
"Die erkennbare Absicht: Schwarz-Rot will den Krisenmodus der Ampelregierung hinter sich lassen und Aufbruchstimmung ins Land senden. Wenn das mal gut geht – und Merz mit seinen Superlativen und Turbo-Ankündigungen nicht nur wieder Erwartungen weckt, die er am Ende doch nicht erfüllen kann. Das Ergebnispapier enthält vor allem Punkte, auf die sich Union und SPD schon im Koalitionsvertrag geeinigt hatten. Zu offenen Detailfragen – bei denen das Konfliktpotenzial oft am größten ist und bei denen sich die wirkliche Einigungsfähigkeit einer Regierung zeigt – gibt es nichts Neues", moniert die TAZ.
Anders sieht es die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal: "Die politische Kultur hat in wenigen Wochen erkennbar gewonnen, das ist das richtige Signal in die Republik, die sich angesichts vieler Verfassungsfeinde neu ordnen und sich ihrer eigenen inneren Unversehrtheit versichern muss. Klar muss bleiben: Mittelfristig ist dieser Koalitionsausschuss ein Steuerungsinstrument für Regierungshandeln. Nicht mehr. Und ganz sicher eben keine Feuerwehr mehr, die auf den letzten Metern bis tief in die Nächte hinein jene Brände löschen muss, die Parteifreunde in der Regierung zuvor mutwillig gelegt hatten. Jeder kehrt zu seiner Rolle zurück. Das ist wohltuend professionell", findet die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG ist skeptisch: "'Es geht jetzt Schlag auf Schlag', hat Merz angekündigt. Und wegen des vergleichsweise harmonischen Verlaufs des Koalitionsausschusses könnte man das auch glauben. Doch der Alltag wird erheblich schwerer werden als die erste Ausschusssitzung. In vielen Bereichen sind die Differenzen zwischen den Koalitionären für eine 'Schlag auf Schlag'-Politik halt doch noch zu groß", urteilt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
"Jetzt bloß kein 'später vielleicht'", fordert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG und fährt fort: "Investitions-Booster für die Wirtschaft, ein großes Rentenpaket, weniger Bürokratie. Es ist unausweichlich, dass die Regierung an den großen Stellschrauben ansetzt – zu viele gravierende Probleme sind in Deutschland ungelöst, die Wirtschaft steckt weiterhin in einer Rezession. Die Erwartungen, dass sich hierzulande rasch etwas verändert, sind nach dem Koalitionsausschuss nicht kleiner geworden – ob in der Wirtschaft oder in der Bevölkerung. Jetzt muss die Regierung beweisen, dass sie die Erwartungen, die sie selbst geschürt hat, erfüllen kann. Hier lauert die nächste Gefahr: Wenn aus dem 'Sofortprogramm' ein 'Später-vielleicht-Programm' wird, droht ein weiterer Vertrauensverlust in die Politik", mahnt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU argumentiert: "Klar, Fortschritte werden schnell zur Selbstverständlichkeit, aber es ist trotzdem gut, wenn es sie gibt. Wir Bürger müssen auch nicht dankbar sein. Wir erarbeiten ja das alles. Aber wir wollen, dass es vorwärts oder aufwärts geht. Die Bewegung ist das Entscheidende. Stillstand oder Rückschritt machen uns wahnsinnig. Also haben Merz, Klingbeil und sogar Söder recht, wenn sie unbedingt und schnell etwas in Bewegung bringen wollen", so die LAUSITZER RUNDSCHAU, die in Cottbus erscheint.
Die STUTTGARTER ZEITUNG schreibt: "Mit dem ersten Koalitionsausschuss haben CDU, CSU und SPD nun gezeigt, dass sie auch willens sind, ihre Aufgaben im Inland in schneller Geschwindigkeit anzugehen. Es ist richtig und wichtig, dass die Koalition nun rasch Entlastungen für die Wirtschaft beschließen will. Die Koalition zeigt fürs Erste Handlungsfähigkeit. Das ist ein guter Start. Ob Schwarz-Rot als Regierungsbündnis wirklich gut funktioniert, wird sich aber erst in den Haushaltsverhandlungen zeigen", unterstreicht die STUTTGARTER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG gibt zu bedenken: "Nach der Wahl von Friedrich Merz und der Regierungserklärung bildete die erste Zusammenkunft des Koalitionsausschusses den letzten Teil eines politischen Initiationsritus, von dem die Botschaft ausgehen sollte, dass auch politisch ein Frühling angebrochen ist. Trotzdem ist von einem Stimmungsumschwung unter den Bürgern oder einer signifikanten Verbesserung wirtschaftlicher Indikatoren auch sieben Monate nach dem Zerfall der Ampelkoalition nichts zu sehen", hebt die F.A.Z. hervor.
