
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU spricht von einer Katastrophe für das liberale Europa: "Premier Donald Tusk hatte gehofft, endlich durchregieren zu können. Nun muss er weiter mit einem Präsidenten leben, der mit seinem Vetorecht zentrale Vorhaben der Mitte-links-Koalition stoppen kann. Für die Regierung ist das Wahlergebnis ein Schlag ins Gesicht. Die Liberalen haben es nicht geschafft, ihre Anhängerinnen und Anhänger in ausreichender Zahl zu mobilisieren. Nachdem auch der liberale Kandidat im Wahlkampf nationale Töne anschlug und sich weigerte, mit der Regenbogenflagge fotografiert zu werden, mögen vor allem links eingestellte Wählerinnen und Wähler zu Hause geblieben sein", überlegt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die NORDWEST-ZEITUNG analysiert das Wahlergebnis genauer: "Die polnische Demokratie ist konservativ geprägt. Der unterlegene Trzaskowski gilt selbst im eigenen Lager als sehr links. Das führte offenkundig zu Schwierigkeiten bei der Mobilisierung. Für polnische Verhältnisse ist seine politische Haltung tatsächlich regelrecht 'woke'. Nawrocki hingegen stand offensiv für Familienwerte und christliche Tradition. Das kam im ländlichen Raum an – ebenso wie sein betont männlicher Habitus. Polen ist zudem ein Land, in dem der Nationalstaat wichtigster Integrationsfaktor ist. Wer mit Brüssel liebäugelt, wird abgestraft. Weil die Nation in Polen so wichtig ist, lässt sich auch mit antideutscher Rhetorik beim Wähler Kasse machen"; beobachtet die NWZ aus Oldenburg.
Das HANDELSBLATT erwartet: "Der Druck auf das regierende Mitte-links-Bündnis wird zunehmen, die PiS wird die Wahl als Misstrauensvotum gegen den europafreundlichen Premier inszenieren, den sie als 'deutschen Agenten' verspottet. Und es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass es vorzeitige Parlamentswahlen noch vor dem turnusgemäßen Termin in zwei Jahren gibt. Aus europäischer Sicht sind das düstere Perspektiven."
"Ging es Polen in der jüngeren Geschichte schon mal besser?" fragt die VOLKSSTIMME. "Das Land ist eingebunden in die EU, hat davon profitiert wie kein anderes Land in Osteuropa, ist ein Pfeiler der NATO an der Grenze zu Russland und Belarus. Viele, vor allem ärmere Polen außerhalb der blühenden Metropolen sind aber misstrauisch geblieben. Gegenüber den Deutschen, was polnische Politiker – auch Tusk – mit der unseligen Reparationsdebatte fördern. Gegenüber den Ukrainern, denen noch immer die Wolhynien-Massaker aus dem Zweiten Weltkrieg anhängen. Hinzu kommt, dass sich die Polen überfordert fühlen von der mehr als eine Million Ukrainer in ihrem Land, von denen viele lange vor dem Krieg als Arbeitsmigranten kamen. Die Wut der Bauern über die bisherige Zollfreiheit für ukrainisches Getreide tut ein Übriges. Polen zuerst oder Polen bündnisstark – das ist der Spaltpilz", konstatiert die VOLKSTIMME aus Magdeburg.
Die TAZ erwartet stürmische Zeiten für Polen, Deutschland und Europa: "Es ist zu erwarten, dass der Historiker Nawrocki, der über keinerlei politische Erfahrung verfügt, die Boykottpolitik (von Präsident) Duda fortsetzen wird. Das könnte auch die EU in Zugzwang bringen, die Tusk einen Vertrauensvorschuss gegeben und Milliarden Euro aus bisher gesperrten Geldern freigegeben hatte. Nun ist klar, dass die Tusk-Regierung ihre Demokratisierungsversprechen nicht einlösen können wird", sagt die TAZ voraus.
Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN bemerken: "Schon die Namen der zufriedenen Gratulanten verheißen nichts Gutes: Viktor Orban, Marine Le Pen, Giorgia Meloni sowie natürlich die AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla – sie alle zeigen sich beglückt über die Wahl ihres Bruders im Geiste, Karol Nawrocki, zum polnischen Präsidenten."
