
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER kommentiert: "Eigentlich ist es ein Wunder, dass die Reaktion auf den Grenzkontrollen-Aktionismus des deutschen Innenministers Dobrindt so lange auf sich warten hat lassen. Die Frage nach dem Erfolg solcher Kontrollen stellt sich mittlerweile kaum mehr. Auch nicht, dass sie laut Richtersprüchen eigentlich EU-rechtswidrig sind. Oft genug wurde bewiesen, dass sie kaum Ergebnisse liefern, teuer sind und den Bürgern nur ein schwaches Gefühl von scheinbarer Sicherheit geben - Symbolpolitik in ihrer Reinform. Sollte die Praxis tatsächlich Schule machen, stehen schon die nächsten Nachahmer in den Startlöchern. Dann stellt sich nur noch die Frage, wie lange es dauert, bis der Urlaubsreisende wieder vor dem Schlagbaum steht und sich in die Jahre vor 1985 zurückversetzt fühlt, als das Schengen-Abkommen noch nicht galt." Das war der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
"Ist das nun eine Eskalation?", lautet die Frage in den Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN. "Wenn ja, dann eine, die Berlin nicht nur vorhergesehen, sondern beabsichtigt hat. Die neue Bundesregierung hat erwartet, dass die Nachbarländer ihrerseits auf die deutschen Zurückweisungen mit vergleichbaren Maßnahmen reagieren. Ziel war, dass eine Grenze nach der anderen dicht gemacht wird. Es ist dies der Kaskadeneffekt, der in Gang gesetzt werden sollte. Das klappt offenbar. Entsetzt ist deshalb niemand in Berlin. Im Gegenteil. Der Plan geht auf. Allerdings gab es bisher nur einen Plan bis zu diesem Punkt. Vielleicht kommen tatsächlich weniger Migranten, aber was passiert mit jenen, die schon in Grenznähe sind? Die mal hierhin, mal dorthin zu schicken, wäre unmenschlich. Und ein Dauerzustand ist dieses neue begrenzte Europa auch nicht. Beim Außengrenzschutz und der Umsetzung des neuen europäischen Asylsystems ist nun wirklich Eile geboten", meinen die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU erinnert an Folgendes: "Zwar hat sich die Europäische Union auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem verständigt; es soll 2026 greifen. Doch unter dem Druck von CDU und CSU führte schon die Ampelkoalition Kontrollen an allen deutschen Außengrenzen ein. Und Bundesinnenminister Dobrindt, angetrieben durch die AfD, lässt dort nun auch Menschen abweisen, die ein Asylgesuch stellen wollen. Die Nachbarn müssen sehen, wie sie mit den Menschen klarkommen. Das ruft Polens Ministerpräsidenten Tusk auf den Plan, der seinerseits unter dem Druck von Nationalisten steht. Selbst pro-europäische Regierungen sehen sich durch die von Bundeskanzler Merz geführte Regierung zu nationalen Schritten gezwungen, obwohl Merz mehr Europa angekündigt hatte. Damit entsteht ein gefährlicher Mechanismus, der von der 'irregulären Migration' auf andere Politikbereiche übergreifen könnte. Der angebliche Nutzen, die Zahl der abgewiesenen Asylsuchenden, ist gering. Der Schaden jedoch ist immens. Die historische Klugheit gebietet es, aus diesem Mechanismus so rasch wie möglich auszusteigen", lautet die Empfehlung in der FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE verweist auf wirtschaftliche Auswirkungen. "Sollte beispielsweise Frankreich dem polnischen Beispiel folgen, dürften die politischen, aber auch die ökonomischen Schäden weiter wachsen. Dann wird sich die Frage, wie teuer Symbolpolitik am Ende sein darf, noch dringlicher stellen. Zumal vieles nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts dafür spricht, dass die deutsche Praxis bei Zurückweisungen gegen geltendes Recht verstößt. Als Solonummer kann und wird deutsche Migrationspolitik nicht zum Erfolg führen. Dobrindt sollte neu nachdenken", betont die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Nun zum heute stattfindenden Koalitionsausschuss. "Die Koalitionäre spüren den Druck, der auf ihnen lastet", mutmaßt die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen. "Sie wollen das Klima in der Regierung nicht in Rekordgeschwindigkeit auf 'Ampel-Niveau' sinken lassen. In den dreieinhalb Jahren von Rot-Grün-Gelb wurde durch Dauerstreit das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung erschüttert. Der Streit um Geld hat die Ampel zermürbt, so etwas soll nicht noch einmal geschehen. Wieder einmal gilt ein altbekannter Leitspruch: Auf den Kanzler kommt es an. Friedrich Merz muss – was Olaf Scholz nicht gelang – in den Niederungen der Innenpolitik Führung zeigen."
