
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf findet: "Dass die Zahl der Fälle von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen leicht gesunken ist, kann nicht als Zeichen der Entspannung gewertet werden. Darauf hat richtigerweise auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hingewiesen. Denn zum einen bleibt die Zahl mit mehr als 16.300 Fällen im vergangenen Jahr erschreckend hoch. Und zum anderen gehen die Ermittler weiterhin von einem sehr großen Dunkelfeld aus. Das belegt: Der Staat und die Behörden haben das Problem der Sexualstraftaten gegen Kinder und Jugendliche längst noch nicht im Griff. Richtig ist, dass Dobrindt eine baldige Vereinbarung in der Bundesregierung über die Speicherung von IP-Adressen angekündigt hat. Auch wenn das Vorhaben bei Datenschützern umstritten ist, muss die Politik durch eine entsprechende Gesetzesänderung die Arbeit der Ermittler dringend erleichtern", verlangt die RHEINISCHE POST.
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG stellt fest: "Die Verbreitung und der Handel mit Missbrauchsdarstellungen, Livestreams sexueller Gewalt, das Aufnehmen und Teilen von Bildern und Videos in geschlossenen Online-Communities – all das nimmt beängstigend zu. Ermittler warnen, dass sich Täterstrukturen professionalisieren, kindliche Opfer oft gezielt über soziale Netzwerke und Messenger gesucht und manipuliert werden. Umso wichtiger ist es, dass Schwarz-Rot nun rasch eine gesetzliche Grundlage für die Vorratsdatenspeicherung schafft", unterstreicht die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG betont, ein wichtiger Aspekt werde außer Acht gelassen: "Die Bestrafung der Täter. Das Mindeststrafmaß für Kindesmissbrauch, also den körperlichen, sexuellen Kontakt, liegt aktuell bei einem Jahr. Noch bis 2021 war sogar nur eine Geldstrafe möglich. Was sagt das über den Stellenwert des Kinderschutzes in Deutschland aus? Um es deutlicher auszudrücken: Für die nachhaltige Traumatisierung, ja Zerstörung eines Kinderlebens muss ein Täter im Zweifelsfall nur einige Monate seines Lebens hinter Gittern verbringen. Selbiges gilt für die 'Produktion' kinderpornografischen Materials, also den Missbrauch vor laufender Kamera. Die aktuelle Gesetzeslage wirkt wie ein Freifahrtschein, kranken Gelüsten nachzugehen", kritisiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG verweist auf ein weiteres Problem: "Offline wie online werden viele Taten gar nicht erst angezeigt. Zum Beispiel, weil die Täter aus der Familie oder dem engeren Umfeld kommen. Auch ist die Scham bei den Betroffenen oft groß. Experten schätzen, dass die Dunkelziffer bei sexuellen Straftaten gegen Kinder und Jugendliche deutlich höher liegen dürfte als jene Zahlen, die im Bericht enthalten sind. Jeder einzelne Fall bedeutet für die Opfer großes Leid. Hier ist jede und jeder Einzelne gefragt: Nicht wegzuschauen, wenn es Anzeichen für sexualisierte Gewalt gibt. Hinzuhören, wenn Kinder von Übergriffen berichten, gegebenenfalls die Polizei zu informieren", rät die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Themenwechsel. Die FREIE PRESSE aus Chemnitz geht ein auf den Vorstoß des Hauptgeschäftsführers des Arbeitgeberverbands BDA, Kampeter, die... "...Praxisgebühr wieder einzuführen. Diesmal aber in der Brachialvariante, die Gebühr nicht nur – wie zwischen 2004 und 2012 – einmal zu entrichten, sondern bei jedem Arztbesuch. Deshalb wäre der neue Name des alten Modells nun 'Kontaktgebühr'. Vielleicht darf man die Urheber dieser Idee daran erinnern, dass der Bundestag 2012 die Praxisgebühr nicht irgendwie fallengelassen hatte. Die Abstimmung endete in totaler Einstimmigkeit. Auch der Letzte hatte gemerkt, dass die Gebühr keine gute Sache gewesen war. Sie hatte zu keinerlei Lenkungseffekt geführt, die Praxen mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand belastet, und sie hatte dazu geführt, dass vor allem ärmere Menschen den Arztbesuch mieden. Das alles träfe verschärft auch auf die 'Kontaktgebühr' zu", vermutet die FREIE PRESSE.
