
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder konstatiert: "Nach den verschärften Grenzkontrollen rückt mit der schwächelnden Wirtschaft nun das zweite große Problemfeld in den Fokus. Mehr als einen Auftakt bildet das Programm allerdings nicht. Will man die deutsche Wirtschaft aus ihrer strukturellen Dauermalaise ziehen, führt kein Weg an den Themen Arbeit und den auf eine Finanzierungskrise zusteuernden Sozialversicherungen vorbei", meint die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
"Die Regierung hat gezeigt, dass sie zügig arbeiten kann", lobt die FREIE PRESSE aus Chemnitz: "Und das ist ein gutes Zeichen. Nach weniger als einem Monat im Amt haben sich Union und SPD auf diese Maßnahmen geeinigt. Und all das ohne öffentlichen Streit. Ein wohltuender Kontrast zum Zank in der Ampelkoalition, in der sich die Partner am Ende nicht mehr über den Weg trauten, gegenseitig blockierten und so handlungsunfähig wurden. Ein Wirtschaftswunder mit hohen Wachstumsraten kann man von diesem Paket gleichwohl nicht erwarten. Besonders, weil die Unsicherheit in der Weltwirtschaft weiterhin groß bleibt. Den kleinen Effekt des Wachstumspakets kann die nächste Laune des US-Präsidenten bereits wieder zunichtemachen", betont die FREIE PRESSE.
Auch die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG findet, dass das Steuerpaket nur der Anfang sein könne: "Das Signal ist erstmal wichtig und richtig: Die Regierung hat verstanden, dass sie die Rahmenbedingungen ändern muss, um die Wirtschaft nach drei Jahren Rezession wieder anzukurbeln. Die dicken Bretter, die den deutschen Standort belasten, sind damit aber nicht gebohrt. In den beschäftigungsintensiven Branchen sind es vor allem die hohen Lohnnebenkosten, die Arbeitgebern wie Beschäftigten das Leben schwer machen. Krankenkassen- und Rentenbeiträge werden Stand heute weiter steigen, der Steuerzuschuss zur Rente aus dem Bundeshaushalt von inzwischen 120 Milliarden Euro engt den Spielraum für öffentliche Ausgaben ein. Ob die schwarz-rote Koalition die Kraft findet für große Reformen steht noch in den Sternen. Es wäre ein echter Booster! Aber der Koalitionsvertrag bleibt da vage", kritisiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG notiert: "Die Deutschen haben verstanden, dass das dritte Jahr mit stagnierender Wirtschaft mehr ist als eine konjunkturelle Schwächephase, die von selbst verschwinden wird. Die Bereitschaft, auf Freizeit oder Einnahmen zu verzichten, um langfristig für mehr Wohlstand für alle zu sorgen, ist aber begrenzt. Es ruckelt mehr als dass ein Ruck durchs Land gegangen ist. Die Politik sendet die Botschaft, dass Einschnitte unvermeidbar sind, viel zu zaghaft. Es reicht nicht, Schulden aufzunehmen und die drängenden Fragen der Renten- und Sozialversicherungen in Kommissionen zu verschieben, wenn man eine Aufbruchstimmung erzeugen will. Zugestehen muss man, dass Reformen schwerer fallen, wenn rechts und links Populisten lauern, die enttäuschte Wähler an sich reißen. Eine Legitimation zum 'Weiter so' ist das aber nicht", heißt es in der F.A.Z.
In Deutschland ist die Zahl antisemitischer Vorfälle im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Das meldet der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus - kurz Rias. Die STUTTGARTER ZEITUNG unterstreicht: "Kritik am Staat Israel und am Vorgehen der israelischen Regierung gegen die Palästinenser ist selbstverständlich legitim. Das Entsetzen über die Zustände in Gaza legitimiert jedoch keine pauschale Polemik oder gar Übergriffe gegen Israelis oder Juden. Wer Staatsangehörige in Bausch und Bogen für das Handeln ihrer Repräsentanten haftbar macht oder gar Menschen, die nur der gleichen Religion angehören, ist ein Rassist."
