19. Juni 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Nach der Pressekonferenz der Hamburger Polizei, bei der verheerende Fälle von Cybermobbing und Pädokriminalität bekannt wurden, befassen sich viele Zeitungen mit den Forderungen nach Altersgrenzen für soziale Medien. Auch das nun erreichte Zwei-Prozent-Ziel der NATO ist ein Thema.

Olaf Lies (SPD, l-r), Ministerpräsident von Niedersachsen, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), und Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, geben nach der Ministerpräsidentenkonferenz im Bundeskanzleramt eine Pressekonferenz.
Ministerpräsidentenkonferenz im Bundeskanzleramt: Die Debatte um die Konjunkturmittel hält an. (Kay Nietfeld / dpa / Kay Nietfeld)
Zunächst aber geht es um das geplante Konjunkturpaket der Bundesregierung. Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG schreibt: "Mit ihrem Plan für Steuererleichterungen traut sich die Bundesregierung was. Ob verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen nun zum Gamechanger in Sachen stotternder Konjunktur werden, sei dahingestellt. Und vielen Unternehmen wären verkraftbare Energiepreise wohl lieber als eine gesenkte Körperschaftssteuer. Aber sei’s drum, im Moment geht es ohnehin erstmal um eine andere Frage: Wer muss eine wie große Kröte schlucken? Wie immer bei solchen Vorhaben werden die nun laufenden Gespräche zwischen Bund, Ländern und Kommunen von Gefeilsche geprägt sein. Gerade die Kommunen würde das Merz’sche Steuerpaket 13,5 Milliarden Euro kosten, und das zu einer Zeit, in der sie ohnehin vor einem gähnenden Finanzloch stehen. Klar, dass sie – und mit ihnen die Länder – Kompensationen fordern. Was, wenn man es konsequent zu Ende denkt, bedeutet: Soll der Bund seine Pläne doch selbst ausbaden", empfiehlt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
ZEIT ONLINE meint dazu: "Die staatstragenden Parteien, die in Bund und Ländern noch die Mehrheit stellen, wollen – und müssen – zeigen, dass sie gemeinsam einen Aufschwung organisieren können. Und dass das föderale System, und sei es über einen Vermittlungsausschuss, nicht nur Hemmschuh, sondern Reformmotor sein kann. Weil fairer Interessenausgleich zwischen den Ebenen nicht bedeuten muss: Es geht im Zweifel nichts voran. Sondern weil das Ziel ein Kompromiss sein sollte, der mehr ist als nur die halbe Wegstrecke zwischen zwei Extremen; das wäre bundesrepublikanische Tradition – und ein Mittel gegen Staatsverdruss und Vertrauensverlust", mahnt ZEIT ONLINE.
Mit Blick auf die jetzt bekannt gewordenen Fälle von Cybermobbing und Pädokriminalität unterstreicht das HAMBURGER ABENDBLATT: "Spätestens jetzt kann niemand mehr die Augen vor der Dimension des Bösen verschließen. Das Internet ist ein Tummelplatz von Tätern, die es bewusst auf Kinder und Jugendliche abgesehen haben: Wer da die Regulierung von angeblich 'sozialen' Medien, von Netzwerken wie Discord oder Telegram oder auch einschlägigen Online-Foren weiterhin ablehnt, schützt die Täter. Das Smartphone ist inzwischen 18 Jahre alt, die Politik aber nie volljährig geworden. Nach jedem Amoklauf diskutieren wir über das Waffenrecht, nach jedem Terroranschlag über bessere Schutzmaßnahmen. Und jetzt schweigen wir?", fragt das HAMBURGER ABENDBLATT.
Das STRAUBINGER TAGBLATT gibt zu bedenken: "Die Plattformen sind anders als Zigaretten oder Alkohol nicht per se eine Gefahr für Kinder und Jugendliche. Es gibt dort wertvolle Inhalte, sie sind ein wichtiger Teil des Lebens auch junger Menschen. Gefährlich ist die unkontrollierte Art, mit der sie geführt werden. Das einzudämmen wäre Aufgabe des Staates. Mit dem Digital Services Act der Europäischen Union gibt es auch einen geeigneten Hebel, um die Betreiber in Haftung zu nehmen. Er müsste nur konsequent angewandt werden", fordert das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN fragen: "Kann man Kindern und Jugendlichen heutzutage tatsächlich die Nutzung von sozialen Medien verbieten, so wie es manche Politiker fordern und eine Umfragemehrheit hierzulande befürwortet? Klar, die bunte Welt von Instagram, Tiktok und Co. birgt ein Suchtpotenzial, das nicht zu unterschätzen ist. Natürlich gibt es Scharlatane, die sich an unbedarfte junge Mediennutzer ranmachen wollen. Und doch sollte es nicht in erster Linie eine staatliche Aufgabe sein, als schützende Instanz einzugreifen und Altersgrenzen festzulegen – deren Kontrolle zudem schwierig wäre. Gefragt sind Pädagogen und Eltern", heißt es bei der MEDIENGRUPPE BAYERN.
