
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU erläutert: "Deutschland steht politisch eine außerordentliche Woche bevor. In Berlin tritt, wenn keine riesengroße Überraschung dazwischenkommt, eine neue Regierung an. Am Dienstag soll Friedrich Merz von den Abgeordneten von CDU, CSU und SPD ins Amt gewählt werden. Vieles, was Merz vorhat, wird für den progressiven, menschenrechtlich und ökologisch orientierten Teil der Bevölkerung schwer zu ertragen sein. Doch so wichtig pointierte Kritik daran ist: Solche politischen Differenzen müssen in einer Demokratie ausgehalten werden. So wird es, man muss das in diesen Zeiten betonen, eine friedliche Machtübergabe werden", notiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Das HANDELSBLATT erwartet: "Ein halbes Jahr politische Hängepartie in Deutschland ist am Dienstag vorbei. Sechs Monate nach dem Bruch der Ampelkoalition wird dann CDU-Chef Friedrich Merz zum Kanzler gewählt, das neue Kabinett wird vereidigt. Das letzte Puzzlestück dafür muss an diesem Montag die SPD vorlegen: ihre Ministerinnen und Minister. Weniger wichtig als die seit Wochen diskutierte Frage, ob SPD-Chefin Saskia Esken ins Kabinett wechselt oder nicht, ist dabei, wie stimmig das Team insgesamt ist – und ob die Partei diese Entscheidung geschlossen trägt", meint das HANDELSBLATT.
Das HAMBURGER ABENDBLATT findet: "Es wird höchste Zeit, die Stimmung im Land zu drehen. Denn das ist die halbe Miete einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik. Und die Wirtschaft steht auf der Agenda der schwarz-roten Koalition ganz oben. Der künftige Finanzminister Lars Klingbeil will umgehend eine Investitionsoffensive einleiten. Die Energiepreise sollen runter, Milliarden sollen für eine moderne Infrastruktur von den Kitas bis zur Bahn sorgen. Damit setzt Klingbeil die Messlatte ziemlich hoch. Denn über Nacht lassen sich Versäumnisse von Jahrzehnten auch mit noch so viel Geld nicht beseitigen. Es braucht Zeit dafür. Die Angst vor einer immer stärkeren AfD darf nicht dazu führen, die Investitionsmittel sinnlos über das Land zu streuen oder mit der Gießkanne zu verteilen. Gefragt ist ein verlässlicher Plan, der nach und nach abgearbeitet werden kann", argumentiert das HAMBURGER ABENDBLATT.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide gibt zu bedenken: "Es ist durchaus fraglich, ob die künftige Regierung von der noch amtierenden gelernt hat. Ein Wunschkind ist dieser Ausgangspunkt einer Vernunftehe nicht. Eher das Ergebnis von Verhandlungen, die ganz nach dem Motto 'Wir haben ja ohnehin keine Wahl' geführt worden sind. Die Ampel ist letztlich nicht nur an der zu hoch angelegten eigenen Messlatte, sondern auch an den tiefen politischen Gräben und dem daraus resultierenden Dauerstreit gescheitert, besonders zwischen FDP und Grünen. Und schon vor Regierungsbeginn debattieren Schwarz und Rot über Auslegungen der Koalitionsziele. Der 6. Mai wird ein Neustart mit vielen Fragezeichen." So weit die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
Die SAARBRÜCKER ZEITUNG thematisiert den künftigen Umgang mit der Partei Alternative für Deutschland: "Nun, da die AfD bundesweit als rechtsextremistisch eingestuft worden ist, sollte man meinen, dass die von den CDU-Granden viel beschworene Brandmauer wieder fester steht. Doch ist dem so? Merz wird hierzu nicht lange ausweichen können. Und was sagt Spahn dazu? Nach seiner Wahl zum Fraktionschef an diesem Montag wird er klar Farbe bekennen müssen, wie er mit der AfD umgehen will", ist sich die SAARBRÜCKER ZEITUNG sicher.