19. Mai 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Kommentare befassen sich mit der neuen Großoffensive der israelischen Armee im Gazastreifen und der Amtseinführung von Papst Leo XIV. Außerdem geht es um den zurückliegenden FDP-Parteitag.

Rauch über dem Gazastreifen nach israelischem Bombardement am 17. Mai 2025
Rauch über dem Gazastreifen nach israelischem Bombardement am 17. Mai 2025 (AFP / JACK GUEZ)
Zum ersten Thema schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "In Gaza nichts Neues. Es wird bombardiert und geschossen, es wird gelitten, es wird gestorben. Die Opfer sind bis heute vor allem palästinensische Zivilisten, Frauen und Kinder. So läuft das seit eineinhalb Jahren, ohne durchschlagenden militärischen Erfolg der Israelis. Weshalb also sollte die nun begonnene Offensive 'Gideons Streitwagen' zum Sieg über die Hamas oder zur Freilassung der noch immer 58 lebenden oder toten Geiseln führen? Die Antwort bleibt die israelische Regierung schuldig. Da die Armee ihre Ziele in 18 Monaten und nach mehr als 50.000 Toten nicht erreicht hat, stellt sich die Frage: Warum sollte sie es diesmal tun auf demselben Terrain, gegen denselben Gegner? Und bedarf es dafür tausender weiterer Opfer? Aus alldem folgt zwingend die Frage: Ist dieser Krieg noch zu legitimieren? Die Antwort lautet längst: Nein", meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
"Israel hat jedes Recht, sich zu verteidigen und das Terrorregime der Hamas zu attackieren", betont die STUTTGARTER ZEITUNG. "Aber schließt dieses Recht auch den Tod tausender Zivilisten, eine gezielt herbeigeführte Hungersnot und eine Vertreibung der Gaza-Bewohner ein? Mit der neuen Großoffensive im Gazastreifen setzt die Regierung Netanjahu den letzten Rest von Solidarität aufs Spiel, die Israel im Ausland noch genießt – inklusive der Unterstützung durch US-Präsident Donald Trump. Das ist ein schwer kalkulierbares Risiko. Unabsehbar sind auch die Folgen einer humanitären Katastrophe und einer erneuten Besetzung des Gaza-Territoriums. Frieden in Nahost fördert das nicht", ist sich die STUTTGARTER ZEITUNG sicher.
DIE TAGESZEITUNG notiert zur Strategie der israelischen Regierung: "Regierungschef Benjamin Netanjahu weiß, dass er die Hamas militärisch nicht besiegen kann. Jedenfalls nicht, ohne alle Menschen im Gazastreifen zu töten. Also soll die palästinensische Bevölkerung die Hamas niederringen. Die Zivilist*innen auszuhungern, zu bombardieren und immer wieder innerhalb des Gazastreifens zu vertreiben oder auch zu drohen, hunderttausende Palästinenser*innen in andere arabische Länder zu deportieren – all das soll die Zivilbevölkerung zermürben. Das Kalkül: Wer nichts zu essen hat, obdachlos ist, seine Kinder nicht mehr versorgen kann, wird sich gegen die Machthaber erheben; nur die eigenen Leute werden die Hamas in die Knie zwingen. Funktioniert diese Militärstrategie gegen die Zivilbevölkerung? Das ist unerheblich. Das Völkerrecht verbietet eine solche Vorgehensweise", hebt die TAZ hervor.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm sieht auch die deutsche Politik in der Verantwortung: "Niemals darf die Freundschaft und die Verbundenheit zu Israel infrage gestellt werden. Unsere Verpflichtung dazu endet nie. Doch die Freundschaft entgleitet uns, wenn Deutschlands Politiker nicht abseits diplomatischer Floskeln deutlich sagen: Der Preis für die Vergeltung des Hamas-Überfalls vom 7. Oktober 2023 ist zu hoch – und er wird niemals Frieden in die zerrissene Region bringen", warnt die SÜDWEST PRESSE aus Ulm.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG blickt auf den Vatikan, wo gestern Leo XIV. offiziell in sein Amt eingeführt wurde: "Mit den Bildern eines neuen Papstes unter dem ewigen römischen Himmel hat sich wieder einmal der Vorhang über einem Schauspiel von Weltrang gesenkt. Wenn es erneut Menschen ohne Zahl in seinen Bann gezogen hat, dann wohl nicht nur, weil es so selten aufgeführt wird. Offenkundig wirkt es auch gerade wegen der Sakralisierung von Macht mehr denn je als Gegenerzählung zu den weltlichen Machtlogiken unserer Zeit, in denen es um vieles geht, aber nicht um das, worin Papst Leo XIV. wortmächtig die Mission beschrieb, die Jesus dem Apostel Petrus anvertraut hat: die Menschen aus den Wassern des Bösen und des Todes 'zu fischen'", ist in der F.A.Z. zu lesen.
