
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf betont, der SPD-Ko-Vorsitzende Klingbeil wolle die Richterwahl mit Brosius-Gersdorf wieder neu ansetzen: "Die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommen wird, ist freilich gering – die Widerstände in der Union sind in den letzten Tagen eher größer als kleiner geworden. Man sucht zwar nach einem Ausweg aus der Krise, der jedoch umso schwieriger zu finden sein wird, je länger die Koalitionäre das Thema weiter und weiter köcheln. Das gilt vor allem für die Genossen, die sich einen wie auch immer aussehenden Rückzug der Kandidatin teuer bezahlen lassen dürften, wenn es dazu kommen sollte. Wenn nicht, hat die Krise tatsächlich das Zeug dazu, die Koalition implodieren zu lassen. Die Zeichen in der Union stehen jedenfalls nicht auf Einknicken. Die Sozialdemokraten wären also gut beraten, die Angelegenheit jetzt hinter den Kulissen weiter zu bereden anstatt von Tag zu Tag öffentlichen Druck auf die Union auszuüben", empfiehlt die RHEINISCHE POST.
"Bisher sind keinerlei Bedenken zur Richterwahl in der Sache ausgeräumt", hebt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hervor: "Es ist vielmehr auch an Klingbeil selbst, auf- und auszuräumen und mit der Union eine Lösung zu finden: Alltagsgeschäft in der Politik. Gejammer über eine Kampagne - gibt es nur eine? – ist eine billige Ablenkung von eigener Verantwortung. Während die SPD der Union vorwirft, sie lasse sich von Trollen jagen, hat sich Klingbeils Truppe bisher getrollt und verschanzt, ohne Einsatz in der Sache gezeigt zu haben. Nun zeigt jede Seite nach außen in der Regel ein anderes, vermeintlich wahrendes Gesicht, während im Hintergrund schon andere Gespräche laufen. Denn es ist ja bisher nicht so gewesen, dass die Koalition in ihrem kurzen Leben nur heillos zerstritten gewesen wäre", notiert die F.A.Z.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz findet: "Das Problem dieser Koalition sind bislang nicht die Minister. Die harmonieren gut, wie zu hören ist, die Abstimmungen funktionieren im Großen und Ganzen. Das Problem, das das Tandem Merz/Klingbeil nun hat, sind die eigenen Abgeordneten in zwei Fraktionen, die sich in großer Abneigung gegenüberstehen. Und es dürfte sich weiter auswachsen, wenn es auch Merz und Klingbeil nicht gelingen sollte, die Parlamentarier künftig stärker zu bändigen", vermutet die RHEIN-ZEITUNG.
Themenwechsel. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG beschäftigt sich mit der Situation in Syrien: "Die Diktatur ist gegangen, die Angst ist geblieben. Das ist es, was Syrien in den vergangenen Tagen erleben musste. Die Gewalt in der Stadt Suweida zeigt, wie fragil der Frieden ist. Weil sich die Machtlinien verschoben haben, weil sich nun andere vor der Macht aus Damaskus fürchten. Es hat das Potenzial, den Neuanfang in Syrien zu gefährden. Einen Neuanfang, der viel besser und friedlicher verlief, als die meisten es im Dezember erwartet hatten. Und der trotzdem noch scheitern kann. Da sind die Alawiten, jene Minderheit, zu denen die Assads gehören, sie ängstigt die neue Dominanz der Sunniten. Die Kurden haben sich im Krieg eine Autonomie erkämpft und suchen jetzt eine Einigung mit der neuen Regierung. Da sind die Christen. Und eben die Drusen, eine Minderheit im Süden des Landes. Unter dem Assad-Regime regierten sie sich weitgehend selbst. In der drusischen Stadt Suweida reichte ein Überfall als Auslöser. Die Räuber waren Beduinen, das Opfer Druse, daraus entstand dieser Konflikt. Die Übergangsregierung in Damaskus hat kein Gewaltmonopol, bewaffnet sind noch immer zu viele Milizen", unterstreicht die SZ.
DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen mahnt, für die Führung in Damaskus sollten die gewaltsamen Auseinandersetzungen im Süden des Landes ein Weckruf sein. Die Zeitung verlangt: "Die Minderheiten im Land gegen Übergriffe – auch durch die eigenen Regierungskämpfer – zu schützen, muss jetzt absolute Priorität haben. Im Gegensatz zu den Alawiten, die im März überfallen wurden, hatten die Drusen Waffen und haben sich gewehrt. Der Konflikt kann immer noch eskalieren. Ein Zündfunke genügt, und Syrien versinkt wieder im Bürgerkrieg."
