20. August 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Für die Kommentatoren gibt es heute vor allem ein Thema: Das Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem ukrainischen Staatschef Selenskyj sowie mehreren EU-Spitzenpolitikern im Weißen Haus.

Donald Trump sitzt an einem Tisch mit dem britischen Premier Keir Starmer, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzler Friedrich Merz, Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Das Treffen zwischen Trump, Selenskyj und mehreren EU-Spitzenpolitikern (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Alex Brandon)
"Zurück kommen sie mit nicht mehr als ein paar vagen Versprechungen", schreibt die Zeitung DIE ZEIT: "Trump soll zugesagt haben, sich an 'Sicherheitsgarantien' für die Ukraine zu beteiligen. Der Erfolg besteht ansonsten darin, was nicht geschah: Trump zwang Selenskyj nicht, sich vor laufenden Kameras zu Gebietsabtretungen an Russland zu verpflichten. Die Pressebegegnung mit Selenskyj im Oval Office endete nicht im Eklat, sondern war beinahe freundlich. Und all dieses Unbestimmte und Nichteintreten ist viel, sehr viel", findet DIE ZEIT.
In der VOLKSSTIMME aus Magdeburg heißt es: "Noch fliegen sie nicht, die weißen Tauben für einen Ukraine-Frieden. Zusammengenommen haben jedoch die von Trump gemanagten Spitzentreffen erstmals einen Verhandlungskorridor zum Frieden geöffnet. Spät, aber vielleicht nicht zu spät, um die totale Niederlage der Ukraine zu verhindern. Kanzler Merz will Deutschland wieder zur Führungsmacht machen. Dafür kam ihm der Ukraine-Krieg fernab innenpolitischen Kleinkrams gerade recht. Jetzt hat er bei Trump einen Stein im Brett", notiert die VOLKSSTIMME.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf sieht einen Friedensprozess angestoßen: "Das ist das Verdienst der Koalition der Willigen, die mit einer Mischung aus Demut und klarer Positionierung - auch durch einen selbstbewussten deutschen Kanzler - den Nerv des unberechenbaren US-Präsidenten getroffen haben. Nicht zuletzt, weil es ihnen gelungen ist, die Folgen des Krieges etwa anhand der tausenden verschleppten ukrainischen Kinder plastisch zu machen - so beeindruckt man Trump. Und so lassen sich dann auch die Brücken schlagen, die es zwischen Trump und Selenskyj nach dem Eklat im Weißen Haus im Februar gebraucht hat", ist die RHEINISCHE POST überzeugt.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU mahnt, die Europäer dürften sich durch die Erfolge ihres Besuchs bei Trump nicht blenden lassen: "Sie haben zwar verhindert, dass der US-Präsident den ukrainischen Präsidenten erneut demütigt, sie haben sich in Washington Gehör verschafft und sie haben Trump beim Thema Sicherheitsgarantien auf ihre Seite gezogen - vorerst. In der Substanz sind sie allerdings kaum weiter gekommen. Die Forderung der europäischen Verbündeten der Ukraine nach einer Waffenruhe lehnt Trump ab, der nicht nur bei diesem Thema dem russischen Autokraten Putin folgt", bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) geht näher auf die geforderte Waffenruhe ein: "Sowohl die EU als auch die Ukraine hielten daran fest, dass es zeitnah eine Waffenruhe geben müsse. Der US-Präsident konterte: Er habe sechs Kriege beendet – jeweils ohne vorher eine Waffenruhe zu vereinbaren. Von den vermeintlich sechs beendeten Kriegen sind mindestens die Hälfte entweder nicht wirklich beendet – oder ohne nennenswerte Beteiligung von ihm. Noch wichtiger: Trump übersieht vollkommen, dass er eben keine Friedensverträge ausgehandelt hat, sondern Waffenstillstände. Im Grunde genommen feiert sich Trump also für genau solche Deals, die er jetzt für die Ukraine nicht für nötig hält. Er überschätzt sich selbst und unterschätzt die Komplexität eines Friedens in der Ukraine", kritisiert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zieht ihre Schlüsse aus jenen Punkten, die vor laufenden Kameras im Weißen Haus nicht zur Sprache kamen: "Kein Wort zur möglichen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Auch die Annexion derKrim, die der Präsident in seinen Social-Media-Posts den Russen quasi schon zugestanden hat, wurde ebenso wenig erwähnt wie das Schicksal der vom Kremlbeanspruchten Ostukraine. Einheitliche Positionen des Westens, wie sie von denEuropäern angestrebt werden? Die gibt es in diesen Punkten, mit dieser US-Regierung, schlicht nicht mehr." Soweit die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz hebt mit Blick auf die Beweggründe für Trumps Handeln hervor: "Trump handelt zum Teil aus egoistischen, zum Teil aus irrationalen Motiven. Er will, dass die USA in einer Welt, in der China immer mächtiger wird, ihre Kräfte nicht so stark in Europa einsetzen müssen. Das ist nachvollziehbar. Verrückt ist dagegen seine Faszination für den russischen Präsidenten Putin, dessen bedingungslose Durchgriffsmöglichkeiten im eigenen Staat er bewundert. Trump hält sich für einen fantastischen Dealmaker – und muss davon abgehalten werden, sich mit Putin so zu einigen, dass Sicherheit in Europa dauerhaft unmöglich wird. Der russische Aggressor darf nicht zum Ergebnis kommen, dass er weitere Länder angreifen kann", verlangt die FREIE PRESSE.
