
"Der Kaltstart ist kein sanfter Beginn. Seit Montag ist klar: Verteidigungsminister Pistorius scheut einen Kaltstart – politisch wie gesellschaftlich. Und das nicht grundlos. Die Reaktivierung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht, so seine Argumentation, würde die Kapazitäten sprengen. Sein Gesetzentwurf für ein neues Wehrdienstmodell setzt deshalb weiter auf Freiwilligkeit, auf vorsichtiges Hochfahren statt entschlossener Zündung. Vielleicht liegt genau darin der Denkfehler: zu glauben, Wehrbereitschaft lasse sich mit Prämien erkaufen. In Wahrheit braucht es einen schnellen, entschlossenen Start: unbequem, aber überfällig", fordert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Ähnlich sieht es die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Die schwarz-rote Koalition will einen 'neuen attraktiven Wehrdienst' schaffen. Vom linken Flügel in der SPD sollten sich Pistorius, Klingbeil und der Bundeskanzler nicht davon abhalten lassen, im Gesetz einen straffen Zeitplan mit festen Etappenzielen für den Aufwuchs der Truppe festzulegen. Werden sie verfehlt, muss alles bereit sein, was bei der Wiedereinsetzung der Wehrpflicht gebraucht wird. Das klarste Signal an den Kreml wäre jedoch ein anderer Beschluss: die Wehrpflicht so schnell wie möglich zu reaktivieren, ohne weiteres Abwarten", fordert die F.A.Z.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG sieht es anders: "2.000 Euro netto für einen ungelernten Schulabgänger! Kein schlechtes Angebot. Das Signal in Richtung Nachwuchs ist: Nimm das Zuckerbrot der Freiwilligkeit, sonst kommt die Peitsche der Pflicht. Nur so kann es gehen. Eine direkte Pflicht wäre wegen fehlender Ausbilder und Unterkünfte nicht nur sinnlos, sondern auch nervenaufreibend. Es drohen weitere innerparteiliche Konflikte der SPD und Klagen vonseiten unfreiwillig Eingezogener. Ein rein freiwilliger Wehrdienst ohne Plan B wäre ob der Personalnot jedoch verantwortungslos", betont die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Zu der Debatte um neue Richter am Bundesverfassungsgericht bemerkt die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf: "Es ist fahrlässig, dass das politische Berlin gerade öffentlichkeitswirksam über Nachbesetzungen am Verfassungsgericht streitet. Da ist zum einen der Streit um die Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf, vorgeschlagen von der SPD. Unionsabgeordnete kritisierten sie als ultralinks und unwählbar. Damit haben sie die Nominierte, die trotz umstrittener Positionen eine anerkannte Juristin ist, schon vorab beschädigt. Noch gefährlicher ist das Spiel, das CDU und CSU mit ihrem eigenen Kandidaten, Günter Spinner, treiben. Um eine demokratische Zweidrittelmehrheit für ihn zu organisieren, müssten sie auf die Linke zugehen. Die Union ist dazu nicht bereit – und riskiert fatale Konsequenzen. Denn die AfD will Günter Spinner unterstützen. Dieses Geschacher ist dem Verfassungsgericht nicht würdig", gibt die RHEINISCHE POST zu bedenken.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder kritisiert: "Die Nominierung von Brosius-Gersdorf durch die SPD für das Bundesverfassungsgericht war ein Fehler. Nicht wegen mangelnder Qualifikation, sondern wegen politischer Positionierungen, die das Vertrauen in das Gericht als neutrale Instanz beschädigen können. Will die Union sich nicht vorführen lassen, sollte sie das nächste Mal früher genauer hinschauen", empfiehlt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Ähnlich sehen es die NÜRNBERGER NACHRICHTEN: "Es hätte sich mit Sicherheit eine weniger umstrittene Persönlichkeit finden lassen, wie die beiden anderen Vorschläge von Union und SPD zur Besetzung gleichzeitig frei gewordener Richterstellen beweisen. Das wäre angesichts der ohnehin sehr aufgeladenen Debatte der bessere Weg gewesen", beobachten die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
