
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG stellt fest: "Die Erwartungen könnten gegensätzlicher kaum sein: Manche hoffen auf einen gerechten Frieden, andere fürchten einen Deal, der Putins territoriale Gewinne zementiert. Ein solcher Ausgang würde die Integrität der Ukraine dauerhaft verletzen, Europas Sicherheitsarchitektur schwächen und Aggressionen durch Russland wahrscheinlicher machen. Um das zu verhindern, muss Europa geeint und handlungsfähig auftreten. Es ist zwar richtig, dass die Europäer robuste Sicherheitsgarantien für Kiew fordern, sollte es ein Friedensabkommen geben. Diese würden aber wohl nur wirken, wenn sie eindeutig europäisch getragen werden – gegebenenfalls mit klaren Zusagen zum friedenssichernden Einsatz europäischer Streitkräfte an den Grenzen zwischen der Ukraine und Russland. Denn wer ernst genommen werden will, muss im Notfall bereit sein, ernsthaft zu handeln", findet die SÜDDEUTSCHE.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vermutet: "Inhaltlich ist das, was nun angeblich der Kern von Putins Vorschlag sein soll, ein durchsichtiger Versuch, auf dem Verhandlungswege zu bekommen, was Russland militärisch bisher nicht erreicht hat. Er will sich offenbar eine Waffenruhe mit der Abtretung von hart umkämpften Gebieten im Donbass bezahlen lassen. Kein Wunder, dass die Ukraine sich darauf nicht einlassen will. Es war richtig, dass die Europäer sich hier auf die Seite Selenskyjs gestellt und an wichtige Grundsätze erinnert haben: die Ukraine muss beteiligt werden, eine Waffenruhe würde sinnvolle Gespräche überhaupt erst ermöglichen, Ausgangspunkt muss der Frontverlauf sein", schreibt die F.A.Z.
Die KIELER NACHRICHTEN mahnen: "Der Westen darf die Ukraine keinem schmutzigen Deal zwischen Donald Trump und Wladimir Putin überlassen. Es ist deshalb zu begrüßen, dass sich europäische Staats- und Regierungschefs am Wochenende gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Wort gemeldet haben. In ihrer Erklärung betonen Sie, dass ein Ansatz für Frieden in der Ukraine nur erfolgreich sein kann, wenn Diplomatie, Ukraine-Unterstützung und Druck auf Russland Hand in Hand gehen. Es brauche robuste Sicherheitsgarantien für das angegriffene Land. Vor allem aber könne Frieden in der Ukraine nicht ohne die Ukraine selbst beschlossen werden. Es ist bitter, dass dies überhaupt einer besonderen Betonung bedarf", kritisieren die KIELER NACHRICHTEN.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU geht auf den ukrainischen Präsidenten ein: "Wolodymyr Selenskyj hat mit seinen europäischen Verbündeten zu Recht die bekannten Forderungen gestellt – wie, dass das Schicksal der Ukraine ohne Kiew nicht bestimmt werden kann. Doch noch haben sie sich kein Gehör verschafft."
Der Berliner TAGESSPIEGEL verweist auf den Verhandlungsort: "Alaska wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Russland an die USA verkauft. Das zeigt: Grenzen können verschoben werden. Allein die Wahl des Ortes muss – gewollt oder ungewollt – ein Signal an die Ukraine sein, dass man sich einen Frieden mit Gebietsabtretungen wohl 'erkaufen' muss. Alaska ist aber auch eine Botschaft an die USA. Für viele Russen gehört die Region am Polarkreis weiter fest zu ihrer Heimat. Der US-Bundestaat ist ein Stachel in der russischen Seele – ähnlich wie die ukrainische Krim", notiert der TAGESSPIEGEL.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf empfiehlt, die mächtigsten europäischen Staaten sollten "für jeden Verhandlungsschritt überzeugende Ideen beitragen, die Trump sich gegebenenfalls zu eigen machen kann. Die jüngsten Bemühungen vonseiten des Kanzlers Friedrich Merz, des britischen Premierministers Keir Starmer und Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron lassen in dieser Hinsicht etwas Hoffnung zu. Bald wird sich zeigen, wie effektiv sie sind", erwartet die RHEINISCHE POST.