"Wenn die katholische Kirche eines kann, ist es die Kunst der Inszenierung", befindet die PASSAUER NEUE PRESSE. "Sie zieht mit ihren Riten und Traditionen in den Bann. Das zeigt sich auch zwischen dem Tod von Papst Franziskus und der Amtseinführung seines Nachfolgers Leo XIV. Viel ist vor der Wahl Leos davon die Rede gewesen, dass der nächste Pontifex ein Apostel des Friedens sein muss. Dass Leo XIV. daran gelegen ist, zeigte sich am Sonntag: Eindringlich rief er zu Friedensverhandlungen in der Ukraine auf. Man muss aber auch sehen: Robert Francis Prevost gilt, nicht nur weil er Tennisspieler und Fitnessstudio-Besucher ist, als dynamisch – doch auch er kann die Kirche nicht über Nacht verändern. Er ist selbst nur ein Mensch und wird nicht von heute auf morgen Dinge umdrehen können", glaubt die PASSAUER NEUE PRESSE.
Die NÜRNBERGER ZEITUNG hält fest: "Der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri, der erste Angehörige des Augustiner-Ordens in dieser Position, hat bereits ein paar Hinweise darauf gegeben, wie er sein Pontifikat ausrichten will. Leo XIV. rief zur Abrüstung auf und forderte, 'keine Instrumente der Zerstörung und des Todes mehr zu produzieren'. Mit Blick auf Gaza, in die Ukraine oder zahlreiche andere Konflikt- und Kriegsgebiete in der Welt möchte man ihm wünschen, dass seine Worte Gehör finden mögen."
Damit zu unserem letzten Thema. Beim FDP-Parteitag wurde Christian Dürr zum Nachfolger von Christian Lindner als Parteichef gewählt. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG bemerkt kritisch: "Dürr verteidigt die FDP-Linie in der Ampel, die Wähler allerdings haben den Freidemokraten offenkundig eine Quittung für eine Politik ausgestellt, in der die Partei zwischen Profilverlust und Prinzipienreiterei, zwischen mitgetragenem Heizungsgesetz und Schuldenbremse schwankte. Wofür genau die FDP heute steht, bleibt unscharf.​ Einen vielleicht entscheidenden Stimmungstest gibt es im Frühjahr 2026: die Landtagswahl in Baden-Württemberg. Sollte die FDP auch in ihrer einstigen Hochburg aus dem Parlament fliegen, dann war es das womöglich mit der Partei", überlegt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder).
Die Zeitung DIE WELT resümiert: "Die Euphorie um die geplante Selbstwiederbelebung der Liberalen hat es eher nicht aus dem Innenbereich des Parteitages hinausgeschafft, offensichtlich wartet nicht nur fast niemand mehr auf die FDP, es erwartet auch kaum noch jemand etwas von ihr. Ziemlich bescheiden muteten nicht nur die wohl direkt dem letzten Empowerment-Seminar entsprungenen Slogans, von 'Wir ziehen den Karren aus dem Dreck' bis 'When life gives you lemons, make lemonade', sondern auch ihre ausformulierten Sprechakte. Es war viel davon die Rede, dass sich etwas ändern müsse, aber wie dieser Neustart denn nun konkret aussehen soll, bleibt bisher entweder ein gut gehütetes oder aber ein nonexistentes Geheimnis, man weiß es nicht", analysiert DIE WELT.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG erinnert an die letzte außerparlamentarische Phase der Freien Demokraten: "Der Vergleich mit der Vergangenheit drängt sich geradezu auf. Auch 2013 war die FDP nach Jahren des Streits in der schwarz-gelben Bundesregierung aus dem Bundestag geflogen. Dann folgte ein Parteitag, an dem Christian Lindner der am Boden liegenden Partei neues Selbstbewusstsein und einen Parteichef versprach, der die FDP zurück aufs politische Spielfeld bringt. Auch damals regierten Union und SPD zusammen im Bund. Einer großen Koalition der behäbigen Volksparteien mit einem jungen Auftritt und Fortschrittsversprechen Beine zu machen - das schien nicht so schwer. Kann das also wieder klappen?", fragt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG, und damit endet diese Ausgabe der Presseschau.