"Hausärzte sind empört. Ihre Einwände sind gleich mehrfach stichhaltig", schreibt das FLENSBURGER TAGEBLATT: "Eine bei jedem Arztbesuch zu zahlende Praxisgebühr ist an sozialer Ungerechtigkeit kaum zu überbieten; schon heute gibt es ohnehin eine soziale Schieflage bei der medizinischen Versorgung. Zudem drohte der Obolus Menschen dazu zu bewegen, notwendige Arztbesuche zu unterlassen oder aufzuschieben – mit gesundheitlichen Folgen, die die Krankenkassen am Ende noch teurer kommen könnten als ein überflüssiger Arztbesuch. Natürlich müssen die Kosten im Gesundheitssystem sinken. Und die Krankenkassenbeiträge, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber hälftig zahlen, gilt es zu stabilisieren, damit die Lohnnebenkosten nicht weiter aus dem Ruder laufen. Aber Eintritt für den Arztbesuch zu erheben, ist der falsche Weg", urteilt das FLENSBURGER TAGEBLATT.
Die Zeitung DIE WELT dagegen rät, Bundesgesundheitsministerin Warken solle den Vorschlag unbedingt aufgreifen: "Denn die Deutschen sind Weltmeister bei den Arztbesuchen. Und weil die Patienten in den meisten Fällen mit einem Rezept die Praxis verlassen, ist es kein Wunder, dass die Kassen gerade wieder einen Rekord bei den Arzneimittel-Verschreibungen melden. Kampeters Idee ist smarter als die 2013 abgeschaffte Praxisgebühr, bei der das Prinzip 'all inclusive' galt. Statt einer einmaligen Gebühr pro Quartal soll die 'Kontaktgebühr' jedes Mal fällig werden. In Schweden gilt dieses sinnvolle Prinzip schon seit Jahrzehnten. Und die Skandinavier gehen in der Tat seltener und vor allem nicht mit Lappalien zum Doktor", argumentiert DIE WELT.
Die WIRTSCHAFTSWOCHE wirft ein: "So schmerzhaft es auch ist: Wir müssen jetzt erneut an die Ausgaben ran. Die Kontaktgebühr mag da das falsche Instrument sein. Denn was ist mit Vorsorgeterminen? Was mit chronisch Kranken? Aber selbst der Hausärzteverband fordert ein hausärztliches Primärarztsystem, bei dem im ersten Schritt ein Hausarzt konsultiert wird, nicht ein teurerer Facharzt. Ehrliche Debatten sind nötiger denn je. Die bisherige Wünsch-dir-was-Politik können wir uns nicht mehr leisten." Das war die WIRTSCHAFTSWOCHE.
Nach der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee ist in Italien ein Ukrainer festgenommen worden, der daran beteiligt gewesen sein soll. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG blickt zurück auf das Ereignis: "Um Deutschland unter Druck zu setzen, drosselte Russland im Sommer 2022 die Gaslieferungen. Im August hat der Kreml sie ganz eingestellt. Nur wenige Wochen später wurden Nord Stream 2 und ein Strang von Nord Stream 1 durch Explosionen zerstört. Damals war unklar, wer die Tat begangen hatte, die in Europa erhebliche Verunsicherung hervorrief. Sie hätte auch zum Stil des Kremls gepasst. Doch die Motivlage der Ukrainer, die – wie man nun annehmen muss – dahintersteckten, ist deutlich schlüssiger: Ihnen stellte sich die Frage, ob Deutschland gegenüber dem russischen Druck standhaft bleiben würde. Das Misstrauen war nach der Vorgeschichte nicht unbegründet. Das ist keine Rechtfertigung für den Anschlag. Vor allem aber ist ein Sprengstoffanschlag außerhalb eines Kriegsgebiets eine schwere Straftat. Die Justiz muss sie ohne politische Rücksichtnahme aufklären und ahnden", mahnt die F.A.Z.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER gibt zu bedenken: "Noch ist die Nord-Stream-Sabotage nicht aufgeklärt. Möglicherweise werden auch einige Hintergründe im Dunkeln bleiben. Sicher ist nur, dass das Ende der Gasversorgung aus Russland den Amerikanern nutzt, die ihr teures Frackinggas verkaufen wollen. Eine Abnahme dieses Gases hat die EU bei der Einigung im Zollstreit zugesagt. Wladimir Putin hatte dagegen kein Interesse an einem Pipeline-Leck. Dem Diktator gefiel es, die Gaszufuhr nach Lust und Laune zu drosseln und wieder aufzudrehen", kommentiert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER, mit dem diese Presseschau endet.