11. Juli 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

AfD-Mitgliedern soll in Rheinland-Pfalz künftig der Eintritt in den öffentlichen Dienst verwehrt werden: Das ist eines der Themen, ebenso wie die internationale Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine. Doch zunächst Stimmen zum gescheiterten Misstrauensantrag im Europäischen Parlament gegen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht während einer Konferenz des Europarats
Ein Thema in den Kommentaren: Das gescheiterte Misstrauensvotum gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Archivbild). (picture alliance / NurPhoto / Nicolas Economou)
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin bemerkt: "Es wäre zu kurz gegriffen, den Vorgang als politisches Sommertheater abzutun. Der Europaabgeordnete Gheorghe Piperea einer rechtsextrem-nationalistischen Partei aus Rumänien, der den Antrag initiierte, hatte zunächst vor allem die Chance für einen großen Auftritt gesehen. Der Hinterbänkler erntete mit seiner Kritik daran, dass von der Leyen während der Corona-Pandemie im Alleingang für viele Milliarden Euro Impfstoff bestellt hat, dann nicht nur den Applaus bei den Wählerinnen und Wählern in seiner Heimat, sondern schaffte es tatsächlich in die internationalen Schlagzeilen. Bei dem Streit zwischen den Abgeordneten ging es zwar vordergründig um das eigenmächtige und intransparente Handeln der EU-Kommissionschefin nicht nur in der Corona-Krise. Aber das war am Ende fast zur Nebensache geworden. Vielmehr war die Krise Ausdruck grundlegender Verschiebungen im politischen Betrieb in Brüssel", glaubt der TAGESSPIEGEL.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg beobachtet: "Immerhin sammelte der rumänische Rechtsaußen-Mann Gheroghe Piperea 175 Stimmen gegen von der Leyen ein, rund 24 Prozent aller Abgeordneten votierten damit gegen sie. Die Gründe mögen unterschiedlich gewesen sein – das Ziel war klar: Die Deutsche und ihre Regentschaft zu beschädigen. Das ist gelungen."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG überrascht das Abstimmungsergebnis nicht: "Es war absehbar, dass sich unter den demokratischen Parteien die für eine Abwahl von der Leyens nötige Zweidrittelmehrheit nicht finden würde. Zurücklehnen sollte sich die Kommissionspräsidentin aber trotzdem nicht, denn der Weg hin zu dem Votum hat gezeigt, dass der Unmut über ihre Politik nicht nur von rechts außen kommt. Die Sozialdemokraten drohten bis kurz vor der Abstimmung damit, sich der Stimme zu enthalten, um von der Leyen einen heftigen Denkzettel zu verpassen. Am Ende half offenbar ein Haushaltsgeschenk dabei, ihre Stimmen zu sichern – obwohl der Misstrauensantrag mit dem Haushalt nichts zu tun hatte", vermutet die SZ.
Die WIRTSCHAFTSWOCHE hebt hervor, von der Leyen habe in Brüssel den Spitznamen "Queen of Europe" und das sei nicht... "...positiv oder gar bewundernd gemeint. Vielmehr bringt diese Bezeichnung zum Ausdruck, dass von der Leyens Auftreten und Kommunikationsstil eher monarchistische denn demokratische Züge tragen. Sie lässt in ihren gestelzten und oft bombastisch formulierten Mitteilungen nur das an die Öffentlichkeit, was sie als unbedingt notwendig erachtet. Kritischen Nachfragen stellt sie sich äußerst selten und antwortet, wenn überhaupt, dann meist nur ausweichend oder gar nichtssagend. Auf von der Leyen wartet eine von schweren Entscheidungen geprägte zweite Amtszeit. Sie sollte als erfahrene Politikerin wissen, dass sie dieser Aufgabe nur gerecht werden kann, wenn sie die wachsende Kritik an ihrer Amtsführung nicht einfach mit einem Schulterzucken abtut." Das war die WIRTSCHAFTSWOCHE.