"Die Stimmung in der Koalition muss schnell wieder besser werden", mahnt die SAARBRÜCKER ZEITUNG. "Dazu braucht es Moderationskunst und Führung von CDU-Kanzler Merz und SPD-Vizekanzler Klingbeil. Sonst könnte der Eindruck einer zweiten Ampelregierung entstehen. An öffentlichem Streit haben die Wählerinnen und Wähler kein Interesse. Anders als die Ampelkoalition verfügt diese Regierung über ausreichende Finanzmittel. Es müsste ihr also leichter fallen, gemeinsame Lösungen zu finden."
"Der MÜNCHNER MERKUR mahnt eine Einigung von CDU, CSU und SPD bei der Stromsteuer an: "Das muss man erst mal schaffen: Nach nur acht Wochen im Amt steckt Schwarz-Rot schon mitten im ersten Koalitionskrach – wegen einer Senkung der Stromsteuer, die für Familien gerade mal 80 Euro (im Jahr!) ausmacht. Man darf hoffen, dass die Parteichefs Merz, Söder, Klingbeil und Bas im Koalitionsausschuss ihre erste Minikrise beilegen können und auch Handwerker, Dienstleister und Privatverbraucher in den Genuss der im Koalitionsvertrag versprochenen Entlastung kommen. Alles andere wäre besonders für CDU und CSU saublöd; an ihnen klebt wegen des Aussetzens der Schuldenbremse schon jetzt wie eine Klette der Vorwurf des Wortbruchs." So weit der Auszug aus dem MÜNCHNER MERKUR.
Und das HANDELSBLATT schreibt hinsichtlich möglicher Entlastungen: "Kanzler Merz und sein Vize Klingbeil haben erkannt: Die großen Versprechen vor der Wahl, auch die kleinen und mittleren Einkommensbezieher steuerlich zu entlasten, sind mit diesem Haushalt nicht zu finanzieren. Das alles erinnert schon ein wenig an die Zeit, als die Ampelkoalition wegen des fehlenden Geldes in der Sackgasse steckte."
Mehrere Sozialverbände haben massive Investitionen in den Hitzeschutz gefordert - besonders für Arme, Ältere und Kranke. Die FREIE PRESSE aus Chemnitz kommentiert: "Verbände weisen mit Recht darauf hin, dass es mehr klimatisierte Zimmer in Krankenhäusern und besseren Hitzeschutz in Pflegeeinrichtungen braucht. Hier sind dringend Investitionen notwendig. Jeder Einzelne kann aber auch etwas Gutes tun, indem er der Anregung der Diakonie folgt, einem Obdachlosen eine Flasche Wasser zu schenken. Einen besseren Weg, seine Nächstenliebe auszudrücken, gibt es in diesen Tagen nicht. Die politisch Verantwortlichen sind dreifach gefordert. Sie sollten – so wie möglichst jeder in seinem Bekanntenkreis – darauf hinweisen, dass es sinnlos ist, die Realität des Klimawandels zu ignorieren. Sie müssen das Land rasch für extreme Wetterlagen besser rüsten. Die neuen Gefahren werden künftig bei jedem Infrastrukturprojekt eine Rolle spielen. Und sie müssen, durch mutige, sozial abgefederte Schritte hin zur Klimaneutralität, dafür sorgen, dass es am Ende nicht ganz so schlimm kommt", verlangt die FREIE PRESSE.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG moniert: "Seit Tagen gibt es gefühlt kein anderes Thema mehr. Selbst die Krisenherde dieser Welt treten in den Schatten. In der Tagesschau war es am Montag die Top-Meldung. Ja, es ist aktuell sehr heiß. Noch viel heißer ist es aber vor allem im Süden Europas. Dort ächzen die Leute in Teilen Spaniens unter extremer Hitze. Temperaturen bis zu 45 Grad wurden in Andalusien gemessen. In Deutschland wird der Mittwoch der bisher heißeste Tag der Jahres. Doch ist das so dramatisch? Natürlich sind die Hitzetage nicht zu unterschätzen: Vor allem für ältere Menschen und Kinder können Sonne und Hitze gefährlich werden. Doch wegen dieses Sommerphänomens sollte niemand in blanke Panik verfallen." Das war die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG, und damit endet die Presseschau.