
"Sozialministerin Bas hat Recht mit ihrer Einschätzung", meint die VOLKSSTIMME aus Magdeburg: "Dieses Rentenpaket ist eine Botschaft an die Generationen. Wer über Jahrzehnte in die Rentenkasse eingezahlt hat, soll im Alter auskömmlich leben können. Gleichwohl sind die schwierigen Finanzfragen für die nächsten Jahre nicht geklärt. Die Rentenformel ist bereits jetzt so strapaziert, dass ein immer größer werdender Teil der Rentner mit einer Mini-Rente klarkommen muss. Im Herbst sollen weitere Vorschläge auf den Tisch kommen. Dabei muss genau darauf geachtet werden, dass die soziale Balance gehalten wird. Die Axt an die Rente zu legen, andererseits Milliardenbeträge für Rüstung und das jahrelange Verharren in Bürgergeld auszugeben, ist der Gesellschaft schwer vermittelbar", glaubt die VOLKSSTIMME.
"Trotz massiver Kritik von Experten und Ökonomen zieht die Bundesregierung ihre Rentenpläne durch", moniert die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf: "Die Verbesserungen für Rentner kann sich Deutschland eigentlich nicht leisten. Das weiß auch die Regierung, dennoch zieht sie ihre Pläne durch. Es ist zu vermuten, dass sie große Wählergruppen für sich einnehmen möchte, denn bereits jeder Zweite in Deutschland ist über 50 Jahre alt. Im Interesse der Jüngeren liegt das Rentenpaket jedenfalls nicht. Am teuersten kommt es die Jüngsten bis 26 Jahre durch höhere Steuern und Beiträge während ihrer langen Berufstätigkeit zu stehen, wie eine Ifo-Studie zeigte", notiert die RHEINISCHE POST.
"Von einer Rentenreform, auch von einer kleinen, erwartet man zumindest, dass sie die prekäre Lage der Rentenkasse nicht noch verschärft", schreibt die STUTTGARTER ZEITUNG: "Aber genau das passiert, weil die Bundesregierung mal eben eine Ausweitung der Mütterrente spendiert, die jährlich bis zu fünf Milliarden Euro kostet. Auch in den anderen Zweigen der Sozialversicherung lassen Strukturreformen auf sich warten. Doch irgendwann müssen all die Kommissionen ihre Vorschläge vorlegen. Und dann dürfte sich zeigen, dass da zwei Parteien koalieren, deren Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit weit auseinandergehen. Die Union versucht das derzeit mit verbalem Getöse zu übertönen. Man redet lieber laut über Abtreibung, Richterwahlen und vor allem Bürgergeld – als ob das die Schlüsselfragen unserer Gesellschaft seien", kritisiert die STUTTGARTER ZEITUNG.
"An den strukturellen Problemen des Rentensystems ändert sich durch das Paket überhaupt nichts", bemängelt auch die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus: "Es verschärft eher noch die Finanzsorgen. Ja, die Koalition hat eine Experten-Kommission beauftragt, Vorschläge für eine Rentenreform zu machen. Doch wenn die Regierung wollte, hätte sie schon jetzt längst überfällige Entscheidungen treffen können. Während Teile der Union und die SPD Schnappatmung bekommen, sobald auch nur das Wort 'Renteneintrittsalter' fällt, zeigt sich ausgerechnet die Parteichefin der Linken, Schwerdtner, realitätsnaher. Zeit, dass sich die Erkenntnis in der ganzen Regierung breitmacht, dass ein Weiter-so einfach nicht mehr möglich ist und es viele Reformschritte braucht, inklusive einer Anpassung der Altersgrenze. Dass diese nicht sofort um mehrere Jahre nach oben schnellen würde, sollte übrigens jedem klar sein", meint die LAUSITZER RUNDSCHAU.
