
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt: "Sichere Herkunftsländer aufzulisten, folgt einem einfachen Gedanken: Wenn die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus einem bestimmten Land äußerst niedrig ist, spricht viel dafür, das Verfahren zu vereinfachen. Es wäre absurd, wenn als sicher nur noch Staaten gelten könnten, die EU-Maßstäben gehorchen. Stellt der Gerichtshof die Politik also wieder einmal vor eine unlösbare Aufgabe? Das Urteil ist mithin nicht das erste aus Luxemburg, das dafür spricht, auf europäischer Bühne endlich einer politischen Regelung näher zu kommen, die Grenzen des Flüchtlingsrechts klarer zieht", bemerkt die F.A.Z.
Ganz anders sieht es die Zeitung ND DER TAG: "Somit steht das gesamte menschenrechtswidrige Konstrukt einer Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten, wie es Italien mit Albanien versucht und andere EU-Staaten gern kopieren wollen, vor dem Scheitern. Gerechterweise, denn ein rechtsstaatliches Verfahren zur Festlegung des Schutzstatus von Geflüchteten kann nur innerhalb der europäischen Rechtsordnung erfolgen und nicht durch Auslagerung in Drittstaaten, die der Kontrolle durch den EuGH nicht unterworfen sind", findet die Zeitung ND DER TAG.
Nun zur FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Auch die deutsche Liste angeblich 'sicherer' Staaten enthält zweifelhafte Kandidaten, etwa Georgien und die Republik Moldau. Sie zu streichen, ist überfällig, neben Menschenrechtsorganisationen haben das auch deutsche Gerichte nahegelegt. Staaten, in denen bestimmte Gruppen nicht sicher sind, dürfen nicht als 'sicher' eingestuft werden. Daraus darf man zugleich auch eine Absage an die schwarz-roten Pläne lesen, auch noch Marokko, Algerien, Tunesien und Indien auf die Liste zu nehmen", erwartet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg analysiert: "Bequemlichkeit, schnelles Handeln, radikale Veränderungen – das sind durchaus auch politische Kategorien. Im Recht haben sie jedoch nichts zu suchen. Das Recht schützt den Bürger – gerade vor Auswüchsen der Politik. Das Recht ist für die Schwachen da und nicht für die Mächtigen. Es stellt – unter strengen Kriterien – einen Ausgleichsmechanismus dar, damit die unterschiedlichen Interessen ausgewogen berücksichtigt werden können. Ja, und auch Asylbewerber haben Rechte. Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union macht Abschiebungen und Zurückweisungen nicht unmöglich. Es zwingt die Staaten jedoch dazu, Rechtsgrundsätze zu beachten. Es ist ein gutes Urteil", meint die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
Die Zeitung DIE GLOCKE aus Oelde gibt dagegen zu bedenken: "Das Urteil des EuGH ist insofern heikel, weil es den politischen Gestaltungsspielraum bei dem so wichtigen Thema Migration einschränkt. Können vom Volk gewählte Regierungen keine schärferen Maßnahmen zur Begrenzung der Einwanderung umsetzen, weil Gerichte dem einen Riegel vorschieben, wird das zu Frust bei den Bürgern führen. Sie werden dann möglicherweise radikalere Kräfte wählen", erwartet DIE GLOCKE aus Oelde.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus sieht es so: "Obwohl inzwischen deutlich höhere Maßstäbe gelten, wie zum Beispiel eine rechtsstaatliche Überprüfung des Anspruchs auf Asyl, gelten Drittstaaten-Abkommen als unmenschlich und zynisch. Doch sind sie wirklich zynischer als die aktuelle Regelung? Nein, das sind sie nicht. Solche Abkommen würden den Weg für eine bessere und menschlichere Flüchtlingspolitik ebnen. Denn erst, wenn die europäischen Staaten tatsächlich entscheiden können, wer wirklich Asyl benötigt, wird die Angelegenheit auch ihrem humanitären Kern gerecht", hebt die LAUSITZER RUNDSCHAU hervor. Und damit soviel zu diesem Thema.