Die TAGESZEITUNG – TAZ – aus Berlin geht auf die gesellschaftliche Breite des Problems ein: "Nazis verherrlichen den Holocaust, so wie immer. Und die Schuldkult-Logik der AfD findet immer mehr Resonanz. Aber vor allem ein tief sitzender Hass auf Israel als jüdisches Kollektiv, befeuert von antisemitischen Tropen und Ressentiments weit entfernt von jeglicher legitimen Kritik, verbindet Menschen spektrumübergreifend – von Islamisten bis Linken. Statt diesen grassierenden Antisemitismus zu bekämpfen, wird jedoch über die Bekämpfung selbst gestritten, wird um die 'richtige' Definition gerungen, als könnte man Judenhass einfach wegdefinieren", moniert die TAZ.
Das STRAUBINGER TAGBLATT analysiert: "Dass der wachsende Antisemitismus auf Deutschlands Straßen auch durch Zuwanderung importiert wurde, ist offensichtlich, mittlerweile beleidigen auch Kinder in Schulen ihr jüdischen Mitschüler, dazu kommen rechtsradikale Kreise, die seit jeher ihren Judenhass ausleben. Klar ist: Für legitime Kritik an Israel braucht man keine antisemitischen Begründungen. Ein Patentrezept gegen diesen Hass auf Juden gibt es nicht, allerdings können etwa Schul- und Universitätsleiter einwirken, indem sie unmittelbar und scharf reagieren, wenn Aufklärung und Appelle nicht fruchten. Jüdische Mitbürger beklagen, dass die Zivilgesellschaft zu leise ist und zu oft weghört und wegschaut. Das sollte uns zu denken geben, nicht nur wegen der deutschen Vergangenheit", mahnt das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU fordert Konsequenzen: "Juden brauchen den Schutz der Institutionen und die Solidarität der übrigen Bevölkerung. Die politische Debatte ist vergiftet. Wo endet die berechtigte Kritik am israelischen Vorgehen in Gaza und wo beginnt Judenhass? Die Diskussion über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit bestimmter Slogans gegen Israels Politik darf das Wichtigste nicht überlagern: Deutschland muss ein sicherer Ort sein für alle. Das gilt aus historischer Verantwortung besonders für Juden. Nazi-Deutschland wollte sie auslöschen. Die Geschichte muss eine Mahnung sein", ist in der FRANKFURTER RUNDSCHAU zu lesen.
Bundeskanzler Merz besucht heute US-Präsident Trump in Washington. Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg stellt fest: "US-Visiten waren für Bundeskanzler schon immer eine Herausforderung, weil die Dinge in der Machtzentrale der Welt anders gehandhabt werden, als in der deutschen Provinz. Insofern kann Merz überglücklich sein, wenn er den Arbeitsbesuch bei Trump ohne sichtbare Blessuren übersteht. Wobei bei Trump im Grunde nur das rüpelhafte Benehmen den Unterschied macht zu den Machtbekundungen eines Biden oder Obama, die wesentlich zivilisierter auftraten. Was nicht zu erwarten ist, sind verlässliche Absprachen über Zölle, über einen gemeinsamen Ukraine-Friedensplan. Trump ist politisch ein Spieler, der den eigenen Vorteil nicht nur spontan nutzen möchte, sondern auch aller Welt zeigen, dass er das kann. In diesem Sinne ist Merz viel Erfolg zu wünschen. Vielleicht wird es ja besser, als erwartet. Das wäre schon das größtmögliche Optimum", glaubt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
"Der US-Präsident betreibt eine fundamental paradoxe Politik", schreibt das HANDELSBLATT aus Düsseldorf: "Trump will Amerikas Rolle einerseits verringern und andererseits der Welt seinen Stempel aufdrücken. Er schwört dem WerteImperialismus der Neokonservativen ab, die Demokratie und Marktwirtschaft mit Waffengewalt in die Welt tragen wollten, und entwickelt einen eigenen. Im Kern ist Trump ein Brutalist. Ihn fasziniert nackte Gewalt, so wie die Architekten der 1970er-Jahre, für deren Bauten der Begriff einst geprägt wurde, von der Wucht rohen Betons fasziniert waren. Schwäche verachtet Trump nicht nur, sie reizt ihn, nährt seine Angriffslust – siehe Kanada, Panama und Grönland. Daher kann sich Europa die bisherige Abhängigkeit von Amerika nicht mehr leisten. Und daher muss es auch nach einer freundlichen Verabschiedung im Weißen Haus für Merz weiter darum gehen, Europas Eigenständigkeit zu stärken." Mit diesem Kommentar aus dem HANDELSBLATT endet die Presseschau.