"Eine grundlegende Reform muss her, auch wenn eine solche sicherlich eine große Herausforderung ist", fordert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: "Wichtig ist aber, dass sich Regierung und Bürger endlich ehrlich machen. Die Stabilisierung des Systems ist eine Illusion, erkauft mit Steuergeldern. Von denen die Bürger immer mehr werden aufbringen müssen, um diese Illusion aufrechtzuerhalten. Einschnitte sind leichter zu verdauen, wenn sie häppchenweise über Jahre verteilt erfolgen. Wohin es führt, wenn man Reformen verschleppt, zeigt uns schmerzlich der Klimawandel. Es ist wohl eine der inhärenten Schwächen der Demokratie, dass Regierungen aus Sorge um die Wählergunst Angst haben, das Richtige zu tun", ist im REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER zu lesen.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG stellt fest: "Tatsächlich wird die Politik, wenn sich die Altersstruktur der Gesellschaft verändert, nicht umhinkommen, an maßgeblichen Schrauben des Rentensystems zu drehen – so wie sie es seit Jahrzehnten tut. Nach der Reform ist bekanntlich vor der Reform. Weil sich Gesellschaft und Arbeitswelt kontinuierlich verändern, ist es eine Illusion, das Rentensystem mit einem großen Wurf ein für alle Mal zukunftsfest machen zu können. Wir sollten uns von diesem Gedanken verabschieden."
Das Kabinett hat auch das Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht. Bei Aufträgen des Bundes von über 50.000 Euro müssen Unternehmen dem Entwurf zufolge ihren Beschäftigten künftig tarifvertragliche Arbeitsbedingungen garantieren.Die FRANKFURTER RUNDSCHAU unterstreicht: "Die Bundesrepublik will gewaltige Summen investieren. Straßen, Brücken und Schienen werden gebaut, Gebäude energetisch saniert. Das 500-Milliarden-Sondervermögen macht es möglich. Umso wichtiger ist, dass der Staat keine Aufträge an Firmen vergibt, die Dumpinglöhne zahlen und Beschäftigte ausbeuten. Billig ist nicht immer besser. Endlich holt der Bund nach, was viele Bundesländer bereits eingeführt haben: ein Tariftreuegesetz. Es ist ein Tag, an dem die SPD zeigt, dass sie in der Lage ist, soziale Anliegen in dieser Koalition durchzusetzen", findet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
In der Zeitung DIE GLOCKE aus Oelde heißt es hingegen: "Mit dem Tariftreuegesetz besteht die Gefahr, dass die Bundesregierung andere Ziele konterkariert. So verursacht das neue Gesetz unnötig zusätzliche Bürokratie – obwohl sich die Bundesregierung doch einen Bürokratieabbau in den Koalitionsvertrag geschrieben hat. Beispielsweise soll zur Kontrolle der Vorschriften eine neue Prüfstelle eingerichtet werden anstatt bereits bestehende Institutionen mit dieser Aufgabe zu betrauen. Zudem kommt auf die Unternehmen mehr Verwaltungsaufwand zu, wenn sie künftig die Einhaltung der tariflichen Arbeitsbedingungen dokumentieren müssen", merkt DIE GLOCKE an.
In Polen hat der Rechtsnationalist Nawrocki das Präsidentenamt übernommen. Das Magazin CICERO vermutet: "Auch auf geopolitischer Ebene könnte Nawrocki eine wichtige Rolle zukommen. Da ihn Trump ja bereits als 'great president' gelobt hat, sollte er beim Bemühen der europäischen Nato-Partner eingebunden werden, die USA wieder fester in dem Bündnis zu verankern. Hier sind der französische Präsident Macron und Bundeskanzler Merz gefragt – sie sollten ihren bewährten Warschauer Partner Tusk überzeugen, zumindest bei repräsentativen Anlässen Nawrocki den Vortritt zu lassen und sich nicht in Kleinkriegen über protokollarische Fragen aufzureiben", empfiehlt CICERO.
Für den KÖLNER STADT-ANZEIGER ist Nawrocki antideutsch und antieuropäisch: "Symbolträchtiger kann es kaum sein: Am Tag der Vereidigung des neuen polnischen Präsidenten Nawrocki schafft Polen seinen Deutschlandbeauftragten ab. Es wird also ausgerechnet der Posten gestrichen, der für mehr Harmonie in den nicht immer einfachen deutsch-polnischen Beziehungen sorgen sollte. Nun könnte das mit der Harmonie auch der Präsident selbst oder Premierminister Tusk direkt übernehmen. Davon allerdings ist nicht auszugehen. Für Deutschland und Europa sind es keine guten Aussichten, wenn nach Ungarn und der Slowakei ein weiteres EU-Land wieder den Weg in Richtung illiberale Demokratie einschlägt. Der Zusammenhalt in der EU gerät in noch größere Gefahr – in einer Zeit, in der er dringender gebraucht wird, denn je", betont der KÖLNER STADT-ANZEIGER. Und damit endet diese Presseschau.