Die TAGESZEITUNG - TAZ - ist sich sicher: "Putin hat es erneut geschafft, Trump an der Nase herumzuführen. Statt von harten Sanktionen ausgebremst zu werden, steht für den Kremlchef nun eine persönliche Audienz beim amerikanischen Präsidenten an, auf US-amerikanischem Boden. Mit möglichen Landverlusten der Ukraine sowie mit Trumps Einladung von Putin belohnen die USA den russischen Machthaber. Damit holen sie ihn aus der internationalen Isolation heraus", argumentiert die TAZ.
Thema in den Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN ist die Entscheidung von Bundeskanzler Merz, bestimmte Rüstungsexporte nach Israel zu stoppen: "Die CSU fühlt sich übergangen. Diese Situation nicht eintreten zu lassen, obliegt Merz selbst, aber in erster Linie dem Kanzleramtsminister. Dass Thorsten Frei zuletzt häufig nach umstrittenen Entscheidungen in Talkshows saß, um diese zu erklären, offenbart das Problem. Statt im Vorfeld Knatsch zu verhindern, versucht er ihn im Nachhinein zu relativieren. Das kommt erst recht nicht an. Die Koalition wollte schnell ins Arbeiten kommen, das ist ihr in einigen Belangen geglückt. Doch Arbeitsabläufe und -strukturen zu etablieren, hat sie darüber versäumt. Dass es ständig zwischen Kanzleramt und Unionsfraktion hakt und knirscht, ist ebenso fatal wie überflüssig", urteilt die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) gibt zu bedenken: "Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür Verantwortung. So steht es im Grundgesetz und offenbar in diesem Sinne hat Friedrich Merz entschieden. Er hat sich über die Bedenken aus seiner Partei und aus der CSU hinweggesetzt und gehandelt, ohne vorher über seine Absicht zu informieren. Es muss CSU-Chef Markus Söder zu denken geben, dass Merz bei einem derart aufgeladenen Thema so freihändig vorgeht. Trotzdem täte die CSU gut daran, die Nerven zu bewahren. Der Einfluss Deutschlands auf die israelische Regierung ist begrenzt, die Wirkung des Lieferung-Stopps ist es auch. Merz' Entscheidung hat symbolischen Charakter", glaubt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die STUTTGARTER ZEITUNG vertritt diese Ansicht: "Natürlich darf sich Israel verteidigen – aber es muss das Völkerrecht achten. Außenminister Johann Wadephul war erst kürzlich in Israel, um auf die dortige Regierung einzuwirken. Dass der israelische Premier eine Woche später ankündigte, Gaza-Stadt einnehmen zu wollen, musste Konsequenzen haben. Das kann niemanden überraschen – auch nicht in der Union. Mit seiner Entscheidung hat Merz als Kanzler gehandelt, nicht als CDU-Parteichef. Es spricht für ihn, dass ihm seine Rolle so klar ist. CDU und CSU schwächen jetzt ihren Mann an der Spitze. Zumal bereits absehbar ist: Lenkt Israel nicht ein, werden weitere Maßnahmen unumgänglich sein", ist sich die STUTTGARTER ZEITUNG sicher.
Die Zeitung DIE WELT analysiert: "Friedrich Merz ist der Kanzler der einsamen Entscheidungen, der Alleingänger. Abgeordnete, selbst entscheidende Mitstreiter wie CSU-Chef Markus Söder, erfahren von maßgeblichen Entscheidungen aus den Medien. Davon, dass die Entlastung von der Stromsteuer nicht für alle kommt, dass die Wahl der Verfassungsrichter in letzter Minute abgeblasen wird, und nun davon, dass man Israel den Waffenhahn zudreht. Aber Letzteres ist nicht irgendein Punkt aus dem Koalitionsvertrag, es ist eine der Säulen deutscher Außenpolitik. An der Merz nun sägt, weil die öffentliche Stimmung das gefühlt so fordert. Weil sich Merz so gerne in die Phalanx von Großbritannien und Frankreich einreihen will, damit wir endlich außenpolitisch wieder wer sind. Gegen die eigene Partei und gegen die Schwesterpartei CSU zu regieren, wird schwer. Und noch schwerer, gegen einen Teil der Wähler, die nach gebrochenen Wahlversprechen und einem kaum nachvollziehbaren Zickzack-Kurs endgültig das Vertrauen in den Kanzler verloren haben", kommentiert DIE WELT, mit der diese Presseschau endet.