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER blickt auf die Haltung der Bundesregierung zu Israel: "Unbestimmt hat Bundeskanzler Merz weitere Schritte angekündigt, falls sich die Versorgungslage in Gaza nicht bessern sollte. Wadephul plädierte für mehr Sanktionen gegen gewalttätige Siedler. Wenn deren Aktionen aber Terror sind, sind die Vertreter der Regierung Netanjahu, die sie billigen, befeuern oder nicht aufhalten, Terrorunterstützer. Die Bundesregierung darf hier nicht stehenbleiben – aus dem richtigen Impuls, aber einem falschen Verständnis von Freundschaft", meint der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf analysiert: "Während Länder wie Frankreich und Großbritannien wegen der humanitären Katastrophe in Gaza auf Konfrontation zu Israel gehen, geht Deutschland einen Mittelweg. Außenminister Wadephul will auf der einen Seite die Gesprächskanäle zur israelischen Regierung offenhalten, was aus der deutschen historischen Verantwortung heraus verständlich ist. Auf der anderen Seite will Deutschland sich in der Nahostpolitik nicht zu weit von den engen europäischen Partnerländern Frankreich und Großbritannien entfernen. Doch je schlimmer die Lage in Gaza wird und je mehr Politiker auf israelischer Seite eine Annexion des Westjordanlands befürworten, umso schwieriger wird dieser deutsche Mittelweg werden. Auch innerhalb von Deutschland werden Forderungen immer lauter, mehr Druck auf Israel auszuüben", gibt die RHEINISCHE POST zu bedenken.
Ähnlich sieht es die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "Kanzler Merz stößt auf wachsendes Unverständnis bei den Bürgerinnen und Bürgern, bei Teilen seiner Regierung, bei den europäischen Nachbarn – er riskiert seine Glaubwürdigkeit. Denn Deutschland fühlt sich ja nicht nur Israel eng verbunden, sondern auch dem Völkerrecht. Merz muss also bekräftigen, dass Solidarität selbst unter besten Freunden nicht beinhaltet, eine menschenverachtende Form der Kriegsführung still zu dulden", findet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Nun noch Stimmen zur Rentendebatte in Deutschland. Die AUGSBURGER ALLGEMEINE hält fest: "Im europäischen Vergleich sind die deutschen Renten allenfalls Mittelmaß, daran ändert auch die geplante Aktivrente nichts, die ältere Beschäftigte mit Steuervorteilen zum Weiterarbeiten ermuntern soll. Um das System insgesamt auf ein breiteres Fundament zu stellen, wird der Rente mit 67 schon bald eine Rente mit 68 oder 69 folgen müssen. In Dänemark, einem Land mit einer höheren Geburtenrate als Deutschland, ist sogar schon die schrittweise Einführung der Rente mit 70 bis zum Jahr 2040 Gesetz – beschlossen von einer sozialdemokratisch geführten Koalition und unterstützt von weiten Teilen der Opposition. Undenkbar, leider, in Deutschland", bedauert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
In den Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN heißt es dazu: "Dass man nicht immer anerkennendes Schulterklopfen erntet, wenn man Mut beweist, musste in dieser Woche Bundeswirtschaftsministerin Reiche erleben. Ihr wehte nach ihrem Vorstoß zur Rente mit 70 ziemlich viel Gegenwind entgegen. Ist den Deutschen ein höheres Renteneinstiegsalter zuzumuten? Bleibt uns überhaupt etwas anderes übrig? Jeden Vorstoß abzuwürgen, weil er die Gemüter erhitzt, wird uns kein Stück voran bringen. Reiches Aussage mag für die Regierung zu einem schlechten Zeitpunkt gekommen sein. Sie war aber näher an der Realität als das, was die Koalition zu Papier gebracht hat", halten die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN fest.
Abschließend die Meinung der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG zum Vorschlag von CDU-Generalsekretär Linnemann, den Kreis der Beamten erheblich zu reduzieren und Pensionskosten einzusparen: "Bei den damit verbundenen Kosten hat Linnemann einen Punkt. Doch mit seinem Vorschlag kippt er das Kind mit dem Bade aus. Um etwa die hohen Pensionskosten in den Griff zu bekommen, sollte man lieber überlegen, ob Beamte nicht zumindest teilweise ins Rentensystem eingeführt werden. Etwa, indem ein Teil der aus dem Staatshaushalt gezahlten Pensionen durch eine beitragsfinanzierte Rente ersetzt wird", unterstreicht die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG, mit der diese Presseschau endet.