Ähnlich sieht es die TAZ: "Eine Altersgrenze für Social Media würde wenig helfen – schon deshalb, weil sie technisch schwer umzusetzen ist, wie ein Blick nach Australien zeigt. Ob eine EU-weite App zur Altersüberprüfung, an der Brüssel derzeit arbeitet, hier die Lösung bringen kann, bleibt abzuwarten. Doch selbst wenn es Europa gelingt, wäre ein Altersverbot kein guter Weg. Schließlich würden die problematischen Folgen von Social Media dadurch nicht verschwinden, sondern im besten Fall nur aufgeschoben. Und: Die Politik muss die Konzerne in die Pflicht nehmen. Die Plattformen, die suchthaftes Verhalten, psychische Krankheiten und Radikalisierung in Kauf nehmen, sollten ein Verbot fürchten – nicht die Nutzer", fordert die TAZ.
Laut NATO-Generalsekretär Rutte haben nun alle Mitgliedsstaaten das Zwei-Prozent-Ziel erreicht. Die Zeitung ND.DER TAG kritisiert die steigenden Verteidigungsausgaben: "Als flösse ins Kriegshandwerk nicht schon genug Geld, das dringend für friedliche Zwecke wie Soziales, Bildung und Klimaschutz gebraucht wird, sind die zwei Prozent aber längst kein Ziel mehr, sondern ein Sprungbrett: Fünf Prozent sollen es nach Trumps Willen nun sein; der Widerstand ist gering. Man muss sich das immer wieder verdeutlichen: Für Deutschland würde es Militärkosten von 200 Milliarden Euro im Jahr bedeuten – fast die Hälfte des gesamten Staatshaushalts", betont ND.DER TAG.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU analysiert: "Elf Jahre hat es gebraucht, bis alle Nato-Staaten das 2014 gesteckte Ziel erreicht haben, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Dieses Ergebnis mehr als zu verdoppeln, wie es das Bündnis plant, wird ein Kraftakt. Denn dafür steht weniger Zeit zur Verfügung – jedenfalls, wenn die Mitglieder die von ihnen beschriebene Bedrohung aus Richtung Russland ernst nehmen. Aber genau hier liegt ein Problem, das momentan untergeht: Es gibt durchaus Unmut unter manchen Mitgliedstaaten. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico hat jetzt sogar den Austritt seines Landes aus der Nato ins Spiel gebracht. Mehr noch: Für sein Land lohne sich 'Neutralität'. Der Linkspopulist betritt damit gefährliches Terrain für die Nato. Denn ihr Beistandsversprechen könnte ins Bröckeln geraten – und dadurch ihre Abschreckungswirkung", befürchtet die LAUSITZER RUNDSCHAU, die in Cottbus erscheint.
Abschließend noch Stimmen zu der umstrittenen Äußerung von Bundeskanzler Merz, nach der Israel mit dem Angriff auf Iran die "Drecksarbeit" für den Westen mache. Das Wochenmagazin CICERO kommentiert: "Bundeskanzler Friedrich Merz hat in den ersten Wochen seiner Amtszeit gezeigt, dass er die politische Kultur seines Landes verändern und neu prägen will. Dazu gehört es, nicht nur einen abwägenden Stil zu pflegen, sondern auch einprägsame und manchmal harte Begriffe zu verwenden. Dies zeichnet ihn seit Beginn seiner politischen Laufbahn vor 40 Jahren aus. Immer wieder hat man ihn wegen seiner zugespitzten Ausdrucksweise zu diskreditieren versucht, doch am Ende hat er trotz Kritik etwas erreicht“, findet der CICERO.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder sieht es ähnlich: "Die Angriffe Israels auf den Iran als 'Drecksarbeit' zu bezeichnen, die von der israelischen Armee 'für uns alle' verrichtet werde, wäre wohl den meisten Diplomaten nicht über die Lippen gekommen. Dafür ist der diplomatische Sprachgebrauch zu zurückhaltend. Das ändert aber nichts daran, dass Merz in der Sache richtig liegt. Ja, Israel verstößt mit seinen Attacken wahrscheinlich gegen das Völkerrecht. Doch den meisten Ländern, zumindest denen im Westen und in der arabischen Nachbarschaft des Iran, gefällt das eigentlich ganz gut so. Darüber zu schweigen oder an dieser Tatsache schwurbelig vorbeizureden, wäre der falsche Weg. Politik bleibt nur dann begreiflich und nachvollziehbar, wenn sie die Dinge klar benennt – und das ist hier der Fall", unterstreicht die MÄRKISCHE ODERZEITUNG, mit der diese Presseschau endet.