05. August 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Bundestagspräsidentin Klöckner besteht auf einer erneuten Reform des Wahlrechts. Kommentiert wird auch weiterhin die Haltung der Bundesregierung gegenüber Israel vor dem Hintergrund der humanitären Lage im Gazastreifen. Doch zunächst zum Bürgergeld-Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Söder.

München: Markus Söder, (CSU) Ministerpräsident von Bayern, spricht auf der Pressekonferenz zur Haushaltsklausur des bayerischen Kabinetts.
Ein Thema: Die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Söder (CSU), ukrainischen Geflüchteten statt Bürgergeld die geringeren Asylbewerberleistungen zu zahlen (Archivbild). (Peter Kneffel / dpa / Peter Kneffel)
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG führt aus: "Der CSU-Chef fordert, allen ukrainischen Geflüchteten künftig kein Bürgergeld mehr zu zahlen, sondern sie bei den Sozialleistungen nun Asylbewerbern gleichzustellen. Das wäre eine populistische Scheinlösung, die mehr Schaden anrichten, als Nutzen stiften würde. Schon richtig, es muss sich etwas ändern beim Bürgergeld, auch bei den Hunderttausenden Ukrainern, deren Existenzminimum damit gesichert wird. Diejenigen, die arbeiten können, sollen dies nicht nur tun, sondern sie sind verpflichtet dazu. Die meisten Ukrainer wollen arbeiten, auch sie empfinden es nicht als Erfüllung, mit Bürgergeld stumpf die Monate zu zählen, bis irgendwann daheim der Krieg vorüber ist. Doch dazu benötigen sie vor allem Unterstützung, etwa eine Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse, die Förderung einer Ausbildung und in schwierigen Fällen eine individuelle Betreuung. Dies aber wäre nicht mehr möglich, setzte Söder sich durch", glaubt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen überzeugt Söders Spar-Idee nicht; sie begründet dies wie folgt: "Erstens: Es ist viel wichtiger, das Bürgergeld so zu reformieren, dass es insgesamt mehr Anreize für die Arbeitsaufnahme setzt – das muss für alle, für Deutsche wie für Ukrainer gelten. Das oberste Ziel ist und bleibt, die Menschen in Arbeit zu bringen. Im Fall der Ukrainer heißt das: Durch Sprachkurse, Umschulungen, Hilfen bei der Kinderbetreuung – am Ende aber auch durch empfindliche Sanktionen für diejenigen, die sich trotzdem verweigern. Zweitens: Es ist richtig, dass in Zeiten von leeren Kassen jede Ausgabe geprüft wird. Söder aber setzt mit solchen knalligen Wortmeldungen die knirschende Koalition von Friedrich Merz ohne Not zusätzlich unter Druck – und macht eine Einigung auf eine kluge Reform des Bürgergelds nicht einfacher", vermutet die WAZ.
Der WESER-KURIER aus Bremen betont, es werde der Verdacht geschürt, dass hierzulande "weniger Ukrainer Arbeit annehmen, weil sie so üppig mit Bürgergeld gepampert werden – anders als im Rest Europas. Vielleicht tut man sich dort aber auch nicht so schwer damit, ukrainische Abschlüsse und sonstige Qualifikationen anzuerkennen wie im überbürokratisierten Deutschland? Städtetagspräsident Ralph Spiegler fordert zu Recht, dass man die Kriegsflüchtlinge aus dem überfallenen Land hier 'schneller als bisher in Arbeit bringen' müsse. Anders als Asylbewerber, die gar nicht arbeiten dürfen, erhalten Bürgergeldempfänger übrigens genau dafür Beratung und Vermittlung. Markus Söder sollte einfach mal Urlaub machen – gerne daheim in Bayern", empfiehlt der WESER-KURIER.
"Richtig wäre es, Markus Söders Idee auf den Kopf zu stellen", argumentiert die TAGESZEITUNG - TAZ: "Statt die Leistungen für Ukrainer*innen abzusenken, sollten die Leistungen aller übrigen Asylbewerber*innen angehoben werden. Die Logik, Geflüchteten noch weniger zuzugestehen als den ärmsten Deutschen, war immer schon abstoßend. Söder sollte diese Ungleichbehandlung in Frage stellen, statt ihre Ausweitung zu fordern."
Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock verlangt: "Union und SPD sollten aufhören, über das Bürgergeld Schlagzeilen zu produzieren, die nach dem Motto funktionieren: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Zumindest das, was dazu im Koalitionsvertrag steht, sollte rasch umgesetzt werden. Es geht nicht nur ums Bürgergeld. Union und SPD müssen zwingend bei den notwendigen Sozialstaatsreformen an einem Strang ziehen. Dafür muss die Union ihr Maulheldentum aufgeben. Die Sozialdemokraten wiederum müssen den Mut für schmerzhafte Reformen aufbringen", hält die OSTSEE-ZEITUNG fest.
