
"Bayrou ist selbst schuld an seinem Scheitern", findet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: "Verknüpfte er doch selbst seinen umstrittenen Sparhaushalt mit der Vertrauensfrage. Nun muss Präsident Macron so schnell wie möglich einen neuen Premier finden. Das dürfte angesichts der schwierigen Kräfteverhältnisse im Parlament, mit drei etwa gleich starken Blöcken ohne eigene Mehrheit, eine Herausforderung werden. Mit einem Schuldenstand von 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehört Frankreich europaweit zur Spitzengruppe der Sorgenkinder. Dass Einsparungen dringend nötig sind, ist den Franzosen durchaus bewusst. Aber es herrscht der weit verbreitete Ungeist, dass schmerzhafte Einschnitte doch besser von anderen zu tragen seien. In der Ablehnung des dringend notwendigen Sparhaushaltes sind sich Rechte und Linke ausnahmsweise einig. Beide Seiten mobilisieren ihre Anhänger, um dem Unmut der Bevölkerung ein Ventil zu bieten", warnt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus meint: "Wenn es nicht gelingt, den Anstieg der Schulden zu bremsen, dann kann Frankreich sogar zur Gefahr für die Stabilität der Eurozone werden. Viele erinnern sich noch an die dramatische Lage vor einem Jahrzehnt, als das hochverschuldete Griechenland die Eurozone ins Wanken brachte. Angesichts der großen Aufgaben, vor denen Europa steht – von der Ukraine über China bis zu den Streitigkeiten mit dem Verbündeten USA – kann sich die EU eigentlich keine Schwächung in den eigenen Reihen erlauben."
Ähnlich sieht es die AUGSBURGER ALLGEMEINE: "Analysten rechnen damit, dass die Ratingagentur Fitch Frankreich am Freitag herabstuft. Droht Europa das größte Ungemach gar nicht von den Fronten im Osten, sondern eher von verunsicherten Investoren und risikofreudigen Spekulanten, die Frankreich ins Visier nehmen? Man muss es nicht verschreien, aber verschweigen sollte man das Risiko einer Eurokrise auch nicht. Nichts ist für Volkswirtschaften schädlicher als permanente Unsicherheit", stellt die AUGSBURGER ALLGEMEINE klar.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg gibt sich optimistischer: "Noch ist Frankreich nicht am Boden. Doch die Zeit wird knapp. Macron muss nun endgültig auf das Linksbündnis um Sozialdemokraten und Grüne zugehen. Sonst fehlen dem französischen Präsidenten schlicht die Mehrheiten für Reformen. Entscheiden wird sich das Schicksal Frankreichs an einer möglichen Vermögenssteuer. Sie ist die Antwort der Linken auf die Staatsverschuldung. Sollte es Macron gelingen, einen politischen Kompromiss zu finden, der Einsparungen und Vermögenssteuer zusammenbringt, könnte sich Frankreich konsolidieren", vermerkt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
Nun ins Inland. Die RHEINISCHE POST befasst sich mit der Enquete-Kommission des Bundestags zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie, die gestern ihre Arbeit aufgenommen hat. "Lockdowns, Maskenpflicht, Schulschließungen: Es ist nicht lange her, dass Begriffe wie diese unseren Alltag maßgeblich mitbestimmten. In den Jahren der Corona-Pandemie, also von 2020 bis 2022, wurden weitreichende Entscheidungen in kürzester Zeit getroffen. Viele von ihnen waren nachvollziehbar und notwendig, einige waren kritikwürdig. Die Folgen aber sind bis heute auf verschiedensten Ebenen spürbar. Ein Beispiel sind die langen Schulschließungen, die negative Auswirkungen auf die Psyche junger Menschen hatten. Die Debatte um Impfungen und eine mögliche Pflicht hat die gefühlte Polarisierung in der Gesellschaft vorangetrieben. Und diverse Schließungen und Einschränkungen im öffentlichen Leben zeigen bis heute Folgen in vielen Branchen", unterstreicht die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf.
Die STUTTGARTER ZEITUNG betont: "Die eigentliche Funktion der Enquete-Kommission besteht darin, Lehren für die Zukunft aufzuzeigen: Wie kann sichergestellt werden, dass demokratisch legitimierte Gremien und keine ad-hoc-Runden beim Kanzler entscheiden? Wie können Daten schneller ausgetauscht, Szenarien durchgespielt werden? Wie geht man fair mit den Ungeimpften um? Und vor allem sollte das Gremium Gruppen zuhören, die Leid erfahren haben: jungen Menschen, Pflegebedürftigen, psychisch Belasteten."
