
Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal erläutert: "Die Attacke wirkt, als stünde dahinter ein Dreiklang, in dem zunächst die Terrororganisation Hamas ohne Rücksicht auf Verluste lahmgelegt wird, gefolgt von der Hisbollah, die ihr Pulver weitgehend wirkungslos verschossen hat, und beendet mit dem Angriff nicht nur auf die iranischen Atomanlagen. Gleichzeitig nahm Israel offenbar auch Funktionäre und Physiker ins Visier, von denen vermutet wird, dass sie an einer iranischen Atombombe arbeiten. Beginnend nach dem Terroranschlag vom 7. Oktober 2023 hat Israel anscheinend die Flucht nach vorn angetreten. Im Nahen Osten tobt nun womöglich der finale Krieg. Er soll im Ergebnis die Frage beantworten, ob Israel auf Dauer sicher und bestenfalls im Frieden mit den Nachbarn weiter existieren kann", schätzt die WESTDEUTSCHE ZEITUNG.
"Militärisch war der Zeitpunkt für Israel günstig", meint die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus: "Die iranische Flugabwehr war von der israelischen Luftwaffe schon vorher weitgehend außer Gefecht gesetzt worden. Die engsten Verbündeten des Irans im Kampf gegen Israel, die Terrororganisationen Hamas und Hisbollah, sind massiv geschwächt. In Syrien muss die neue Regierung erst einmal innenpolitisch Tritt fassen. Vor allem aber hat US-Präsident Donald Trump seinen Freund Benjamin Netanjahu nicht länger zurückgehalten, womöglich aus Frust über die zähen Verhandlungen mit dem Iran über das Atomprogramm", spekuliert die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Die HANNOVERSCHE ALLGEMEINE bemerkt zum israelischen Premierminister: "Es ist eine riskante Strategie, die Netanjahu da verfolgt. Er eröffnet eine weitere Front, zusätzlich zum ruinösen Krieg in Gaza, zusätzlich zu den fortwährenden Attacken im Westjordanland, zusätzlich zu den zwar reduzierten, aber anhaltenden Auseinandersetzungen mit der Hisbollah im Libanon. Er setzt seine eigene Bevölkerung einer massiven Gefahr aus: Denn die israelische Luftabwehr ist zwar gut, aber ob sie massiven Gegenangriffen des Iran standhalten würde, ist offen. Der Iran ist eine andere Hausnummer als seine Handlanger von Hamas, Hisbollah und Huthis, deren Attacken Israel bisher ausgesetzt ist", notiert die HANNOVERSCHE ALLGEMEINE.
Auch das HANDELSBLATT blickt auf Netanjahus Strategie: "Der zunehmend umstrittene israelische Premierminister profitiert innenpolitisch von der Eskalation. Einerseits lässt er sich von seinen radikalen Koalitionspartnern treiben, die offen von einer Annexion des Gazastreifens und des Westjordanlands sprechen. Andererseits kann Netanjahu durch die Eskalation des Konflikts von seinen sonstigen Verfehlungen ablenken: sowohl von seiner sicherheitspolitischen Verantwortung für den 7. Oktober als auch von den Korruptionsvorwürfen", heißt es im HANDELSBLATT.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf betont, die israelischen Angriffe hätten offenbart, dass "der Iran militärisch schwächer ist als vermutet. Auch die Überlegenheit des israelischen Geheimdienstes ist nun noch einmal deutlich worden: Mossad-Sonderkommandos ist es sogar gelungen, tief im Feindesland Präzisionswaffen gegen die iranische Luftabwehr in Stellung zu bringen. Der Iran war zunächst nicht in der Lage, militärisch mit der befürchteten Massivität zurückzuschlagen. Denn auch viele iranische Militär-Kommandeure wurden bei den israelischen Angriffen getötet. Trotzdem bleibt die Lage äußerst gefährlich: Das Mullah-Regime ist öffentlich gedemütigt und wird das sicherlich nicht vergessen. Da es sich um religiöse Fanatiker handelt, weiß man nie, wie sie reagieren", warnt die RHEINISCHE POST.
