Thema in der SÜDWEST PRESSE aus Ulm: "Trump regiert wie ein Alleinherrscher, der keine Abwahl zu befürchten hat. Entweder, weil er 2028 mit 82 Jahren nicht mehr antreten will. Oder, weil er plant, bis dahin freie Wahlen abgeschafft zu haben. Trump unterschätzt allerdings die geopolitischen Folgen seiner Politik. Verbündete erkennen, dass auf die USA kein Verlass mehr ist. Weder bei der Beendigung des Ukrainekrieges noch bei dem Ausbau der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Hält der Präsident an diesem Kurs fest, wird er eine neue, gefährliche Ara des amerikanischen Isolationismus einläuten", notiert die SÜDWEST PRESSE.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bilanziert: "Donald Trump hat es in kürzester Zeit geschafft, Amerikas Ansehen in der Welt gegen null zu reduzieren. Das Vertrauen in die Führungsmacht, die Glaubwürdigkeit Amerikas sind binnen Wochen verspielt. Und auch den Amerikanern scheint die Einsicht zu dämmern, dass der Mann, den sie erneut ins Weiße Haus geholt haben, die Werte ihrer Republik mit Füßen tritt und ihr Land nicht nur ins wirtschaftliche Chaos manövriert. In Umfragen hat Trump nach knapp 100 Tagen im Amt so rapide an Zustimmung verloren wie kaum ein Präsident vor ihm. Drei von fünf US-Bürgern charakterisieren seine Amtsführung inzwischen mit einem einzigen Wort: 'beängstigend'."