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus kritisiert die scheidende Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Sie hätte... "...diesen heiklen Bericht einer Behörde, die derzeit keinen Präsidenten hat, nicht veröffentlichen sollen. Alexander Dobrindt und wen immer er zum obersten Verfassungsschützer ernennt, werden durch die Entscheidung in letzter Minute vor vollendete Tatsachen gestellt. Es ist zwar gut möglich, dass sie zu derselben Einschätzung gekommen wären. Aber Deutschland hat gerade erst einen neuen Bundestag gewählt, die nächsten Landtagswahlen sind erst in knapp einem Jahr – es gab schlichtweg keine inhaltlichen Gründe für die Veröffentlichung wenige Tage vor dem Ministerwechsel", urteilt die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal bemerkt: "Richtig ist, den Verfassungsschutz zu sehen als das, was er ist: Als Inlandsnachrichtendienst, der Informationen zu extremistischen und terroristischen Bestrebungen sammelt und bewertet und so Vorfeldaufklärung betreibt. Was politisch und gesellschaftlich daraus folgt, entscheiden andere. Am Ende Gerichte. Deswegen ist das Verbot einer AfD auch noch nicht vom Tisch – aber die politische Auseinandersetzung zuvor der sehr viel stärkere Ausdruck von Lebendigkeit dieser Demokratie", glaubt die WESTDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG verweist auf die Reaktionen aus den USA: "Es wäre eine Überraschung gewesen, wenn die amerikanische Regierung zur Einstufung der AfD als rechtsextremistisch geschwiegen hätte. Gerade Vizepräsident Vance hat schon früher Sympathien für die Partei und andere rechtspopulistische Bewegungen in Europa erkennen lassen. Man dürfte sie im Weißen Haus als Werkzeuge zur Schwächung der EU sehen, die ja vor allem dem Präsidenten ein Dorn im Auge ist. Dass Trump im Februar noch der Union zum Wahlsieg gratuliert hatte, muss also nicht viel heißen. In der Sache übertrieb Außenminister Rubio maßlos, als er die Entscheidung des Verfassungsschutzes als 'verdeckte Tyrannei' bezeichnete. Deutschland ist ein Rechtsstaat, und die Behörde hat einen gesetzlichen Auftrag", wendet die F.A.Z. ein.
Abschließend geht es um den Gaza-Krieg. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG führt aus: "Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat in den vergangenen Tagen seine Rhetorik nur noch verschärft. Die Befreiung der 59 israelischen Geiseln, von denen noch mehr als 20 am Leben sein sollen, bezeichnete er jüngst nicht mehr als oberste Priorität. Damit stößt er all jene Angehörigen, Soldatinnen und Soldaten vor den Kopf, die bisher in dem Glauben in den Krieg zogen, es ginge um eine Befreiung ihrer Landsleute. Jetzt sollen Zehntausende weitere Reservisten mobilisiert werden, für eine noch größere Offensive. Unverhohlen sprechen Netanjahus Minister über die Eroberung Gazas. Es wirkt, als sei diese Regierung durch nichts mehr zu bremsen, als habe sie jede Zurückhaltung abgelegt", beobachtet die SZ.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg stellt fest: "Seit zwei Monaten schon lässt Israel keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen. Vertreter internationaler Hilfeorganisationen berichten von erschütternden Szenen, in denen Frauen um eine Flasche Wasser flehen, Männer in den Trümmern nach verschütteten Angehörigen graben und ausgehungerte Kinder apathisch auf den Tod warten. Man muss kein Militärexperte sein, um zu erkennen: Die palästinensische Bevölkerung in diese Situation zu bringen, ist mit den berechtigten israelischen Kriegszielen, die beim Terroranschlag am 7. Oktober 2023 entführten Geiseln zu befreien und die Terrororganisation Hamas zu zerschlagen, nicht zu begründen." Wir zitierten die BADISCHE ZEITUNG.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm vermutet: "Die neue Koalition in Berlin kommt nicht umhin, ihr Verhältnis zu Israel zu überdenken. Der designierte Außenminister Johann Wadephul sagte noch im September, Israels Politik sei 'schwer nachvollziehbar'. Gleichzeitig forderte er zu Recht ein klares Bekenntnis zu Israels Sicherheit. Dieser Spagat wird angesichts der Bilder verhungernder palästinensischer Kinder immer schwieriger. Ein Bundeskanzler Friedrich Merz wird sich fragen lassen müssen: Haben wir Deutsche vor dem Hintergrund unserer Vergangenheit nicht die Pflicht, stärker dafür zu kämpfen, dass dieser Horror endlich endet?" kommentiert die SÜDWEST PRESSE, mit der diese Presseschau endet.