28. Juli 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden die Aussagen von Wirtschaftsministerin Reiche zu einem späteren Renteneintritt und die Kämpfe zwischen Thailand und Kambodscha. Zunächst aber geht es um die Lage im Gazastreifen.

Menschen im Gazastreifen tragen weiße Säcke.
Israel lässt wieder mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu. (picture alliance / Anadolu / Khames Alrefi)
"Endlich gelangen wieder Hilfslieferungen nach Gaza", schreibt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder): "Der internationale Druck hat Wirkung gezeigt. Auch wenn Zahlen und Bilder aus Gaza oft intransparent sind, ist die humanitäre Lage zweifellos katastrophal. Israel muss sich hierfür Kritik gefallen lassen, ebenso für eine Kriegsführung, die zivile Opfer zu leichtfertig in Kauf nimmt. Die Entwicklungen zeigen aber auch, dass der Vorwurf des Völkermords der Grundlage entbehrt. Humanitäre Appelle verhallen in Israel nicht – anders als bei der Hamas. Es wäre an der Zeit, dass vor allem die arabische Welt den Druck auf die Mörderbande erhöht. Mit ihrer Weigerung, die israelischen Geiseln freizulassen, zeigt die Hamas keine Bereitschaft, den Krieg zu beenden, den sie selbst mit dem barbarischsten Massaker an Juden seit der Shoah begonnen hat", hält die MÄRKISCHE ODERZEITUNG fest.
"Es ist gut, dass endlich wieder humanitäre Unterstützung in den Gazastreifen gelangt", unterstreicht auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Aber dass diese Tropfen die menschliche Katastrophe nicht beenden können, ist klar. Das Dilemma, in dem Israel steckt, ist damit nicht zu durchbrechen. Es ist eines im eigentlichen Sinn: eine tragische Situation, aus der es keinen glücklichen Ausweg zu geben scheint. Die Völkerrechtsverletzungen durch Israel im Gazastreifen sind unerträglich. Aber die Hamas handlungsfähig zu lassen, kann für Israel keine Option sein. Die Terrororganisation hat mit dem Überfall vom 7. Oktober und dem Festhalten der Geiseln an ihrem andauernden Vernichtungswillen gegen den jüdischen Staat keinen Zweifel gelassen", soweit die F.A.Z.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG meint: "Israel hat nicht erst seit dem Überfall am 7. Oktober 2024 das Recht, sich gegen die Hamas zu wehren. Doch was niemand versteht: Warum wird überhaupt noch geschossen? Nach Angaben des israelischen Militärs sind mehr als die Hälfte der Hamas-Kämpfer bereits getötet worden, auch das Raketenarsenal der Terroristen gilt als zerstört. Die Führung der Hamas ist tot und vom Gazastreifen selbst sind nur noch Trümmer übrig. Was also wollen die Israelis noch erreichen? Ja, es sind noch rund 50 israelische Geiseln in der Gefangenschaft der Barbaren. Ja, Israel muss alles tun, um die Geiseln nach Hause zu holen. Aber: Die gesamte palästinensische Bevölkerung in Gaza als Druckmittel in Geiselhaft zu nehmen, ist eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig", kritisiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE führt an: "Es ist ohne jeden Zweifel richtig, dass es in erster Linie die Terroristen der Hamas waren, die das unsagbare Elend über Gaza gebracht haben. Aber es darf in diesen Tagen nicht allein um die Schuld gehen, sondern es muss nun darum gehen, Zeichen der Menschlichkeit zu setzen. Zu zeigen, wo der Unterschied zwischen Terror und Demokratie liegt. Und dazu gehört der Umgang mit der Zivilbevölkerung. Mit all jenen, die im wahrsten Sinne in die Schusslinie geraten sind", appelliert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Nun zum Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha. Den Regierungen beider Länder gehe es um ihr Image, kommentiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "Kambodscha ist ein autokratischer Operettenstaat, in dem es ohnehin keine echte Opposition mehr gibt. Da hilft ein bisschen Angst vor einem übermächtigen Gegner, um die Bevölkerung auf Linie zu halten. In Thailand darf das Militär zwar kritisiert werden, weil es im Verbund mit den erzkonservativen Kräften jegliche Reformen ablehnt und das Land auf diese Weise erstickt. Aber auch hier kann es nicht schaden, das Image aufzubessern, indem man die Menschen daran erinnert, dass sie auf Schutz angewiesen sind. Die Macht wird also gestärkt, indem man Angst schürt, und die führt zu Zorn und Gewalt. Man kann auf diese Weise auch einen echten Krieg herbeizitieren. Mit sehr viel mehr Toten und Vertriebenen", warnt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
