
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder betont: "Als Bundeskanzler der Republik, auch wenn es nur dreieinhalb Jahre waren, hat Olaf Scholz diese Ehrbekundung verdient, das dürften auch seine Kritiker einräumen. Zauberhaft macht diesen Zapfenstreich allerdings etwas anderes: Hier tritt der mächtigste Mann der Republik ab und macht in einem würdevollen Akt den Weg für seinen Nachfolger frei. Der Zapfenstreich feiert so gesehen nicht nur das Ende der Amtszeit Scholz', sondern auch den Neubeginn", unterstreicht die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die SPD hat ihre Ministerinnen und Minister für das schwarz-rote Kabinett benannt. Die SAARBRÜCKER ZEITUNG analysiert das Personaltableau: "Lars Klingbeil hat sich durchgesetzt – insbesondere in der heiklen Frage, was aus der intern umstrittenen Co-Vorsitzenden Esken wird. Für Klingbeil ist die Nicht-Berücksichtigung von Esken jedoch auch ein Risiko. Er wird es nun kommunikativ geschickter als in der Vergangenheit begründen müssen, warum er kometenhaft aufsteigt und Esken vorerst durchs Raster fällt."
"Geradezu in Serie mussten sich Promis verabschieden, die gerne weitergemacht hätten", stellen die NÜRNBERGER NACHRICHTEN fest. "Karl Lauterbach und Hubertus Heil etwa. Aspiranten wie Armin Laschet und Saskia Esken kamen nicht zum Zuge, obwohl sie nach althergebrachten Regeln mit einem Ministerposten hätten versorgt werden müssen. Um manche der Übergangenen ist es schade: Norbert Röttgen etwa hätte sicher einen tadellosen Außenminister gegeben", glauben die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen gibt zu bedenken: "Der Rückzug des bisherigen Arbeitsministers Heil, der mangels Unterstützung durch die Parteispitze nun auch nicht als Fraktionschef antreten will, schmerzt viele Genossen. Der redliche und kluge Niedersachse wird an vorderster Front fehlen. Und für ein anderes Problem gibt es noch keine Lösung: Dass Ko-Parteichefin Esken kein Ministeramt erhält, zeigt, dass Klingbeil nicht in der Lage war, deren politische Zukunft zu klären. Personaldebatten um Parteivorsitzende sind kein gutes Omen", ist in der RHEINPFALZ zu lesen.
"An der Parteispitze wird mit zweierlei Maß gemessen", kritisiert die AUGSBURGER ALLGEMEINE. "Lars Klingbeil bekommt nicht nur den mächtigen Posten als Finanzminister, obwohl er sich bislang nicht als Haushaltspolitiker profiliert hatte, sondern wird auch Vizekanzler. Co-Chefin Esken wird von der eigenen Partei demontiert. Ja, sie hat selbst viel dazu beigetragen, dass ihr Standing gelitten hat. Aber der Umgang der SPD mit Esken ist unwürdig", moniert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz urteilt: "Einen erheblichen Anteil an dem katastrophalen SPD-Wahlergebnis hatte auch der nun scheidende Bundeskanzler Scholz und die von ihm geführte Zoff-Ampel. Mit dem Regierungsteam beweist Klingbeil nun Gespür dafür, die Partei in der Regierung jünger, weiblicher und diverser aufzustellen. Gerade vor dem Kontrast der Unionsmannschaft ist das ein gutes Signal", lobt die RHEIN-ZEITUNG.
