09. Mai 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Kommentare befassen sich mit der Papstwahl, dem Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa und den verschärften Grenzkontrollen in Deutschland.

Der neu gewählte Papst, Leo XIV, steht auf dem Balkon des Petersdoms im Vatikan am 8. Mai 2025. Seine Hände sind gefaltet und er hat ein Lächeln auf den Lippen - Er scheint sichtlich glücklich über sein neues Amt.
Papst Leo XIV nach seiner Wahl. (picture alliance / abaca / IPA )
Zunächst zum neuen Papst. Für die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide bringt er gute Voraussetzungen mit ... "... der richtige Mann am richtigen Ort zu sein. In einer Zeit der Polarisierung hat das Konklave einen Papst gewählt, der zwischen sich gegenüberstehenden Lagern vermitteln kann. Leo XIV. stammt aus der Ersten Welt, dem industrialisierten Westen, aber ist geprägt durch seine lange Tätigkeit in Lateinamerika. Er gilt als seinem verstorbenen Vorgänger inhaltlich in vieler Hinsicht nahestehend, ohne ihn völlig zu kopieren. Allerdings trennt Franziskus und Leo nicht so sehr viel, falls Leo XIII. als Vorbild erwählt wurde. Er steht für die massive Aufwertung der katholischen Soziallehre. Das sind gute Anlagen, um die Kirche dicht an die Menschen zu bringen, auch und gerade jene, die mit ihr hadern", glaubt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
"Der neue Papst Leo XIV. hat das Zeug dazu, etwas aus diesem menschenunmöglichen Amt zu machen", ist der KÖLNER STADT-ANZEIGER überzeugt und führt weiter aus: "Die Wahl von Kardinal Robert Francis Prevost zum Papst ist eine Sensation. Niemals wird ein US-Amerikaner zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche gewählt werden. Das galt als ein ungeschriebenes Gesetz für das Konklave. Aber wie man sieht: Die Kardinäle sind für Neuerungen gut. Wieder einmal. Prevost ist eine Kreation des verstorbenen Papstes, der ihn an die Spitze der höchst einflussreichen Behörde für die Bischöfe gesetzt hat. Er ist kein 'Gringo', kein präpotenter Yankee nach dem Gusto des Machos im Weißen Haus, sondern er repräsentiert als Ordensmann und mit seinen bisherigen Tätigkeiten den Internationalismus, den Multikulturalismus, den Sinn für die völkerverbindende Kraft des Glaubens", lesen wir im KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN konstatieren: "Einige Aufgaben kommen in jedem Falle auf Leo XIV. zu – ob er es will oder nicht und ganz unabhängig von seinen persönlichen Schwerpunkten. Er muss in einer leider wieder sehr kriegerischen Welt als Vermittler alle Chancen für einen Frieden ausloten. Und er muss angesichts zunehmend autoritär geführter Staaten dafür sorgen, dass Christen in Glaubensfreiheit leben können und die Lehre auch dann verkünden dürfen, wenn sie den Herrschenden nicht gefällt. Beides sind gewaltige Aufgaben", finden die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
ZEIT ONLINE charakterisiert den neuen Papst als "echten Progressiven": "Er steht so weit 'links', er ist so liberal, dass bis zuletzt kaum ein Vatikanist glaubte, das Kardinalskollegium könnte sich auf einen wie ihn einigen. Franziskus hat zwar die übergroße Mehrheit der jetzigen Wähler ernannt, aber durchaus verschiedene Kardinäle, keineswegs nur Bergoglianer. Offenbar hat es dennoch gereicht, um dafür zu sorgen, dass die Kirche auf dem von ihm eingeschlagenen Weg weitergeht."
Das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg findet Trost in der Papstwahl: "Vielleicht hat es ja etwas Beruhigendes, etwas Heilsames, wenn in einer Zeit, in der sich die Menschheit in immer mehr Grüppchen und Fraktionen aufspaltet, in der Trennendes betont und der Nächste primär als Gegner, Rivale oder Feind und nicht als Partner, Bruder oder Freund gesehen wird, eine große, machtvolle Institution wie die katholische Kirche über alle Gegensätze hinweg das Gemeinsame betont und versucht, Verbindendes auch über unüberbrückbare Gegensätze hinweg zu pflegen." Das war die Meinung des MAIN-ECHOS.