"Die Bilder, die dieser Tage erzeugt werden, sind schlimm genug und sie geben keinen Anlass zu Zuversicht", resümiert die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel: "Trump, der dem russischen Diktator auf dem Roten Teppich applaudiert, ihm bei der Pressekonferenz den Vortritt lässt für einen minutenlangen Monolog ohne Widerspruch. Das Geplänkel im Oval Office über Selenskyjs Anzug, Merz' Urlaubsbräune – ein solches Gerede ist angesichts der dramatischen Lage in der Ukraine vollkommen unangemessen. Trump, das muss man leider annehmen, geht es in seiner gnadenlosen Ego-Show weniger um das Leiden in Schützengräben und Luftschutzkellern als um die Fata Morgana des eigenen Friedensnobelpreises", überlegt die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg bezeichnet es als nutzlos, "dass die Staats- und Regierungschefs sich in Washington verbiegen, um Trump irgendwie auf einen pro-ukrainischen Kurs einzuschwören. Denn Trump hat schon oft bewiesen, dass er solche Kotaus lediglich als Stärkung seiner Machtstellung versteht. Wie er handelt, wem er nachgibt, das entscheidet sich bei ihm über eine ganz persönliche Kosten-Nutzen-Rechnung."
Aus Sicht der NÜRNBERGER NACHRICHTEN taten die Europäer, was offensichtlich unvermeidbar ist bei Treffen mit Trump: "Sie schmeichelten ihm, ja: Sie schleimten, um den Prahlhans im Weißen Haus zum Zuhören zu bringen. Das schien zu gelingen, er zeigte sich offen für die Ziele von Merz, Macron, Meloni, Starmer, Stubb, Rutte und von der Leyen. Jetzt hängt alles davon ab, ob Putin sich bewegt."
Dass sich Putin bewegt, hält die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG für unwahrscheinlich: "Hoffnung auf ein schnelles Ende des Krieges sollte sich niemand machen. Bisher ließ Russlands Präsident keinerlei Bereitschaft zu Zugeständnissen erkennen. Auch nach dem Treffen mit Merz und Co. kann niemand sicher sein, dass er den US-Präsidenten nicht noch weichkocht."
Für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG besteht ebenfalls keine große Hoffnung, dass der Kreml schon jetzt zur Beendigung seines Krieges bereit sei: "Dazu müsste der politische, wirtschaftliche und militärische Druck auf Moskau erhöht werden, wogegen Trump sich weiter sträubt. Gleichwohl ist es richtig, Putin in einen Verhandlungsprozess zu ziehen. In ihm muss er Farbe bekennen. Täuscht, lügt und betrügt er dabei wie nicht erst seit der Invasion der 'grünen Männchen' auf der Krim, dann wird auch der Druck auf Trump größer, sich nicht länger von Putin vorführen zu lassen, als sei er dessen Pudel", ist in der F.A.Z. zu lesen.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER ist ähnlicher Meinung: "Putin ist von seinen Gebietsansprüchen bislang keinen Deut abgewichen. Und während sich die Europäer schon Gedanken darüber machen, wie man den Frieden in der Ukraine sichern könnte, den es noch gar nicht gibt, rücken Putins Truppen jeden Tag weiter vor. Auch wenn Trump sich derzeit gönnerhaft als Friedensstifter aufspielt, am Ende wird Putin bekommen, was er will: Die Kontrolle über Luhansk und Donezk –  entweder auf dem Schlachtfeld oder am Verhandlungstisch. Die Lust am Krieg wird ihm dadurch kaum vergehen." Wir zitierten den REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.