"Esken weg, Heil weg, Schulze weg", heißt es im MÜNCHNER MERKUR. "Die SPD wagt unter ihrem neuen Supermann Klingbeil doch noch ein bisschen Aufbruch. Mit eisernem Besen kehrt der Chef durch die Partei, die schlecht gealterten Gesichter aus der Ampelzeit sollen die Bürger nicht mehr verdrießen. Das neue schwarz-rote Bündnis, das heute seine Arbeit aufnimmt, kann ein bisschen personellen Schwung gut gebrauchen. Hängt ihm doch wie eine Klette der Ruf an, es handle sich um eine Weiter-so-Koalition. Doch sollte man bei allem deutschen Hang zur Schwarzmalerei die Flinte nicht voreilig ins Korn werfen. Klingbeil und Merz tragen gemeinsam die Verantwortung dafür, dass die Ideen der Sozialdemokratie und des liberalen Konservativismus und mit ihnen die liberale Mitte Deutschlands dem Angriff der Rechtspopulisten standhalten. Und zwar mit überzeugender Politik, nicht mit Brandmauern und den Zwangsmitteln des Verfassungsrechts", mahnt der MÜNCHNER MERKUR.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm meint, dass Deutschland eine neue Geisteshaltung brauche: "Einen Abschied von der träumerischen Vorstellung, mit weniger Arbeit ließe sich mehr Wohlstand erwirtschaften. Einen Abschied von der naiven Haltung, dass hinter dem demografischen Wandel keine mathematische Grausamkeit stecke und wir weiterhin steigende Renten finanzieren und gleichzeitig nachfolgende Generationen immer stärker belasten könnten. Einen Abschied vom Glauben, die Talente der Menschen seien gleich verteilt und Bildung ließe sich per Gießkanne auf alle Köpfe gleich verteilen. Mit der Besetzung seines Kabinetts hat Merz bewiesen, dass er weniger auf Proporz als auf Kompetenz schaut. Diesen Mut braucht Schwarz-Rot an viel mehr Stellen", findet die SÜDWEST PRESSE.
"Am Anfang sind sie sich immer alle so schön einig, wie soll es auch anders sein", schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU mit Blick auf die bevorstehende Bundesregierung. "Zuversicht, Optimismus, Teamarbeit – all diese Vokabeln sind daher auch bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags gefallen. Wird schon noch ruckeln, auch das gehört zu Regierungen dazu. Entscheidend wird sein, ob Meinungsverschiedenheiten sachlich und mit Willen zur Lösung ausgetragen werden oder ob aus dem Ruckeln Erdbeben werden. Auch wenn CSU-Chef Söder fast rituell daran erinnert, dass bei ihm mit allem zu rechnen ist, kann man der neuen Regierung einen Schwung Vorschussvertrauen gewähren. Dass sie es nicht kann, müsste sie genauso beweisen, wie dass sie es kann. Dazu müssen die drei Partner sich in Untypischem üben: Söder muss Zurückhaltung zeigen, Merz bei Wänden die Türe suchen, statt mit dem Kopf hindurch zu wollen. Und die SPD braucht vor allem eines: Kraft", konstatiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die AfD hat gegen die Einstufung als "gesichert rechtsextremistisch" geklagt. Das sei ihr gutes Recht, meint die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG, werde aber die Verbotsdebatte nicht abwürgen. "Gelänge es nicht, der AfD nachzuweisen, dass sie aggressiv verfassungsfeindlich ist und kämpferisch daran arbeitet, Rechtsstaat und Demokratie abzuschaffen, ginge der Schuss wohl nach hinten los. Ansichten als rechtsextrem einzustufen ist etwas völlig anderes, als die Verfassungsfeindlichkeit juristisch wasserfest festzustellen. Das Wählerpotenzial der AfD wäre damit ohnehin nicht verschwunden; extreme Ansichten gibt es inzwischen leider bis in die bürgerliche Mitte hinein. Gesinnung aber lässt sich nicht verbieten. So bleibt es die vorrangige Aufgabe der neuen schwarz-roten Bundesregierung, jene Anlässe zu beseitigen, die Menschen sich von den Parteien der Mitte abwenden lässt", glaubt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG ist der Ansicht, dass die AfD eine 'normale' Partei mit allen Rechten und Pflichten bleibe: "Es sei denn, das Bundesverfassungsgericht entscheidet auf Antrag, sie sei verfassungswidrig. Aus der Einschätzung des Verfassungsschutzes folgt keine Pflicht, ein Parteiverbotsverfahren einzuleiten - die Behörde bindet kein Verfassungsorgan. Die nun in alle Richtungen wieder einsetzende Debatte ist nun gerade kein Zeichen einer schwachen Demokratie, erst recht nicht eines autoritären Staates. Die Checks and Balances funktionieren - rechtlich wie politisch", resümiert die F.A.Z.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg beobachtet: "Mit juristischen Mitteln kann eine Gegenwehr nur begrenzt gelingen. Es ist auch nicht eine Aufgabe, die zu allererst der Politik zukommt, die die AfD gefälligst wegzuregieren habe, wie es Alexander Dobrindt von der CSU ausdrückte. Am Ende sind die Bürger dieses Landes dazu aufgerufen, Bollwerk der wehrhaften Demokratie zu sein – bei Diskussionen in der Familie etwa, unter Freunden oder bei der Arbeit." Soweit die BADISCHE ZEITUNG. Und damit endet diese Presseschau.