Themenwechsel. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU äußert sich zur internationalen Ukraine-Konferenz in Rom: "Es ist nicht falsch, wenn europäische Staaten über den Wiederaufbau der Ukraine sprechen und damit dem überfallenen Land eine Perspektive geben wollen. Doch es wirkt in Zeiten der verstärkten russischen Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung, als ob der zweite Schritt vor dem ersten gemacht werden soll. Daran ändert auch wenig, wenn Kanzler Friedrich Merz verspricht, Deutschland wolle in den USA Luftverteidigungssysteme vom Typ 'Patriot' für die Ukraine kaufen. Denn für Kiew sind Waffen von den westlichen Verbündeten wichtiger als Versprechen für die Zukunft", unterstreicht die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg ist sich sicher: "In den Tagen vor der Wiederaufbaukonferenz in Rom hat Russlands Machthaber Wladimir Putin die Ukraine erneut mit massiven Angriffen aus der Luft überzogen. Dies ist ein deutliches Signal an den Westen, wie es um die Verhandlungsbereitschaft im Kreml steht. Insofern mag die Ankündigung der EU, ein weiteres Milliardenpaket für die Ukraine zu schnüren, ein gut gemeintes Signal an Kiew sein. An der sicherheitspolitischen Lage aber ändert es nichts", folgert die BADISCHE ZEITUNG.
Die SÄCHSISCHE ZEITUNG aus Dresden verweist auf die Gastgeberin: "Es klingt unspektakulär, wenn Italiens Regierungschefin Meloni zu einer Konferenz lädt, um Unternehmen für Investitionen in den Wiederaufbau der Ukraine zu gewinnen – zumal die russische Zerstörung ungebremst weitergeht. Kritiker brandmarken das Treffen als substanzlos, als Geldverschwendung oder beides, weil in Rom keine Schritte zu einer Friedenslösung beschlossen wurden, sondern Teilnehmer wie Bundeskanzler Merz oder der US-Sondergesandte Kellogg lediglich weitere Solidarität mit Kiew sowie neue Hilfen zusagten. Und ganz sicher jammert wieder irgendjemand, dass Moskau nicht eingebunden war. Dagegen hilft ein Realitätscheck: Dass Meloni die EU in der Ukraine-Frage nicht spaltet, sondern sogar Eigeninitiative zeigt, war angesichts ihrer neofaschistischen Wurzeln nicht zu erwarten", hält die SÄCHSISCHE ZEITUNG fest.
Nun blicken wir nach Rheinland-Pfalz. Dort hat die Landesregierung entschieden, keine AfD-Mitglieder mehr im öffentlichen Dienst zuzulassen. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG findet, dieser Schritt sei... "...besser als ein Parteiverbot. Eine Partei als extremistisch einzustufen, aber so zu tun, als habe die Agitation gegen die Verfassung keine Konsequenzen für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, die einer solchen Kampfansage huldigen, mag als besonders liberal durchgehen. Aber der Staat sollte sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen. AfD-Mitglieder mögen sich als 'ganz normale Menschen' bezeichnen. Ganz normale Bürger sind sie deshalb noch lange nicht. Die Norm ist die Verfassung, nicht das gesunde Volksempfinden, ganz besonders im öffentlichen Dienst. AfD-Mitglieder wenden sich gegen diese Verfassung, frönen zumindest einer eigenartigen Auslegung", argumentiert die F.A.Z.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide hat Zweifel an der Begründung des rheinland-pfälzischen Innenministers: "Eblings ganze Argumentation beruht neben staatstragenden Floskeln zur unbedingten Verfassungstreue des öffentlichen Dienstes auf seiner Einschätzung, dass sich der AfD-Landesverband radikalisiere. Mit der Aussage der Pflicht zur Verfassungstreue liegt der Minister natürlich richtig. Aber Konsequenzen sind dann gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitnehmer, Beamte oder Richter persönlichen Fehlverhaltens schuldig macht. Eine ganze Partei und ihre Mitglieder unter Generalverdacht zu stellen, mag politisch en vogue sein. Solange diese Partei aber nicht verboten ist oder wenigstens gerichtsfest als extremistisch eingestuft werden kann – und so weit ist es noch lange nicht –, liefert ein Vorstoß wie nun von Ebling der Gegenseite beste Munition", befürchtet die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN fragen: "Reicht die Tatsache, dass eine Partei vom Verfassungsschutz beobachtet wird, aus, um alle Mitglieder über einen Kamm zu scheren und sie pauschal vom gesamten öffentlichen Dienst fernzuhalten? Und wäre es außerdem nicht sinnvoll, zwischen den Beamtentätigkeiten zu differenzieren? Wer ‚Remigration‘ befürwortet, sollte dies nicht als Sozialkundelehrer verbreiten dürfen, keine Frage. Als Sachbearbeiter im Finanzamt würde er wohl weniger Schaden anrichten, doch auch dieser Beruf wäre ihm in Rheinland-Pfalz verwehrt. Die Mainzer Regierung begibt sich auf dünnes Eis", urteilt die MEDIENGRUPPE BAYERN zum Ende dieser Presseschau.