Die Zeitung DIE WELT verweist auf die innenpolitische Lage im Iran: "Atombomben stabilisieren das Regime – so dürften die Herrschenden in Teheran geglaubt haben. Sicher ist, dass die Herrschaft der Religionsgelehrten auch in den Augen ihrer Bürger niemals so schwach da stand wie jetzt nach den verheerenden Angriffen Israels. Darum ist es gut möglich, dass der Widerstand gegen das Herrschaftssystem im Iran wieder aufflammt. Demonstrationen der iranischen Bevölkerung waren in den letzten Jahren immer wieder niedergeschlagen worden, doch der Unmut ist gewaltig. Jede Erschütterung des Regimes kann die Machtfrage stellen, und die Angriffe stellen den heftigsten Schock seit Jahrzehnten dar. Das kann zu einem Umsturz führen, aber auch zu einem Bürgerkrieg. Denn trotz aller Kritik in weiten Teilen der Bevölkerung sind andererseits Millionen iranischer Bürgerinnen und Bürger in regimenahen, zum Teil bewaffneten Verbänden organisiert", gibt DIE WELT zu bedenken.
Die Gefahr eines Flächenbrandes in der Region war lange nicht mehr so groß, wie heute, konstatiert das FLENSBURGER TAGEBLATT und fragt: "Was bedeutet das für Deutschland, das doch die sichere Existenz Israels als 'Staatsräson' betrachtet? Müsste die Bundesrepublik dem jüdischen Staat im Falle eines iranischen Großangriffs, der in einen ausgewachsenen Krieg münden könnte, militärisch beistehen? Wie weit geht die historische Verantwortung?"
Die WIRTSCHAFTSWOCHE kritisiert die Außenpolitik des US-Präsidenten: "Spätestens mit der Eskalation im Nahen Osten sollte endgültig Schluss sein mit der Chimäre, Trump sei ein brillanter Verhandler und Deal-Maker. Das stimmte schon mit Blick auf seine Zeit als Immobilienunternehmer nicht – seine erfolgreichsten Geschäfte waren die, in denen andere die Führung übernahmen – und mit Blick auf die Weltpolitik ist sein Scheitern einmal mehr offensichtlich. Denn es ist ja nicht nur der Iran. Der Krieg in der Ukraine ist weit von einer Lösung entfernt. In Handelsfragen kommt seine Administration ebenfalls kaum weiter. Nordkorea scheint völlig vom Radar des Weißen Hauses verschwunden zu sein." So weit die WIRTSCHAFTSWOCHE.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG geht ein auf den heutigen Festakt in Luxemburg anlässlich des 40. Jahrestags der Unterzeichnung des Schengen-Abkommens über grenzenloses Reisen: "Die europäischen Spitzenpolitiker bleiben der Veranstaltung fern. Kein Wunder, der Schengen-Raum steht heute so stark infrage wie nicht einmal zu Corona-Zeiten: Damals waren viele Grenzen zwar wirklich zu, aber es gab immerhin keinen ernsten Zweifel, dass sie irgendwann auch wieder geöffnet würden. Derzeit haben 11 der insgesamt 29 Schengen-Länder der EU-Kommission gemeldet, dass an ihren Grenzen wieder kontrolliert wird - darunter Deutschland, Frankreich und die Niederlande, also drei der fünf Schengen-Gründungsmitglieder. Keines dieser Länder benennt einen konkreten Zeitpunkt, zu dem die Kontrollen wieder aufgehoben werden sollen. Stattdessen werden als Bedingungen für die Rücknahme ein besserer Schutz der EU-Außengrenzen genannt, eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten auf die EU-Länder oder eine nötige Entlastung der Kommunen – ohne dass klar würde, unter welchen Voraussetzungen diese Ziele als erreicht gelten sollen", analysiert die SZ.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG findet: "Die Kontrollen haben nicht Schengen im Visier, sondern die Nebenwirkung eines ungehinderten Grenzverkehrs, die unkontrollierte Einwanderung. Alle Schengen-Staaten hätten viel früher darauf reagieren müssen. Kontrollen wie heute wären dann überflüssig. Mehr noch: Es wäre nicht so weit gekommen, dass die ganze EU seit Jahren von Vertrauensverlust, Abkehr und Radikalisierung heimgesucht wird. Die deutsche Politik muss sich in dieser Hinsicht allerdings als Hauptverantwortlicher fühlen. Nicht nur gehörte das Land zu den Anführern des Weiter-so; es tat auch nichts, die Anziehungskraft seiner Willkommenskultur Schengen-tauglich zu drosseln. Es ist deshalb falsch zu sagen, Schengen werde aufs Spiel gesetzt, wenn Reisefreiheit eingeschränkt werde. Richtig ist vielmehr, dass Schengen nur gerettet werden kann, wenn diese Freiheit nicht für jegliche Migration gilt", urteilt die FAZ. Und mit diesem Kommentar endet die Presseschau.