Die TAGESZEITUNG - TAZ - beleuchtet die Rolle Israels: "Regierungschef Benjamin Netanjahu hat Syrien bombardieren lassen und vermarktet Israel als Schutzmacht der dort lebenden Drusen. Das ist unehrlich. Eigentlich geht es Netanjahu darum, den israelischen Einfluss auf syrisches Gebiet auszuweiten. Er versucht, an der Grenze tief in syrisches Gebiet hinein eine entmilitarisierte Zone zu schaffen, in der die syrische Armee nicht operieren kann. Und er versucht, sich mit den Drusen einen proisraelischen Player innerhalb Syriens aufzubauen. Doch diese Strategie hat viele Unbekannte: etwa, ob die Drusen überhaupt mitspielen. Denn die sind in Sachen Israel gespalten. Viele syrische Drusen sind einerseits ausgesprochene Nationalisten. Doch gleichzeitig betrachten sie als religiöse Minderheit den derzeitigen syrischen Präsidenten Ahmed al-Scharaa und seine dschihadistischen Gefolgsleute mit großem Misstrauen. Das macht sie wiederum nicht automatisch zu einem israelischen Bündnispartner. Es ist eine Illusion Netanjahus, zu glauben, dass Israel den bunten arabischen religiösen und ethnischen Teppich in seiner Nachbarschaft militärisch und mit einer Teile-und-herrsche-Politik dominieren kann", meint die TAZ.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN spekulieren: "Offensichtlich geht es Israel auch darum, eine Stabilisierung des Regimes in Syrien zu verhindern. Auch das ist verständlich - verfestigt sich eine islamistische Autokratie als Nachbar Israels, dürfte das die Brandgefahr in der Region eher erhöhen. Doch die Art und Weise, wie die Regierung Netanjahu da ohne Rücksicht auf Regeln und Völkerrecht erneut einen anderen Staat angreift, macht wiederum Israel angreifbar", schreiben die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
Abschließend geht es in die USA. Dort verliert der bekannte Satiriker Stephen Colbert seine Late-Night-Show. Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG stellt fest: "Aus finanziellen Gründen soll Colberts Sendung im kommenden Jahr aus dem Programm genommen werden. Das jedenfalls ließ sein Sender CBS offiziell mitteilen. Die Ereignisse der vergangenen Tage lassen jedoch anderes vermuten. Der Mutterkonzern Paramount hatte kürzlich einem 16-Millionen-Dollar-Vergleich zugestimmt, um einen Gerichtsstreit mit Präsident Trump beizulegen, obwohl seitens des Senders kein Fehlverhalten vorlag. Colbert kritisierte das in seiner Show als 'eine große, fette Schmiergeldzahlung'. Nur zwei Tage später folgte die Ankündigung, das Format werde abgesetzt. Dass kritische Medien, Journalisten und Satiriker beim autoritären Umbau eines Staates besonders unter Druck geraten, ist nichts Neues. In den USA ist längst genau das zu beobachten. Kostspielige Einschüchterungsklagen sind eine von mehreren Taktiken Donald Trumps, gegen unliebsame Medien vorzugehen. Diese trafen schon den Sender ABC, aktuell aber auch das 'Wall Street Journal'. Trump fordert astronomische zehn Milliarden Euro Schadenersatz wegen der Berichterstattung der Zeitung über seine Rolle im Epstein-Fall", analysiert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG wirft ein: "Es stimmt, dass Stephen Colberts Show defizitär war. Was der wahre Grund für das Aus war, lässt sich nicht beweisen. Klar ist aber, was Trump damit macht: In triumphalen Posts bedroht er seine Kritiker. Der Late-Talker Jimmy Kimmel, schreibt er, sei als Nächstes dran. Das Colbert-Aus sendet ein brutales Signal der Angst. Welcher Bürger soll sich noch gegen Trump auf die Straße trauen, wenn selbst übergroße Stars angreifbar sind? CBS hat das zugelassen. Amerikas meistgesehener Sender hat damit seine publizistische Verantwortung aufgegeben", urteilt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG zum Ende der Presseschau.