Der WESER-KURIER aus Bremen hält eine Enquetekommission für ein geeignetes Format: "In ihr sitzen zu gleichen Teilen Abgeordnete und Sachverständige. Hier geht es darum, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse in konkretes politisches Handeln münden zu lassen. Die Ergebnisse eines Bürgerrats könnten dagegen leicht als gut gemeinte Empfehlungen folgenlos in den Schubladen der Abgeordnetenbüros verschwinden."
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg beobachtet: "Noch vor dem Start der Enquete-Kommission stellte die christdemokratische Vorsitzende Hoppermann klar, was die Corona-Aufarbeitung nicht werden soll: Ein Tribunal gegen Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn. Doch an seinen Maskendeals mit Milliardenschaden führt eben kein Weg vorbei. Auch unter den anderen Hauptverantwortlichen für den Regierungskurs in der Pandemie sind CDU/CSU prominent vertreten - mit der früheren Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze. Es ist an der Zeit, auch ihre Rolle in der Pandemie tiefgründiger zu hinterfragen. Nun, wo sich das deutsche Parlament endlich zu einer Aufarbeitung bequemt hat, sind es schon wieder parteipolitische Zwänge, die die Objektivität zu hemmen drohen", moniert die VOLKSSTIMME.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG rät zu Zurückhaltung bei Schuldzuweisungen: "Rückblickend ist so ziemlich jedem klar, dass bei der Pandemiebekämpfung Fehler gemacht wurden. Die Situation, in der das geschah, verdrängt man dabei aber oftmals. Jahre später ist Corona eine Krankheit von vielen. Doch das war Corona keineswegs - und das sollte man auch stets berücksichtigen, bevor man damals Handelnde an den Pranger stellt."
"Die Hoffnung, die Enquete-Kommission werde nicht politisch instrumentalisiert, wäre naiv", findet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Vor allem die AfD hat durchblicken lassen, daraus Kapital schlagen zu wollen. Dabei ist jetzt die Zeit für ehrliche Analyse, nicht für Polemik. Aus dem Gremium darf kein Tribunal werden. Es machte die Aufarbeitung gleichwohl glaubhafter, wenn jene, die Fehler gemacht haben, die Gelegenheit nutzten, sie einzugestehen", konstatiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG, und so viel zu diesem Thema.
Nun noch zwei Stimmen zur Diskussion um das Internetportal Klinik-Atlas, das Patienten bei der Wahl eines Krankenhauses unterstützen soll:Die FRANKFURTER RUNDSCHAU erinnert:"Der 'Bundes-Klinik-Atlas' sei ein 'übersichtlicher Wegweiser durch den Krankenhaus-Dschungel', lobte der damalige SPD-Bundesgesundheitsminister Lauterbach, als das von ihm verantwortete Verzeichnis online ging. Patienten sollten bei der Auswahl einer Klinik nicht vorrangig auf die Entfernung achten, sondern vielmehr auf die Erfahrung und die Qualität des Krankenhauses. Doch die Umsetzung der Datenbank war schlecht. Nachfolgerin Nina Warken (CDU) stellt das Projekt auf den Prüfstand. Richtig so. Lauterbachs Klinikatlas kam nie so richtig in die Gänge – schnell wurde er überarbeitet und abgespeckt. Hier wurden und werden Steuermittel verbrannt", kritisiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG ergänzt: "Die Online- Plattform zeigt zwar an, welche Kliniken am häufigsten Darmkrebs behandeln oder Hüften operieren und wie viele Pflegekräfte einen durchschnittlich umsorgen. Doch nur wenige schienen dem digitalen Wegweiser zu trauen. Die Zugriffszahlen sanken, Verbände und Klinikträger sprachen von falschen Informationen." Ein mögliches Aus für den Klinik-Atlas ist nach Ansicht des Blattes aber vielleicht gar nicht schlimm: "Denn statt Listen empfehlen Experten bei der Arztsuche etwas viel Banaleres: die Mundpropaganda. Die gibt es sogar kostenlos", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, und damit endet die Presseschau.