Der WESER-KURIER bemerkt zu den Plänen der Bundesregierung für den Aufbau einer Raketenproduktion in der Ukraine: "Beim Bau von Drohnen hat Kiew bereits gewaltige Fortschritte gemacht, warum sollte das nicht bei Raketen und Marschflugkörpern möglich sein? Die schnelle Reaktion aus dem Kreml auf den Deal und die Einladung zu neuen Friedensgesprächen zeigt, dass diese Entscheidung auch Moskau nicht ganz unbeeindruckt lässt", hält der WESER-KURIER aus Bremen fest.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE vertritt folgende Ansicht: "Die Entscheidung von Bundeskanzler Merz ist eine Folge der gescheiterten Friedensinitiative von Anfang Mai. Merz hat seine Lektion gelernt und sagt der Ukraine mehr Militärhilfe zu. Die Raketenentwicklung ist aber für die Zeit nach einem Waffenstillstand gedacht. Die Ukraine wird sich über Jahre gegen einen weiteren Überfall Russlands wappnen müssen. Deutschland kann davon profitieren. Eine stärkere Ukraine heißt weniger deutsche Schutztruppen", hofft die AUSGBURGER ALLGEMEINE.
Ähnlich sieht es der KÖLNER STADT-ANZEIGER: "Dass Merz der Ukraine nun deutsche Unterstützung beim Bau von weitreichenden Waffen zugesagt hat, ist richtig. Merz könnte mit der neuen Zusage auch Druck aus einem innenpolitischen Konflikt nehmen: der Debatte um die Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern. Möglicherweise spekuliert der Kanzler darauf, dass die Ukraine durch gemeinsame Produktion an gleichwertige Schlagkraft kommt – ohne Taurus. Ein kluger Schachzug", findet der KÖLNER STADT-ANZEIGER. Und damit soviel zu diesem Thema.
Ein US-Gericht hatte gestern die von US-Präsident Trump verhängten Zölle blockiert. Diese Entscheidung wurde dann von einem Berufungsgericht vorübergehend aufgehoben. Das Portal T-ONLINE kommentiert: "Trumps Wirtschaftsmärchen ist damit längst entlarvt. Seine Politik entspricht auch in seiner zweiten Präsidentschaft im Jahr 2025 mehr einer Reality-TV-Show als einer echten wirtschaftspolitischen Strategie. Das Chaos geht weiter. Vor dem Supreme Court droht nun also der nächste Showdown. Auch das zeigt das Vorgehen Trumps mehr als deutlich: Anstatt ordentliche Gesetze im Kongress zu verabschieden, liefert er sich Gefechte vor Gericht. Stabile Mehrheiten im Parlament zu finden, ist eine mühsame Angelegenheit. So etwas ist nichts für Donald Trump", so die Meinung von T-ONLINE.
Die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm sieht es so: "Ein paar Richter nehmen Donald Trumps Lieblingsspielzeug einfach weg? Das passt nicht in das Weltbild des Dealmakers, dessen Berater bereits von einem 'Justizputsch' sprechen. Sollte Trump, falls das Urteil bestätigt wird, den Richterspruch ignorieren, wären die Vereinigten Staaten nicht mehr sehr viel besser als jene Schurkenstaaten, die sie über Jahrzehnte bekämpft haben. Die Gründerväter dieser großartigen Demokratie würden sich im Grabe umdrehen", urteilt die SÜDWEST-PRESSE.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU hält fest: "Das US-Bundesgericht sorgt dafür, dass die Trump-Administration keine gute Verhandlungsbasis mehr hat, um in den anberaumten Gesprächen mit der EU, China und einigen anderen Staaten über höhere Zölle ein gutes Ergebnis im Sinne Trumps zu erzielen. Das Verdikt könnte einen Wendepunkt markieren. Schließlich haben zwei republikanisch regierte US-Bundesstaaten gegen das Vorgehen des Dealmakers geklagt", unterstreicht die FRANKFURTER RUNDSCHAU, mit der diese Presseschau endet.