Themenwechsel: Der SÜDKURIER aus Konstanz kommentiert die Gedenkstunde im Bundestag zum 80. Jahrestag des Weltkrieg-Endes in Europa: "Applaus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum Gedenken an den 8. Mai 1945 eine ungewöhnlich politische und breit angelegte Rede gehalten. Sie war Rückschau und Analyse der Gegenwart. Steinmeier zeigte auch auf jene Kräfte im Bundestag, die eine andere Republik wollen und ein schräges Geschichtsbild zeichnen. Dazu gehört, hinter das bereits kollektiv Erarbeitete zurückzufallen und die kritische Reflexion der Nazi-Gewaltherrschaft herabzuwürdigen. Alice Weidel macht Adolf Hitler zum 'Kommunisten', um die Verbrechen einem 'Linken' in die Schuhe zu schieben, und Rechtsaußen Björn Höcke will die 'erinnerungspolitische Wende', um den NS-Terror als eine Panne der Geschichte zu verharmlosen. Gegen diese Lügen sind alle Waffen der Bildung in Stellung zu bringen. Denn Extremismus beginnt in den Köpfen", mahnt der SÜDKURIER.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin lobt ebenfalls Steinmeier, meint aber: "Fassbarer bleibt dennoch die kürzere Rede der Bundestagspräsidentin, die den Ort, das Fassbare einbezieht, Bilder zeichnet. Julia Klöckner (CDU) spricht einfacher, verständlicher, direkter, verweist wie Weizsäcker auf das Schicksal der Frauen und sagt zentrale Sätze wie: 'Das ungeheuerliche Ausmaß der deutschen Verbrechen, das ist bis heute nicht allen bewusst, oder schlimmer noch, viele wollen sich damit gar nicht mehr beschäftigen.' Da hat sie recht und das ist wichtig – nur auf eine ehrliche Bestandsaufnahme kann eine Lösung folgen. Klöckner schließt mit einem kraftvollen Appell: 'Wer befreit wurde, der ist auch verpflichtet zu verteidigen – die Freiheit.'" Sie hörten einen Kommentar des TAGESSPIEGELS.
Der WESER-KURIER aus Bremen hält fest: "Aus der deutschen Kollektivschuld ist inzwischen eine Kollektivverantwortung geworden, künftig dafür einzutreten, dass sich solche Verbrechen nie mehr wiederholen. Deshalb darf niemals ein Schlussstrich unter die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus gezogen werden. Im Gegenteil: Sie muss lebendig bleiben."
Zu den verschärften Grenzkontrollen der neuen Bundesregierung unterstreicht die FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hält sein Wort. Sofortige Entscheidungen in der Migrationspolitik hatte er angekündigt und fängt gleich mit Zurückweisungen Schutzsuchender an. Um was es sich dabei handelt, da sind sich Rechtsfachleute und politische Akteur:innen bis in die SPD hinein weitestgehend einig: um europa- und grundrechtswidriges Handeln an den deutschen Außengrenzen. Die Koalition aber begeht den Rechtsbruch wissentlich, in fast schon Trump‘scher Manier, denn sie weiß: Es wird zwar erfolgreiche Klagen gegen Zurückweisungen geben, aber solche Verfahren dauern Jahre. Bis dahin werden Fakten jenseits von Rechtsstaat und Humanität geschaffen", befürchtet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
ND DIE WOCHE sieht die Union unter Zugzwang in der Grenzpolitik: "Nach zahlreichen Schlappen - die Lockerung der Schuldenbremse mithilfe der verhassten Grünen, eine Kanzlerwahl im zweiten Durchgang dank der Linken, deren Mitarbeit die CDU doch eigentlich ablehnt - sieht sich die neue Regierungspartei nun umso mehr veranlasst, zu liefern. Und das hieß für sie, Merz’ Wahlversprechen einzulösen, die Grenzpolitik am ersten Tag der Regierung radikal zu verschärfen. Just verkündete der frisch gebackene Innenminister Alexander Dobrindt, mehr Polizei an den deutschen Grenzen zu positionieren, um künftig auch Menschen mit Asylgesuch abweisen zu können. Das passiert im Übrigen bereits zu Hauf, wie beispielsweise die NGO Pro Asyl kritisiert, bisher allerdings im Verborgenen", beklagt ND DIE WOCHE.
Das STRAUBINGER TAGBLATT stellt fest: "Für Merz und Innenminister Alexander Dobrindt ist es wichtig zu zeigen, dass sie es ernst meinen mit einem schärferen Grenzschutz. Wichtig ist das Signal: Es ist nicht mehr so einfach, nach Deutschland zu gelangen."
Die TAGESZEITUNG merkt bissig an: "Pünktlich zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fährt Alexander Dobrindt ganz großes Karo auf. Der frisch inthronisierte Innenminister von der CSU schickt die Truppen des Bundesgrenzschutzes an die Grenze zu Polen und verkündet: Ab heute wird zurückgewiesen. Okay, wörtlich hat er das nicht gesagt. Aber inhaltlich umgesetzt wird es schon. Deutschland macht dicht, lässt keinen mehr rein, selbst wenn er oder sie ein Recht auf Asyl hat."