Und die AUGSBURGER ALLGEMEINE moniert: "Die Potsdamer Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf mag eine angesehene Wissenschaftlerin sein - als Richterin am Verfassungsgericht ist sie fehl am Platz. Mit ihren aktivistischen Positionen zum Schwangerschaftsabbruch, dem Kopftuch im Staatsdienst oder dem Umgang mit der AfD ist die 54-Jährige politisch so klar positioniert, dass sie dafür auf jedem Parteitag der SPD oder der Grünen gefeiert würde. Das Verfassungsgericht aber soll die Verfassung schützen und nicht selbst Politik machen - entsprechend unabhängig und über jeden parteiischen Zweifel erhaben müssen seine 16 Richter sein", verlangt die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Der CICERO sieht es so: "CDU/CSU bleibt nach Lage der Dinge überhaupt nichts anderes übrig, als Verfassungsgerichtskandidatinnen wie Brosius-Gersdorf mit in der Tasche geballter Faust durchzuwinken und darauf zu hoffen, dass die Öffentlichkeit schon bald vergessen haben wird, worum es bei der jüngsten Nominierung überhaupt ging. Dabei ist die Besetzung von Richterposten in Karlsruhe natürlich die effizienteste und nachhaltigste Methode, um hinterher an den Parlamenten vorbei Politik zu machen und die Gesellschaft nach den eigenen, alles andere als mehrheitsfähigen Vorstellungen zu deformieren", kommentiert der CICERO.
Die TAZ blickt auf den Kandidaten der Union: "Günter Spinner wäre möglicherweise keine schlechte Wahl für das Bundesverfassungsgericht. Der derzeitige Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht gilt als fachlich versierter und umgänglicher Jurist. Nach aktuellem Stand sollte er sich aber gut überlegen, ob er sich in das höchste deutsche Richtergremium wählen lassen will. Denn seiner Reputation droht schwerer Schaden, könnte Spinner doch zum ersten Verfassungsrichter von AfDs Gnaden werden", so die Meinung der TAZ.
Nun noch Stimmen zum Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, nach dem eine afghanische Familie aus Pakistan nach Deutschland einreisen darf. Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER führt aus: "Afghanistan war, mit gleichzeitig bis zu 5.350 Soldaten vor Ort, der bisher größte Einsatz der Bundeswehr. 60 von insgesamt 93.000 deutschen Soldaten sind dort im Dienst für Freiheit und Demokratie gestorben. Die 2.400 Schutzsuchenden, die aktuell in Pakistan festsitzen, sind ehemalige Ortskräfte, Menschen, die unsere Soldaten unterstützten, sich für Gleichberechtigung und Demokratie eingesetzt haben: Richter, Journalisten, Künstler und deren Familien. Sie jetzt im Stich zu lassen, würde das Andenken an jeden einzelnen Gefallenen und sämtliche Bemühungen des zwanzigjährigen Kampfes gegen Unterdrückung beschmutzen", ist der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER überzeugt.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Karlsruhe unterstreicht: "Um wenige Hundert Menschen geht es, aber für Schwarz-Rot sind das zu viele in ihrem Bestreben, aller Welt das Signal zu senden: Kommt bloß nicht her! Klar: Die Migration insgesamt besser zu steuern, ist richtig. Aber doch nicht so! Dabei jedes Maß zu verlieren, auf Recht und Anstand zu pfeifen, ist falsch – zumal die Folgen einer Regierungsarbeit verheerend sind, die verspricht, was sie nicht halten kann", ist die BADISCHE ZEITUNG überzeugt.
Die Zeitung ND.DER TAG moniert: "Die Berliner Kammer sagte zwar, die Klagenden hätten ein Recht auf Einreise. DerPferdefuß: Sie sagt nicht, dass die Bundesregierung die auch organisieren und finanzieren muss. Im Zweifelsfall bekommen die Betroffenen also zwar Visa, können aber trotzdem nicht einreisen. Denn sie und Tausende andere Menschen sitzen seit Jahren in Pakistan fest, haben ihre finanziellen Ressourcen verbraucht. Auch da könnte also die perfide Strategie des Rechtsbruchs aufgehen", vermutet die Zeitung ND.DER TAG, mit der diese Presseschau endet.