"Der militärisch eskalierte Konflikt über den Grenzverlauf zwischen den beiden südostasiatischen Königreichen hat etwas Kindisches", findet die TAGESZEITUNG - TAZ: "Denn der seit Jahrzehnten schwelende Streit ist Thema geduldiger Diplomatie und von Urteilen des Internationalen Gerichtshofs. Die Einsicht ist verbreitet, dass beide Länder von guter Nachbarschaft viel mehr als haben als von militärischen Scharmützeln – oder gar Krieg. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum der Konflikt immer wieder eskaliert, außer bestimmte Kräfte versprechen sich davon Vorteile. Thailand ist militärisch wie wirtschaftlich Kambodscha überlegen, aber anders als das diktatorisch geführte Nachbarland politisch tief gespalten. In Thailand glaubt kein politisches Lager, sich Nachgiebigkeit leisten zu können – was auch für Kambodschas Diktatur gilt. Solange die Hoffnung überwiegt, militärisch die Grenze zum eigenen Vorteil ändern zu können, dürften die Scharmützel weitergehen. Ein gesichtswahrender Ausweg ist nicht in Sicht, aber das Risiko weiterer Eskalation", glaubt die TAZ.
In dem Konflikt gehe es um Stolz, Ehre und Patriotismus, argumentiert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: "Doch im Hintergrund geht es bei dem Kräftemessen auch um Öl- und Gasfelder im Golf von Thailand. Tatsächlich müssten sich die Kontrahenten – vielleicht im Rahmen der ASEAN-Organisation – endlich zusammensetzen und eine Lösung ausloten, mit der beide Seiten leben können. Dazu muss sich allerdings erst einmal die innenpolitische Lage in Thailand wieder beruhigen. Der Ball zu Deeskalation liegt ganz eindeutig in Bangkok", vermerkt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Zum Schluss noch einige Stimmen zur Forderung von Bundeswirtschaftsministerin Reiche, das Rentenalter zu erhöhen. Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG schreibt dazu: "Richtig ist, dass bislang alle Bundesregierungen die Augen vor der demografischen Wirklichkeit verschlossen und sogar falsche Anreize gesetzt haben, frühzeitig in Rente zu gehen. Das gilt auch für Schwarz-Rot unter Friedrich Merz. Und richtig ist auch, dass das Rentensystem dringend eine Großreform braucht, die einige Schmerzen auslösen muss. Was bei Reiche aber nicht vorkommt: Die Schmerzen sollten fair verteilt werden - etwa durch eine Rentenkasse, in die jede und jeder einzahlt. Außerdem geht es den aktuellen Rentnern im Schnitt besser als allen Generationen davor und danach - sie dürften also durchaus zur Solidarität mit Jüngeren und mit Bedürftigen der eigenen Altersgruppe gebeten werden", betont die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
"Die Demokraten müssen dafür sorgen, dass der Sozialstaat bezahlbar bleibt", verlangen die NÜRNBERGER NACHRICHTEN: "Andere Länder zeigen, wie das geht. Dänemark erhöhte das Renteneintrittsalter auf 70. Eine Koppelung an die steigende Lebenserwartung wäre auch ein Modell. Unbequem für manche Bald-Rentner. Ein 'Weiter so' aber ist für alle Jüngeren eine Kampfansage."
Reiche habe mit ihrer Forderung mitten ins Hornissennest gestochen, heißt es im MÜNCHNER MERKUR: "'Fehlbesetzung' schallt es ihr sogar aus dem Arbeitnehmerflügel der eigenen CDU entgegen. Dabei hat Reiche nur gesagt, was sie ihrem vom Wirtschaftswunderminister Ludwig Erhard geprägten Amt schuldet: dass Wohlstand Anstrengung erfordert. Schon die gespenstische Debatte darüber, ob es erlaubt werden soll, dass Arbeitnehmer wieder mehr als acht Stunden an einem Tag arbeiten dürfen, offenbart die Wohlstandsillusion, in der das Land gefangen ist. Dass dies nicht mal in allen Teilen der Union erkannt wird, muss den Kanzler bestürzen. Wie Merz es da schaffen soll, die Sozialsysteme zu stabilisieren und Deutschland fit für die Zukunft zu machen, bleibt ein Geheimnis", moniert der MÜNCHNER MERKUR.