Themenwechsel. Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg geht auf den Gaza-Krieg ein und fragt: "Was kann die Bundesrepublik tun, um Leid zu lindern? Diplomatisch hat Außenminister Wadephul gerade alle Register gezogen. Der Abwurf von Lebensmitteln mag nur für geringe Verbesserungen sorgen – er setzt aber ein Zeichen, dass Deutschland das Leid der Palästinenser sieht. In diese Kategorie fällt auch die Initiative von Hannover und Bonn, die traumatisierte Kinder aufnehmen wollen. Was noch? Deutschland, das ja nicht auflistet, welche Waffen nach Israel gehen, könnte keine Angriffswaffen liefern. Sanktionen? Schwierig angesichts der Nazi-Vergangenheit des Landes. Ergo: Auch dieser Frieden kann nur mit Worten gewonnen werden", ist sich die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG sicher.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU stellt fest, Deutschland könne sich nicht mit den anderen EU-Staaten auf eine politische Linie einigen: "Während Frankreich und Großbritannien den Staat Palästina anerkennen wollen, um den politischen Einfluss auf Israel zu erhöhen und die dortigen deeskalierenden Kräfte zu unterstützen, hält sich die Regierung von Friedrich Merz zurück. Mögliche europäische Sanktionen sind unter diesen Umständen weit entfernt. Aber vielleicht steigt durch den dauerhaften Druck in Israel doch die Zahl jener Menschen, die ihre Regierung umstimmen. Es bleiben also vorerst nur kleine Schritte in die richtige Richtung. Hier ein paar Tonnen mehr Nahrung durch die ineffiziente Luftbrücke, dort ein paar zusätzliche Hilfsmittel", bilanziert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf erwartet mit Blick auf den Bundeskanzler: "Für Merz wird es darum gehen, die deutsche Position eng mit den USA abzustimmen - so schwierig das gerade auch sein mag. Und gleichzeitig in der arabischen Welt darauf zu dringen, der Hamas die rote Karte zu zeigen."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG verweist auf die Empfehlung der EU-Kommission, die Teilnahme Israels am Forschungsförderungsprogramm "Horizon Europe" in Teilen unverzüglich auszusetzen: "Das Programm hat ein Budget von 95 Milliarden Euro, etwa 900 Millionen davon haben zuletzt israelische Forscher eingeworben. Die EU-Kommission hat sich für eine teilweise Streichung solcher Fördermöglichkeiten ausgesprochen. Sie würde in Höhe von etwa 200 Millionen Euro vor allem israelische Start-ups betreffen, die im Bereich der Cybersicherheit, der Künstlichen Intelligenz und der Drohnentechnologie forschen. Das wäre kein teils lächerlicher, teils antisemitischer Boykott unbeteiligter Einzelpersonen, des Konsumgüterhandels oder von Universitäten, die mehrheitlich nicht dem Lager Netanjahus angehören", folgert die F.A.Z.
Abschließend geht es um Bundestagspräsidentin Klöckner, die auf einer Reform des in der vergangenen Legislaturperiode geänderten Wahlrechts besteht. Dazu bemerkt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide: "Die Wahlrechtsreform der Ampel-Regierung trägt ähnliche Merkmale wie manche anderen Gesetzesinitiativen der Regierung Scholz: Eine einigermaßen klare Zielsetzung mit handwerklichem Gestümper als Unterbau. Das Ziel, in diesem Fall eine deutliche Verkleinerung des Bundestags, wurde erreicht – auf Kosten haarsträubender Konstruktionsfehler, die zunächst theoretisch und nach dem Wahlgang praktisch deutlich wurden. Ein Wahlrecht, das Wahlkreisgewinnern den Einzug ins Parlament vorenthält, ist unfair. Noch schlimmer: Wenn es dazu führt, dass Wahlkreise im Bundestag überhaupt nicht vertreten sind, ist es untauglich", urteilt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN geben zu bedenken: "Wer einen kleinen Bundestag will, die kleinen wie die großen Parteien gerecht behandeln, der muss die Zahl der Abgeordneten oder die der Wahlkreise verringern. Die Ampel tat Ersteres. Die Union muss sich an Zweiteres herantrauen. Auch das tut weh. Kompliziert war das Wahlrecht seit Gründung der Bundesrepublik. Anders wäre es schöner. Aber die Demokratie geht daran nicht kaputt", kommentiert die MEDIENGRUPPE BAYERN, mit der diese Presseschau endet.