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG blickt mit Skepsis auf die Bemühungen von Bundeskanzler Merz, die Beziehungen zwischen Berlin, Paris und Warschau wiederzubeleben. "Zwar bleibt der proeuropäische polnische Regierungschef Donald Tusk sein Hauptansprechpartner dabei, doch dessen EU- und erst recht Deutschland-politischer Bewegungsspielraum wird fortan erheblich eingeschränkt sein. Statt also mit vereinten Kräften an der Stärkung Europas arbeiten und so Amerikas militärische Abwendung und ökonomische Attacken parieren zu können, wird es fortan wieder sehr viel Kraft kosten, Polen überhaupt unter der blau-gelben Europafahne zu halten", befürchtet die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder.
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben in einer koordinierten Aktion mehrere russische Militärflughäfen angegriffen. Die LAUSITZER RUNDSCHAU führt aus: "Es mutet schier unglaublich an, wie es der Ukraine gelang, bewaffnete Drohnen Tausende Kilometer weit ins russische Hinterland zu schmuggeln und die Zahl der Langstreckenbomber empfindlich zu dezimieren. Solche Aktionen traut man sonst allenfalls dem israelischen Mossad zu. Die Ukraine hat mit der spektakulären Drohnen-Aktion erneut bewiesen, dass der Krieg militärisch nicht entschieden ist und Russland sich auf eine lange und schmerzhafte Zeit einstellen muss, will es ihn weiterkämpfen." Das war die LAUSITZER RUNDSCHAU Cottbus.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert: "Kiew düpierte mit dieser komplexen geheimdienstlichen Operation Putins Diktatur, die die aufziehende Gefahr auf eigenem Boden nicht bemerkte und die Stützpunkte nicht ausreichend beschützte, obwohl die strategischen Bomber eine der drei Säulen der russischen Atommacht bilden, mit der Putin immer wieder droht. Eine größere Schmach hätte der ukrainische David dem russischen Goliath kaum beibringen können", meint die F.A.Z.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gibt zu bedenken: "Die wagemutige Militäroperation ändert freilich wenig am gesamten Kräfteverhältnis. Erst wenige Stunden vor dem ukrainischen Angriff überzog Russland die Ukraine mit dem zahlenmäßig bisher größten Angriff von fast 500 Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern."
Nun ins Inland. Die Zurückweisung von Asylsuchenden bei Grenzkontrollen auf deutschem Gebiet ist laut einem Gerichtsurteil rechtswidrig. Darauf geht der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER ein: "Noch ist völlig unklar, was das Urteil im Eilverfahren für die deutsche Migrationspolitik bedeutet. Das Gericht legt nur fest, dass sich Deutschland nicht auf eine Notlage berufen kann, ohne dass diese begründet wird. Es lässt Spielraum für Migrationslager an den Grenzen zur Abwicklung der Dublin-Verfahren. Diese aber müssten zuerst beschlossen, geplant und gebaut werden. Das Urteil zeigt jedoch eines: Eine nachhaltige Einwanderungspolitik ist in einem demokratischen Rechtsstaat komplexer als die Umsetzung von Stammtischparolen." Wir zitierten den REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die BADISCHE ZEITUNG vermutet: "Bundesinnenminister Dobrindt hatte gerichtliche Schlappen wie diese kühl eingepreist. Von lästigen EU-Regeln wollten sich Dobrindt und Kanzler Friedrich Merz ihr politisches Momentum nicht kaputt machen lassen. Noch am ersten Tag im Amt sollte neue Härte bewiesen werden – den eigenen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch potenziellen Asylbewerbern auf dem Weg nach Europa. Diese Hier-weht-jetzt-ein-anderer-Wind-Politik hatte von Beginn an ihren Preis: Verwerfungen mit den Nachbarn gehören ebenso dazu wie die Folgen für Menschen in Regionen, deren grenzüberschreitendes Zusammenleben sich verändert hat. Das Problem ist nicht, dass CDU und CSU konsequenter als bisher steuern wollen, wer ins Land kommt. Das wünscht sich laut Umfragen auch die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. Riskant aber ist eine Politik, die für einen kurzen Moment der vermeintlichen Stärke mehr Schaden anrichtet als echte Lösungen zu liefern", warnt die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg.