10. Juni 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Zeitungskommentare beschäftigen sich unter anderem mit dem Vorstoß von Bundesinnenminister Dobrindt, die Bundespolizei mit Elektroschockgeräten auszustatten. Im Mittelpunkt steht jedoch die Anordnung von US-Präsident Trump, 2.000 Soldaten der Nationalgarde nach Los Angeles zu entsenden.

Soldaten der US-amerikanischen Nationalgarde stehen in voller Montur vor ihren Fahrzeugen.
Ein Thema in den Kommentaren: US-Präsident Trump hat angeordnet, Soldaten der Nationalgarde wegen der Unruhen nach Los Angeles zu entsenden. (IMAGO / Kyodo News / IMAGO)
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU findet: "Der US-Präsident hat mit dem unnötigen, unaufgeforderten und historischen Einsatz der Nationalgarde den Konflikt um Razzien der US-Einwanderungsbehörde eskaliert und damit erst das Chaos geschaffen, das er dann als angebliche Rebellion bekämpfen konnte. So gehen rechte und rechtsextreme Kräfte vor, um angebliche Schwächen der Demokratie zu zeigen, die dann nur ein starker Mann retten kann. Es ist nicht das erste Mal, dass Trump seine antidemokratische Haltung offenbart. Er hetzte 2021 seine Fans zum Sturm auf das Kapitol auf, weil er das Wahlergebnis nicht akzeptieren wollte. Er und seine Regierung ignorieren Gerichtsurteile wie im Fall der irrtümlichen Abschiebung eines Mannes nach El Salvador", notiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen vermutet: "Trump und seine Leute, allen voran Vize-Stabschef Stephen Miller und Verteidigungsminister-Heißsporn Pete Hegseth, hoffen geradezu auf aufständische Aktionen der 'Angelenos', mit denen sie den Einsatz von Waffengewalt gegen die Bevölkerung rechtfertigen könnten. Steinewürfe und brennende Autos reichen dazu nicht. Diese Delikte müssen zweifellos geahndet werden. Aber das kann das örtliche Polizei-Departement ohne unerwünschte Hilfe von außen", gibt die WAZ zu bedenken.
Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU analysiert: "Trump, der sich stets als unbedingter Verfechter der Meinungsfreiheit inszeniert hat, lässt genau diese jetzt brachial niederknüppeln. Es geht offenbar nicht um jede Meinung, wenn von ihm die Freiheit propagiert wird, sie äußern zu dürfen. Die neuerliche Grenzüberschreitung des US-Präsidenten vernebelt den Blick auf ernste Herausforderungen. Dass er die Themen Kriminalität und Migration aufgreift, ist durchaus sinnvoll. Dass er dabei aber auf Methoden zurückgreift, die eher an seine Zeit als Wüterich im Reality-TV erinnern als an das Handeln eines ernstzunehmenden Staatsmannes, schmälert jedes Wohlwollen", urteilt die KÖLNISCHE RUNDSCHAU.
Das HANDELSBLATT beleuchtet einen anderen Aspekt: "In Kalifornien regiert der demokratische Hoffnungsträger Gavin Newsom, der Chancen hat, 2028 Präsidentschaftskandidat zu werden. Kalifornien steht für das weltoffene Amerika, das Trump und seine 'Make America great again'-Bewegung verachten, und es ist das ökonomische und technologische Kraftwerk der USA. Es gibt also genügend Anlässe für den Präsidenten, dort Chaos zu stiften und seine Macht zu demonstrieren", schätzt das HANDELSBLATT.
Der Berliner TAGESSPIEGEL betont, Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom wolle nun... "...Klage gegen Trumps Vorgehen einreichen und spricht von einer bewussten Inszenierung, einem martialischen Spektakel. Ob das stimmt oder nicht, die Straßenschlachten sorgen jedenfalls für Ablenkung – und die kann der Präsident gut gebrauchen. Denn so richtig gut läuft seine zweite Amtszeit nicht. Den Ukraine-Krieg innerhalb von 100 Tagen beenden? Gescheitert. Kremlchef Wladimir Putin führt ihn bei jedem Telefonat als Schwächling vor. Seine Zollpolitik? Lässt die US-Wirtschaft kämpfen. Die Inflation? Ist im Mai zwar gesunken, dennoch belasten die hohen Lebenshaltungskosten viele von Trumps Stammwählern. Was also läge näher, sich das wichtigste Wahlversprechen – den Kampf gegen die illegale Migration – zu greifen und nebenbei die 'woken Linken' an der Westküste zur Räson zu bringen?", fragt der TAGESSPIEGEL.
"Dass der Präsident zusätzlich Soldaten der Nationalgarde hinterhergeschickt hat, ist aus mindestens zwei, womöglich sogar drei Gründen bedrohlich", schreibt das FLENSBURGER TAGEBLATT: "Erstens sendet Trump so überhaupt erst das Signal, der Rechtsstaat sei zunächst mit den Tumulten überfordert gewesen – eine Botschaft, die nicht nur die kalifornischen Beamten vor den Kopf stößt, sondern militante linke Chaoten eher noch ermutigen wird. Zweitens birgt dieser Schritt nicht nur, wie jetzt viele sagen, das Risiko einer Eskalation – er soll die Eskalation ja ausdrücklich herbeiführen. Der mögliche dritte Grund schließlich beträfe nicht mehr nur Los Angeles, sondern das ganze Land: Blufft hier einer, oder erleben wir einen Präzedenzfall? Könnte Trump wirklich, wie Mahner schon lange befürchten, mit der Zeit Gefallen an einer autoritären Interpretation seines Amtes finden und seine Macht eines Tages auch mit Gewalt sichern wollen? Eine Sorge, die sich hoffentlich bald als unbegründet herausstellt", bemerkt das FLENSBURGER TAGEBLATT.
Themenwechsel. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG geht ein auf den Vorstoß von Bundesinnenminister Dobrindt, die Bundespolizei zusätzlich mit Elektroschockgeräten - sogenannten Tasern - auszustatten: "Polizeipraktiker geben dem CSU-Politiker trotz der Risiken für getroffene Personen recht. Gerade bei Angriffen mit Messern, der potentiell tödlichen Allzweckwaffe in fast 30.000 Fällen im vergangenen Jahr, ist der Taser ein effektives Mittel, um Polizisten zu schützen. Und auch für Angreifer oder jene, die in unübersichtlichen Gefährdungslagen dafür gehalten werden, kann das Elektroschockgerät Tod oder schwerste Verletzungen verhindern", führt die FAZ aus.
Die TAGESZEITUNG - TAZ - dagegen befürchtet: "Die Einführung von Tasern wird hierzulande erhebliche Polizeigewalt nicht nur weiterhin normalisieren, sondern ist auch verdammt gefährlich. Denn nichts an den Elektroschockern ist harmlos – wie zahlreiche Todesfälle nach Einsätzen von vier Landespolizeien bereits zeigen. Eigentlich sollen Taser nicht gegen ältere Personen, Menschen mit Herz- oder Lungenproblemen, unter Drogeneinfluss oder in psychischen Ausnahmesituationen eingesetzt werden. Tatsächlich lassen sich Herz- und Lungenerkrankungen in komplexen Einsatzlage nicht von außen erkennen. Wie Recherchen und Studien zeigen, ist der Taser eine riskante Waffe, die neue Probleme schafft, und kein mildes Allheilmittel, als das die Hersteller es vermarkten", argumentiert die TAZ.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg beschäftigt sich mit Vorwürfen gegen den CDU-Politiker Spahn: "Es geht schon wieder um krumme Touren mit Masken in der Corona-Pandemie. Der Bericht, der Spahn belasten soll, wird unter Verschluss gehalten. Das empört die oppositionellen Grünen – und nicht nur sie. Ex-Gesundheitsminister Spahn, diese Altlast aus der Merkel-Zeit, verfängt sich im Netz undurchsichtiger Geschäfte. CDU-Chef wollte er mal werden und ist gescheitert. In die schwarz-rote Regierung wollte er einsteigen und ist aussortiert worden. Die Abfindung ist der CDU/CSU-Fraktionsvorsitz. Wenn sich die Vorwürfe erhärten, wäre Spahn als solcher nicht mehr haltbar", glaubt die VOLKSSTIMME.
Die BERLINER MORGENPOST geht näher auf den Vorwurf gegen Spahn ein: "Gegen Widerstände in der Regierung und Warnungen soll der CDU-Politiker einem Unternehmen aus seiner Heimat einen Auftrag erteilt haben, das nicht in der Lage war, diesen zu erfüllen. Ein nachvollziehbarer Fehler in einer unübersichtlichen Situation? Oder eine interessengeleitete Entscheidung wider besseres Wissen? Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht, das für sich selbst zu beurteilen. Doch das Gesundheitsministerium steht ihnen dabei im Weg – den Bericht, den noch die Vorgängerregierung in Auftrag gegeben hat, gibt das Haus unter der Leitung von Spahns Parteifreundin Nina Warken nicht heraus. Das kann so nicht bleiben. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch auf Transparenz", mahnt die BERLINER MORGENPOST.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG verlangt, alles müsse... "...dringend politisch aufgearbeitet werden. Nur dann können die Deutschen entscheiden, wie viel und was genau sie Spahn verzeihen wollen. Verschwendung durch falsche Entscheidungen, die unter Druck entstanden, kann man entschuldigen; das Verfolgen unlauterer persönlicher Interessen keineswegs." Das war zum Ende der Presseschau ein Auszug aus der SZ.